DKG: Lauterbachs „Revolution“ lässt planlos Kliniken verschwinden

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Zum Interview von Bundesgesundheitsminister Lauterbach am Montag in der „Bild“ erklärt die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft Prof. Dr. Henriette Neumeyer (Foto):

„Wieder einmal argumentiert der Bundesgesundheitsminister für seine Krankenhausreform mit falschen Tatsachen. Die Krankenhäuser wollen und benötigen die Reform dringend, jedoch werden die derzeitigen Pläne des Ministers keinesfalls die Versorgung stabilisieren und flächendeckend sichern, im Gegenteil. Es werden noch mehr Krankenhäuser aus der Versorgung verschwinden. Lauterbachs Behauptung, dass sich die „paar Hundert“ Krankenhäuser, die vom Netz verschwinden, in „westdeutschen Großstädten“ befinden, widerlegen schon jetzt die Fakten des kalten Strukturwandels: Nur ein kleiner Bruchteil der Krankenhausinsolvenzen der vergangenen zwei Jahre betraf Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern, die Versorgung bricht vor allem auf dem Land weg – dort, wo Krankenhäuser vielfach die einzigen Anlaufpunkte für hilfesuchende Patientinnen und Patienten sind. Und diese Krankenhäuser „sterben“ nicht einfach, sie gehen ein, da ihnen die politischen Rahmenbedingungen kostendeckendes Arbeiten unmöglich gemacht haben. Der Minister hat es bislang versäumt, diese Rahmenbedingungen zu ändern.

Auch Lauterbachs Behauptung, das deutsche Krankenhaussystem sei das teuerste Europas, ist mehrfach widerlegt. Zwar gibt der deutsche Staat vergleichsweise viel Geld für seine Gesundheitsversorgung aus, der Anteil der Krankenhäuser daran ist aber einer der geringsten in ganz Europa. Nur in Liechtenstein, das lediglich über einen kleinen Grundversorger verfügt, ist der Anteil für die Krankenhauskosten noch niedriger.

Und Lauterbach hat Recht, wenn er viele Versorgungsprobleme im deutschen Gesundheitswesen auf fehlende Effizienz zurückführt. Nur liegt das nicht allein an der verschleppten Digitalisierung oder den Problemen mit der elektronischen Patientenakte. Wenn Ärztinnen und Ärzte genauso wie Pflegekräfte rund drei Stunden täglich mit oft medizinisch unnützer Bürokratie verbringen müssen, fehlen sie in diesen drei Stunden bei ihrer eigentlichen Arbeit mit den Patientinnen und Patienten. Im niedergelassenen Sektor sieht es keinesfalls besser aus. Der Minister hat noch für den Herbst ein Entbürokratisierungsgesetz versprochen. Zwei Monate Zeit bleiben ihm noch. Wir hoffen, dass er diesmal, anders als 2023, sein Versprechen hält. Denn schon im vergangenen Jahr wollte der Minister ein solches Gesetz vorlegen.

Mit nur einer Stunde Bürokratie täglich weniger und entsprechend mehr zur Verfügung stehender Arbeitszeit hätten wir den Fachkräftemangel rechnerisch mit einem Schlag gelöst, und auch die Terminlage in den niedergelassenen Praxen dürfte sich spürbar verbessern. Nicht zuletzt macht der Minister in seinem Interview wieder einmal die Krankenhäuser für die vergleichsweise geringe Lebenserwartung in Deutschland verantwortlich. Nachweislich gibt es dafür aber Einflussfaktoren, die sich der Arbeit der Krankenhäuser entziehen, wie insbesondere Fragen der gesunden Lebensführung und der nicht ausreichenden Präventionsorientierung im System.

Mit seiner Wortwahl, hochkomplexe und durch zahlreiche Qualitätsvorgaben stark regulierte Behandlungen wie die Schlaganfallversorgung als „Brot-und-Butter-Geschäft“ kleiner Kliniken in der Fläche zu bezeichnen, landet der Minister einen weiteren Fehlgriff in Sachen Wertschätzung der Beschäftigten in den Krankenhäusern. Auch die Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte einer Stroke-Unit auf dem Land sind hochqualifiziert und versorgen die Patientinnen und Patienten auf demselben Niveau wie es ihre Kolleginnen und Kollegen in der Großstadt tun. Die Aufgabe des Gesundheitsministers wäre es, dafür zu sorgen, dass es auch so bleibt.

Viele Aufgaben hat der Minister auf dem Tisch: Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung, wirtschaftliche Planbarkeit für die Krankenhäuser und schnelle Entbürokratisierung. All dies hat er mehrfach versprochen und angekündigt. Wir nehmen ihn beim Wort.

Foto: Prof. Dr. Henriette Neumeyer (c) Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG)