Bad Nenndorf. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) hat im vergangenen Jahr 378 Ertrinkungsfälle verzeichnet. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl gestiegen: 2022 zählte der Verband 355 Todesfälle in Gewässern. Ertranken bis zum Ende der Sommerferienzeit noch weniger Menschen als im Jahr zuvor, ereigneten sich danach ungewöhnlich viele Unglücksfälle. „In den letzten drei Monaten des Jahres verunglückten so viele Personen wie seit 2017 nicht“, sagte die Präsidentin der DLRG, Ute Vogt, am Donnerstag (22.2.) in Hannover.
Zwar kamen 2023 wie üblich die meisten Menschen in den Sommermonaten im Wasser ums Leben. Allerdings fiel die Zahl der Badetoten allein im August mit 47 Personen deutlich geringer aus als 2022 (74). Im lange sommerlichen September ereigneten sich jedoch 18 tödliche Unglücke mehr (43) als zwölf Monate zuvor. „Der Spätsommer zog nochmals zahlreiche Badegäste an die Gewässer, was auch zu einem starken Anstieg der Badeunfälle führte“, erklärte Vogt. Auch in den Folgemonaten Oktober bis Dezember starben mehr Menschen in Gewässern.
Mehr Menschen in Flüssen und Kanälen umgekommen
Insgesamt ereigneten sich rund 90 Prozent der Fälle in Binnengewässern. „Diese sind meist unbewacht, so dass im Ernstfall keine Rettungsschwimmer eingreifen können“, sagte Vogt. Während die DLRG in Seen (138) neun Todesfälle weniger verzeichnete, stieg die Anzahl derer, die in einem Fluss oder Kanal verunglückten. 2023 ertranken in Flüssen mindestens 135 Menschen (2022: 105) und in Kanälen 27 (19). „Mit Blick auf die nächste Badesaison ruft die DLRG dazu auf, diese Gewässer zu meiden und die Freizeit an bewachten Badestellen zu verbringen“, appellierte die Präsidentin.
Unter den Opfern befanden sich mindestens 20 Personen, die mit Wassersportgeräten unterwegs waren, darunter sieben mit einem Stand-Up-Paddle-Board. „Wassersportler sollten nicht nur im, sondern auch auf dem Wasser ihre eigene Sicherheit im Blick behalten. Ein plötzlicher Sturz ins kühle Nass kann für einen aufgeheizten Körper lebensgefährlich werden. Selbst geübte Schwimmer sollten daher immer eine Schwimmweste tragen“, riet Vogt.
Etwas mehr Menschen kamen im vergangenen Jahr auch im Meer um (von 18 auf 27). Allein fünf davon sind auf die Frachter-Kollision bei Helgoland zurückzuführen, bei der im Oktober ein Kapitän und vier Besatzungsmitglieder im Wasser starben. Bei elf der im Meer verunglückten Personen handelte es sich um Badeunfälle. In der Badesaison von Anfang Mai bis Ende September wachen jährlich rund 5.500 Rettungsschwimmer der DLRG an über 100 Badestellen entlang der Küste und tragen an diesen zur Sicherheit bei. Tödliche Unfälle ereignen sich hier mehrheitlich abseits der bewachten Strände. „Ohne die ehrenamtlichen Lebensretter hätte es mehr Unglücksfälle gegeben. An Nord- und Ostsee retteten sie diesen Sommer rund 80 Menschen das Leben“, so Vogt.
Viele junge Erwachsene unter den Ertrunkenen
Im Vergleich zum Vorjahr verunglückten 2023 vermehrt junge Menschen im Alter von 31 bis 40 Jahren. 44 Todesfälle führt die DLRG Statistik gegenüber 26 im Jahr 2022. „Nicht nur Kinder und Jugendliche überschätzen ihre eigene Leistung und agieren unvorsichtig“, mahnte Vogt. Unter den 44 Verstorbenen waren 93 Prozent Männer. Auch in der Gesamtstatistik sind männliche Personen mit einem Anteil von 292 Opfern mehrheitlich vertreten. Doch auch die Zahl der weiblichen Ertrunkenen war mit 77 höher als im Vorjahr (62).
Unter Kindern bis zehn Jahre ereigneten sich 16 Todesfälle (2022: 20). In den 2000er Jahren verzeichnete die DLRG noch durchschnittlich 45 tödliche Ertrinkungsunfälle in dieser Altersklasse. „Das Bewusstsein der Menschen für die Gefährdung von Kindern im Wasser hat sich eindeutig verbessert“, so Vogt. Eine von der DLRG in Auftrag gegebene forsa Umfrage 2022 zur Schwimmfähigkeit von Kindern zeigte jedoch, dass mehr als jedes zweite Kind nach Verlassen der Grundschule nicht sicher schwimmen kann. Vogt: „Diese Entwicklung bereitet uns große Sorge, denn viele werden unsicher im Wasser bleiben und somit ihr Leben lang gefährdeter sein“, so Vogt, und fuhr fort: „Wir müssen sicherstellen, dass das Schwimmen lernen genauso zur Grundausbildung gehört, wie das Lesen, Schreiben und Rechnen.“ Auf die Notwendigkeit einer guten Schwimmausbildung wollen die DLRG und weitere schwimmsporttreibende Verbände in diesem Jahr bundesweit mit den Schwimmabzeichentagen vom 9. bis 16. Juni hinweisen.
Die meisten Menschen ertrinken in Bayern
Absolut betrachtet ertranken 2023 die meisten Menschen in Bayern (62), wenn auch acht weniger als im Jahr davor. Weniger Fälle ereigneten sich außerdem in Bremen (-3), Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen (je -9) sowie Sachsen (-3). In Hamburg (21) hingegen verdoppelte sich die Zahl der Todesfälle. In Baden-Württemberg (43) ertranken 14 Menschen mehr als 2022.
Foto (c) DLRG e.V./Fotograf: Denis Foemer