Bundeskabinett beschließt Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung
Die Bundesregierung hat heute im Kabinett Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten beschlossen. Damit setzt sie ein starkes Signal für die Zukunft der deutschen Wirtschaft und des deutschen Arbeitsmarkts. Die Bundesregierung ebnet den Weg für das modernste Einwanderungsrecht, das Deutschland je hatte.
Bundesministerin des Innern und für Heimat, Nancy Faeser (Foto): „Wir nutzen jetzt die Chance, ein modernes Einwanderungsrecht zu schaffen, damit ausländische Fachkräfte leichter nach Deutschland kommen können. Das ist dringend notwendig. Die Corona-Krise hat die Personalnot in vielen Bereichen von der Industrie über das Handwerk bis zur Pflege massiv verschärft. Wir wollen, dass Fachkräfte schnell nach Deutschland kommen und durchstarten können. Bürokratische Hürden wollen wir aus dem Weg räumen. Wenn Menschen Berufserfahrung oder persönliches Potenzial mitbringen, werden wir es ihnen ermöglichen, sich in Deutschland weiter zu qualifizieren und auf unserem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.“
Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil: „Trotz der aktuellen Krisen sind unsere Wirtschaft und der Arbeitsmarkt stabil. Doch unser wirtschaftlicher Wohlstand entscheidet sich nicht nur an der Frage, wie wir eine nachhaltige und bezahlbare Energieversorgung sicherstellen, sondern auch daran, wie wir auf den Fachkräftemangel antworten. Schon heute fehlen vielen Unternehmen und Betrieben Arbeitskräfte, so dass die Fachkräftesicherung für sie zur Existenzfrage geworden ist. Der Fachkräftemangel darf aber nicht dauerhaft zur Wachstumsbremse werden. Deshalb setzen wir schon jetzt auf mehr Aus- und Weiterbildung, eine höhere Frauenerwerbstätigkeit und flexible Übergänge in die Rente. Doch ohne Zuwanderung aus dem Ausland werden wir die Lücke bei den Arbeits- und Fachkräften nicht schließen können. Mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz sorgen wir deshalb für den nötigen Fortschritt bei der Fachkräftesicherung. Im Wettbewerb um Talente und helfende Hände bieten wir neue, und vor allem einfachere Wege, um in Deutschland zu arbeiten. Unser Ziel ist es, das modernste Einwanderungsrecht in Europa zu schaffen. Und zwar so, dass alle davon profitieren – die Menschen, die schon in Deutschland leben und die, die neu zu uns kommen.“
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock: „Fachkräfteeinwanderung ist ein abstrakter Begriff – aber für mich persönlich ist er überhaupt nicht abstrakt. Ich verbinde damit viele Gesichter von jungen, gut ausgebildeten Menschen, die ich auf meinen Auslandsreisen getroffen habe. Viele von ihnen hoffen darauf, sich in Deutschland beruflich weiterentwickeln zu können. Damit diese Hoffnungen Wirklichkeit werden können, muss Deutschland bei der Fachkräfteeinwanderung vorankommen.“
Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck: „Der steigende Fach- und Arbeitskräftemangel in vielen Branchen ist für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland ein akutes Hemmnis. Auch die notwendige Transformation zu mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit verlangt von uns, dass wir die Erwerbsmigration erheblich steigern. Mit den Eckpunkten setzen wir ein starkes Zeichen für mehr Fachkräfteeinwanderung. Wir wollen das Einwanderungsrecht deutlich öffnen. Und wir wollen die administrativen Verfahren transparenter gestalten, digitalisieren und beschleunigen. Denn klar ist: Wir konkurrieren mit anderen Ländern weltweit um Fachkräfte. Wir müssen ihnen deshalb ein attraktives Angebot machen. Dazu gehört auch, die Einwanderung familienfreundlicher zu gestalten.“
Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger: „Der Fachkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen. Wir brauchen dringend mehr kluge Köpfe und zupackende Hände auch aus dem Ausland für Wachstum und Wohlstand. Heute gehen wir einen großen Schritt in Richtung eines modernen Einwanderungsrechts für Deutschland. Wir vereinfachen den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Fachkräfte mit Abschluss und Berufserfahrung können künftig auch ohne Anerkennungsverfahren einreisen. Die Möglichkeiten für Anerkennungsverfahren nach der Einreise erweitern wir und bieten hierfür Anreize. Und wir wollen gemeinsam mit den Ländern und Kammern die Anerkennung beschleunigen und vereinfachen. Wir werden zudem die Bildungsmigration stärken, indem wir es noch attraktiver machen, für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder eines Studiums nach Deutschland zu kommen und auch nach dem Abschluss hier zu bleiben.“
Die Einwanderung zu Erwerbszwecken wird künftig auf drei Säulen ruhen. Die Fachkräftesäule soll es Menschen aus Drittstaaten mit einem deutschen oder einem in Deutschland anerkannten Abschluss ermöglichen, in allen qualifizierten Beschäftigungen zu arbeiten. Die Blaue Karte EU mit ihren günstigen Bedingungen für Familiennachzug, einen unbefristeten Aufenthalt und den Jobwechsel sollen künftig noch mehr Fachkräfte mit Hochschulabschluss erhalten können. Zudem soll die Bildungsmigration gestärkt werden, indem es noch attraktiver gemacht wird, für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder eines Studiums nach Deutschland zu kommen und hier zu bleiben.
