Bad Nenndorf. Im vergangenen Jahr sind in Deutschland mindestens 355 Menschen ertrunken. Das sind 56 TodesfĂ€lle mehr als im Jahr 2021, wie die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) am Donnerstag (23.2.) in Hannover bekanntgab. „Damit verzeichneten wir erstmals seit vier Jahren wieder einen Anstieg an tödlichen UnfĂ€llen im Wasser“, sagte die PrĂ€sidentin der DLRG, Ute Vogt.
Die Zahl an TodesfĂ€llen durch Ertrinken ist somit um knapp 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. GegenĂŒber dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre sind es jedoch 16 Prozent weniger Opfer. „WĂ€hrend des langen warmen Sommers ohne nennenswerte coronabedingte EinschrĂ€nkungen sind die Menschen wieder mehr in zumeist unbewachten Seen und FlĂŒssen schwimmen gegangen. Damit stieg auch das Risiko fĂŒr UnfĂ€lle“, so Vogt.
Meiste Menschen in Seen und FlĂŒssen ertrunken
Insgesamt 308 der erfassten tödlichen UnglĂŒcke – das entspricht rund 87 Prozent – ereigneten sich vergangenes Jahr in BinnengewĂ€ssern. Allein 147 Personen (2021: 120) ertranken in Seen, 105 (95) in FlĂŒssen, 15 (acht) in BĂ€chen, 22 (elf) in Teichen und 19 (16) in KanĂ€len. Auch in SchwimmbĂ€dern stieg die Zahl der tödlichen UnglĂŒcksfĂ€lle (von sieben auf 13). „Mit Blick auf die kommende Badesaison appellieren wir, nicht in unbewachten GewĂ€ssern baden zu gehen und nicht leichtfertig zu handeln“, mahnte die DLRG Chefin.
In Meer verloren weit weniger Menschen ihr Leben (18 gegenĂŒber 26 im Vorjahr). „Unsere Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer haben im vergangenen Jahr wieder fantastische Arbeit geleistet. Von Anfang Mai bis Ende September sorgten tausende Freiwillige an 80 Stationen der DLRG fĂŒr Sicherheit an den StrĂ€nden der Nord- und Ostsee. Dabei retteten sie an der KĂŒste 65 Menschenleben“, erklĂ€rte Ute Vogt. Weit mehr sind es wohl noch an den ĂŒber 2.000 Badestellen im Binnenland gewesen. Hierzu liegen der DLRG jedoch noch keine Zahlen vor.
Knapp zwei Drittel der TodesfÀlle im Wasser (65 %) verzeichnete die DLRG in der Badesaison von Mai bis Ende August. Verglichen mit dem Vorjahr ertranken im Mai (+19) und August (+33) deutlich mehr Menschen.
Risikogruppe Nichtschwimmer
GegenĂŒber 2021 ist die Anzahl der Opfer, die Ă€lter als 50 Jahre waren, von 57 auf 46 Prozent gesunken. Mehr als verdoppelt hat sich hingegen die Opferzahl unter den 41- bis 50-JĂ€hrigen (von 18 auf 40). Unter den TodesfĂ€llen waren auch 20 Kinder im Alter von null bis zehn Jahren (2021: 17).
„Gerade die Kinder und Jugendlichen bereiten uns Sorgen, wenn wir an den kommenden Sommer denken“, sagte Ute Vogt. Eine von der DLRG in Auftrag gegebene Befragung durch forsa zeigte kĂŒrzlich, dass sich die Zahl der Grundschulkinder, die nicht schwimmen können, seit 2017 von zehn auf 20 Prozent verdoppelt hat. Die DLRG PrĂ€sidentin forderte deshalb erneut: „Wie Jungen und MĂ€dchen lesen, schreiben und rechnen lernen, so mĂŒssen sie auch schwimmen lernen. Wir mĂŒssen dahin kommen, dass jedes Kind am Ende der Grundschule sicher schwimmen kann.“
Die Befragung zeigte weiter, dass Menschen ĂŒber 60 Jahren ebenso wie Personen mit niedriger formaler Bildung und Menschen mit Migrationshintergrund durchschnittlich weniger sicher schwimmen können. „Auch sie sind im Sommer an den GewĂ€ssern gefĂ€hrdeter“, so Vogt.
Deutlich mehr Ertrunkene in Berlin, Niedersachsen und NRW
Absolut betrachtet ertranken 2022 die meisten Menschen in Bayern (69 gegenĂŒber 60 im Jahr davor). In Nordrhein-Westfalen hat sich die Zahl der TodesfĂ€lle im Wasser mehr als verdoppelt (von 24 auf 56). Auch in Berlin gab es einen deutlichen Anstieg von acht auf 18. In Niedersachsen ereigneten sich 42 FĂ€lle; im Jahr davor waren es 26. Hingegen wurden in Mecklenburg-Vorpommern (-12), Hessen (-5), Sachsen (-5) und Baden-WĂŒrttemberg (-7) weniger FĂ€lle gezĂ€hlt.
Weiterhin sind 80 Prozent der Ertrunkenen mÀnnlich. In absoluten Zahlen bedeutet das einen Anstieg um 43 auf 284 FÀlle im Jahr 2022.
Ăber die DLRG
Die DLRG ist mit ĂŒber 1,8 Millionen Mitgliedern und Förderern die gröĂte Wasserrettungsorganisation der Welt. Seit ihrer GrĂŒndung im Jahr 1913 hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren. Schirmherr ist BundesprĂ€sident Frank-Walter Steinmeier. Die DLRG ist der gröĂte private Anbieter in der Schwimmausbildung und die Nummer eins in der Rettungsschwimmausbildung in Deutschland. Von 1950 bis 2020 hat sie fast 23 Millionen SchwimmprĂŒfungen und ĂŒber fĂŒnf Millionen RettungsschwimmprĂŒfungen abgenommen. In rund 2.000 Gliederungen leisten die ehrenamtlichen Helfer pro Jahr rund 6,8 Millionen Stunden freiwillige Arbeit fĂŒr die Menschen in Deutschland. Die Kernaufgaben der DLRG sind die Schwimm- und Rettungsschwimmausbildung, die AufklĂ€rung ĂŒber Wassergefahren sowie der Wasserrettungsdienst. Rund 45.000 Mitglieder wachen jĂ€hrlich fast 2,5 Millionen Stunden ĂŒber die Sicherheit von BadegĂ€sten und Wassersportlern.
Foto (c) DLRG – Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft