Haushalte mit den geringsten Einkommen am stĂ€rksten von Inflation betroffen â Mittelschicht profitiert weitaus geringer von Entlastungspaketen â Steigt Inflation stĂ€rker als prognostiziert, mĂŒssten neue Hilfspakete gezielt fĂŒr Haushalte mit niedrigen Einkommen geschnĂŒrt werden
Die aktuell hohe Inflation belastet die zehn Prozent der Haushalte mit den niedrigsten Nettoeinkommen weitaus stĂ€rker als die reichsten zehn Prozent der Haushalte. Bei einer von der Bundesbank prognostizierten Inflation von jahresdurchschnittlich 7,1 Prozent werden die Haushalte des untersten Dezils im Jahr 2022 gemessen an ihrem Haushaltsnettoeinkommen eine Mehrbelastung von 5,3 Prozent erfahren. Dies bedeutet, dass die zehn Prozent der Haushalte mit den niedrigsten Einkommen 5,3 Prozent ihres Nettoeinkommens mehr aufwenden mĂŒssen, um genau so viel wie im Vorjahr konsumieren zu können. Dabei wurden Einkommenssteigerrungen und weitere Faktoren wie haushaltsspezifische Konsummuster bereits berĂŒcksichtigt. Mit steigendem Einkommen nimmt die relative Mehrbelastung tendenziell ab:
FĂŒr das oberste Dezil liegt sie lediglich bei 1,1 Prozent des Haushaltseinkommens. GrĂŒnde hierfĂŒr sind, dass vor allem die Preise fĂŒr GĂŒter des Grundbedarfs stark gestiegen sind, die bei den unteren Einkommen einen deutlich gröĂeren Anteil ihres Konsums ausmachen als bei den einkommensstĂ€rksten Haushalten. Auch die generelle Konsumquote ist bei den einkommensschwachen Haushalten deutlich höher. Die Entlastungspakete der Bundesregierung â die unter anderem einen Heizkostenzuschuss, Kinderbonus und die einmalige Energiepreispauschale beinhalten â mildern die Inflationsbelastung immerhin im untersten Einkommensdezil deutlich.
Dies sind die wichtigsten Ergebnisse einer aktuellen Studie, die ĂkonomInnen von DIW Econ, der Beratungstochter des Deutschen Instituts fĂŒr Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), und des DIW Berlin berechnet haben. âDie Hilfen der Bundesregierung, also die beiden Entlastungspakete und die Ăbernahme der Heizkosten im Grundsicherungsbezug, wirken tatsĂ€chlich, kompensieren aber nicht alle inflationsbedingten Mehrausgabenâ, fasst Studienautor Maximilian Priem von DIW Econ zusammen.
Die Belastung der Haushalte mit den niedrigsten Einkommen sinkt durch die Hilfspakete von 5,3 auf 1,6 Prozent des verfĂŒgbaren Haushaltseinkommens. âAlle Haushalte mit etwas höheren Einkommen profitieren nicht mehr so stark von den staatlichen MaĂnahmen. Gerade die untere Mittelschicht benötigt mehr Entlastung von der Inflation, da deren finanzielle SpielrĂ€ume fĂŒr Einsparungen weitaus geringer sind als bei Haushalten mit höheren Einkommenâ, ergĂ€nzt Priem. Die Belastung der mittleren Einkommensdezile liegt nach Erhalt staatlicher MaĂnahmen bei immerhin noch 2,6 bis 2,8 Prozent, ohne die MaĂnahmen lĂ€ge diese zwischen 4,1 und 3,8 Prozent. Im ohnehin durch die Inflation nur marginal betroffenen obersten Einkommensdezil sinkt die Belastung durch die Hilfspakete von 1,1 auf nur noch 0,4 Prozent.
Bei höherer Inflation Hilfspakete ausbauen
âInsbesondere die unteren Einkommensschichten haben wenig Sparguthaben und mĂŒssen ihr verfĂŒgbares Einkommen schon jetzt fast vollstĂ€ndig zur Deckung des Konsums insbesondere fĂŒr Waren und Dienstleistungen des Grundbedarfs ausgebenâ, erklĂ€rt DIW-Ăkonom Alexander Kritikos. âDeshalb muss die Bundesregierung im Fall einer weiter steigenden Inflation ĂŒber zusĂ€tzliche Entlastungspakete gerade fĂŒr Haushalte mit niedrigen Einkommen nachdenken und sich dabei nicht nur auf abhĂ€ngig BeschĂ€ftigte konzentrieren.â