Studie am DIW Berlin geht Frage nach, wie sich die Energiewende auf die Preise bestimmter Metalle auswirken könnte – Preise dürften in Szenario auf historische Niveaus klettern – Energiewende würde sich verteuern und verzögern – Global koordinierte Klimapolitik könnte gegensteuern und Planungssicherheit für Metallproduzenten schaffen
Die Energiewende kann nur gelingen, wenn ausreichend Rohstoffe etwa zum Bau von Windrädern, Solaranlagen und E-Auto-Batterien verfügbar sind. Steigende Preise benötigter Metalle wie Kupfer, Lithium, Nickel und Kobalt könnten sich aber auch als Bremsfaktor für die Transformation des Energiesektors erweisen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Szenarioanalyse am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Ökonom Lukas Boer aus der Abteilung Weltwirtschaft berechnet anhand historischer Daten in einem Szenario der Internationalen Energieagentur (IEA), wie sich die Preise dieser Metalle entwickeln könnten. Das Szenario basiert auf einem hohen Einsatz erneuerbarer Energien und Emissionsneutralität bis zum Jahr 2050. „Wenn wir davon ausgehen, dass die Nachfrage weiter stark zunimmt, dürften die Preise für Kupfer, Lithium, Nickel und Kobalt um das Jahr 2030 herum auf einen Höchststand steigen und dort auch über Jahre verharren“, erläutert Boer. „Damit würden sie ein Hindernis für die Energiewende darstellen.“
Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen geht steil nach oben
Für den Bau von Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen sind große Mengen an Kupfer, für Elektromobilität viel Kobalt, Lithium und Nickel nötig. Die Nachfrage nach diesen Rohstoffen wird in den kommenden Jahrzehnten steil nach oben gehen, so die Annahme in dem untersuchten Szenario, das keine Prognose darstellt. Annahmen der IEA zufolge dürfte sich der jährliche Kupferverbrauch in den kommenden 20 Jahren verdoppeln, der von Nickel mehr als verdreifachen und der von Kobalt versechsfachen. Bei Lithium ist die Steigerungsrate am höchsten: 2040 wird die Nachfrage voraussichtlich mehr als zwanzigmal so hoch sein wie heute. Damit dürfte die Nachfrage bedeutend schneller wachsen als die anderer für die Energiewende notwendiger Metalle.
Das Angebot reagiert aber kurzfristig nur begrenzt auf Preisanreize, wie Boers Berechnungen auf Basis historischer Erfahrungen zeigen. Der Grund für das zunächst sehr unelastische, aber dann immer stärker steigende Angebot dürfte in der Art der Gewinnung der Ressourcen liegen: Kupfer, Nickel und Kobalt werden in Minen abgebaut – es kann bis zu zwei Jahrzehnte dauern, bis neue Bergwerke erschlossen werden. Bei Lithium können die Kapazitäten je nach Art der Förderung etwas schneller gesteigert werden, aber auch hier muss für eine gewisse Vorlaufzeit eingeplant werden. In der Folge steigen die Preise: Kupferpreise könnten dem Szenario zufolge im Jahr 2030 im Vergleich zu 2020 um knapp 70 Prozent ansteigen, Lithiumpreise um knapp 180 Prozent.
Global koordinierte Klimapolitik schafft Planungssicherheit
„Wenn diese Entwicklung tatsächlich eintritt, würden die untersuchten Metalle künftig maßgeblich Inflation, Handel und die globale Wirtschaftsleistung beeinflussen“, so Boer. „In dem Szenario könnte die Energiewende im Zeitraum von 2021 bis 2040 zu einem vierfachen Anstieg des Produktionswertes der vier Metalle führen und damit den Ausbau der erneuerbaren Energien verteuern.“ Boer sieht in seiner Berechnung aber auch Unsicherheiten: Unvorhergesehene technologische Fortschritte könnten potenzielle Preisanstiege dämpfen und die Kosten der Energiewende verringern. Dasselbe gelte, wenn sich alternative Materialien zu den betrachteten Rohstoffen als tauglich erweisen würden, erneuerbare Energie zu erzeugen und zu speichern.
„Auch wenn die Preise nicht so stark steigen, wie in der Analyse des Netto-Null-Emissionsszenarios: Entscheidend für die Energiewende sind klar kommunizierte politische Entscheidungen“, befindet Boer. „Unsichere Perspektiven für regenerative Energien oder Elektroautos verhindern Investitionen etwa in die Metallförderung. Wir brauchen eine global koordinierte Klimapolitik, die Produzenten mehr Planungssicherheit gibt.“
Foto/Text DIW Berlin