Mit der Erfahrungssäule soll künftig ein ausländischer Berufs- oder Hochschulabschluss und Berufserfahrung in dem angestrebten (nicht-reglementierten) Beruf für einen Aufenthalt zur Erwerbstätigkeit ausreichen. Die formale Anerkennung des ausländischen Berufsabschlusses wird in diesen Fällen nicht erforderlich sein. Jedoch ist eine Gehaltsschwelle einzuhalten oder es muss eine Tarifbindung vorliegen. Hierdurch werden faire Arbeitsbedingungen sichergestellt.
Alternativ besteht die Möglichkeit, dass Fachkräfte aus Drittstaaten anders als bisher erst nach der Einreise die Anerkennung ihres ausländischen Berufsabschlusses einleiten und nebenher bereits eine qualifizierte Beschäftigung ausüben. Grundlage soll eine mit dem Arbeitgeber abgeschlossene Anerkennungspartnerschaft sein. Dies bietet sowohl Vorteile für die Arbeitgeber, die schneller eine qualifizierte Fachkraft beschäftigen können, als auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ihre Arbeit in Deutschland aufnehmen und das Anerkennungsverfahren hier nachholen können. Insbesondere haben sie so die Perspektive, frühzeitig Berufserfahrung in Deutschland zu sammeln, ihre Deutschkenntnisse vor Ort auszubauen und sich dauerhaft als qualifizierte Beschäftigte im Betrieb und am Arbeitsmarkt zu etablieren.
Die Potenzialsäule richtet sich an qualifizierte Drittstaatsangehörige, die noch keinen Arbeitsvertrag in Deutschland haben. Mit der Chancenkarte sollen sie einen Aufenthaltstitel für bis zu einem Jahr zur Arbeitssuche erhalten können, der bereits zu Probe- beziehungsweise Nebenbeschäftigungen berechtigt. Dieser soll auf Basis eines Punktesystems erteilt werden. Zu den Auswahlkriterien sollen insbesondere die Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und das Alter gehören.
Die Bundesregierung plant zudem, eine Möglichkeit für kurzzeitig befristete Beschäftigungen im Rahmen von Kontingenten zu schaffen. Dies soll ohne spezielle Qualifikationsanforderungen zulässig sein, der Schutz der Beschäftigten wird durch Tarifverträge und eine Sozialversicherungspflicht sichergestellt. Beschäftigungen ohne Anforderungen an die Qualifikation werden zudem weiterhin aufgrund der sogenannten Westbalkanregelung zulässig sein.
Auch die Rahmenbedingungen der Erwerbsmigration sollen verbessert werden. Hierzu gehören beispielsweise die Digitalisierung und Beschleunigung der Verwaltungsverfahren, die Stärkung der Werbung für Deutschland als attraktives, innovatives und vielfältiges Einwanderungsland sowie der weitere Ausbau der Sprachförderung im In- und Ausland. Damit sich nicht nur die Fachkräfte, sondern auch ihre Familien in Deutschland willkommen fühlen und bleiben, wird die Einwanderung familienfreundlicher gestaltet.
Foto: Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser (c) Peter Jülich