Yasmin Fahimi (Foto), Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), hat das Festhalten an fairen Löhnen auch in Krisenzeiten verteidigt. Im phoenix-Interview sagte sie: „Als Gewerkschaft stehen wir vor allem dafĂŒr, dass es in diesem Land fĂŒr die BeschĂ€ftigten gute und faire Löhne und gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen gibt. Und auch das kann man in einer Krise nicht relativieren. Was ist das denn fĂŒr ein Signal, wenn wir sagen: Soziale Absicherung und faire Löhne sind quasi ein Luxusprodukt, das wir in Krisenzeiten nicht erlauben dĂŒrfen. Im Gegenteil.
Wir brauchen jetzt nicht noch zusĂ€tzlich eine SchĂ€digung der Binnenkonjunktur, sondern wir mĂŒssen die Reallöhne mindestens stabilisieren, eher nach oben entwickeln, damit uns nicht auch noch die Binnenkonjunktur zusammenbricht.“ Die Krise sei nicht ĂŒberall gleich schlimm, zuweilen entstehe eine Art Panik, in der man sich gegenseitig schlecht rede, um seine Interessen durchzusetzen. Einige Unternehmen in der Metall- und Elektroindustrie hĂ€tten volle AuftragsbĂŒcher. „Insofern muss man das differenziert betrachten, und das machen wir auch als Gewerkschaft. Das ist unser tĂ€gliches GeschĂ€ft im Tarif“, so Fahimi weiter.
Deutschland habe in der Vergangenheit konjunkturelle und strukturelle Probleme nicht entschieden genug angegangen. Energiepreise mĂŒssten wettbewerbsfĂ€hig und zugleich planbar werden, die Autoindustrie brauche Impulse fĂŒr ElektromobilitĂ€t und es sei eine Decarbonisierungsstrategie fĂŒr die Infrastruktur nötig. „Wir brauchen mehr Klarheit, mehr Planbarkeit, mehr WettbewerbsfĂ€higkeit“, forderte Fahimi. Der Wirtschaftsgipfel mit Bundeskanzler Olaf Scholz sei ein erster Schritt in die richtige Richtung gewesen.
FĂŒr den Ausbau der Infrastruktur fehle allerdings das Geld. Fahimi schlĂ€gt deshalb einen Transformationsfonds und eine Reform der Schuldenbremse vor. „Ich kann den Finanzminister nur auffordern, sich jetzt darum zu kĂŒmmern, dass dieses Land finanziell fiskalisch gut ausgestattet ist, um die Zukunftsinvestitionen zu tĂ€tigen, die wir brauchen“, sagte Fahimi. Digitale Netze, Stromnetze und Wasserstoff-Kernleitungen mĂŒssten rasch ausgebaut werden. Fahimi: „Deswegen brauchen wir einen Transformationsfonds, in dem diese infrastrukturellen Ausbauziele finanziell abgesichert sind. Das schafft auch Planungssicherheit fĂŒr die Industrie. Wenn wir hier weiter auf der Bremse stehen, verspielen wir die Zukunft kĂŒnftiger Generationen.“
Text/Foto: phoenix-Kommunikation