Magdeburg/ST. Die anhaltende Dürre macht auch den Flüssen zu schaffen. Es regnet zu wenig, die Wasserstände sinken rapide. Durch Begradigung und Kanalisierung mit Staustufen sind viele Flüsse zusätzlich gestresst. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) blickt auf die Folgen der Dürre für den Gütertransport.
Der Ausbau unserer Flüsse zu Wasserstraßen hat gravierende ökologische Folgen, die durch die anhaltende Trockenheit verstärkt werden. Die Renaturierung von Flüssen und ihren Auen ist erforderlich, um deren ökologische Funktionen gerade angesichts der Klimakrise zu erhalten.
Iris Brunar (Foto), Elbe-Expertin des BUND: „Die Fahrinnentiefe der Elbe befindet sich seit Ende Mai im Keller. Bei lediglich einem Meter – teils sogar unter 50 Zentimetern – ist der Transport von Gütern von Tschechien bis Magdeburg bzw. zu den Nordseehäfen nicht mehr möglich. Das Ziel des Bundesverkehrsministeriums in der Elbe eine Fahrrinnentiefe von mindestens 1,40 Meter an 345 Tagen im Jahr herzustellen, wie im Gesamtkonzept Elbe vorgesehen, wird jedes Jahr um viele Monate unterschritten. Das Konzept ist offensichtlich obsolet, denn das Wasser fehlt. Ich appelliere an Bundesverkehrsminister Volker Wissing, das Gesamtkonzept Elbe schleunigst und von Grund auf zu überarbeiten. Durch die Klimakrise ist ein regulärer Gütertransport auf der Elbe Illusion.“
Steuergelder wortwörtlich versenkt
Seit 30 Jahren wird an der Elbe gebaut, um ihre Fahrrinne um 20 Zentimeter zu vertiefen. Das Ziel ist, die Güter von der Straße auf das Wasser zu verlagern. Allein in den letzten zehn Jahren wurden an der Elbe 430 Millionen Euro dafür ausgegeben. Ohne Erfolg. Es werden immer weniger Güter auf dem Fluss transportiert. Im Jahr 2020 waren es nur noch 160 000 Tonnen, in den darauf folgenden Jahren noch weniger.
Die bisherige Elbe-Politik des Bundesverkehrsministeriums ist gescheitert. Der BUND fordert Minister Volker Wissing auf, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Dazu gehört, dass die Tiefenerosion gestoppt wird, damit die Elbe wieder ihre Auen mit Wasser versorgen kann. Der Fluss hat sich aufgrund der künstlichen Einengung bis zu zwei Meter in sein Bett aus Sand eingegraben und wirkt nun wie ein großer Entwässerungsgraben. Dadurch wird den international geschützten Auenlandschaften an der Elbe noch mehr Wasser entzogen. Ihr Zustand ist ebenfalls desolat.
Brunar betont: „Die naturnahe Elbe und ihre Flusslandschaft sind die Basis für einen wichtigen Wirtschaftsfaktor in der Region – den Flusstourismus mit dem Elberadweg. Diese Landschaft gilt es zu schützen. Weitere Elbe-Vertiefungen und -einengungen zur Verbesserung der Schiffbarkeit setzen dies aufs Spiel.“
Hintergrund
Gütertransporte auf der Elbe
Die Gütertransporte auf der Oberen und Mittleren Elbe sind seit Jahrzehnten rückläufig und inzwischen nur noch marginal. Es werden weniger als ein Tausendstel der Güter transportiert, die auf dem Rhein verschifft werden. Im Jahr 2020 waren es gerade einmal 160 000 Tonnen (Zählstelle Magdeburg, letzte verbliebende Zählstelle für den Gütertransport auf der Elbe). Für die Jahre danach gibt die zuständige Wasserstraßenverwaltung keine Zahlen mehr heraus. Von dem starken Rückgang des wasserseitigen Umschlags in dem Hafenverbund SBO kann abgeleitet werden, dass etwa noch ca. 100 000 Tonnen auf der Elbe bei Magdeburg transportiert werden.
Trotzdem soll der Fluss mit hohen Kosten weiter als Wasserstraße vertieft werden, um die verkehrlichen Ziele des Gesamtkonzepts Elbe zu erreichen. Das hätte massive negative Auswirkungen auf die Flusslandschaft zur Folge. Dabei gibt es Alternativen. Die geringen Gütermengen können auf die Schiene verlagert werden oder es kann zwischen Magdeburg und Hamburg der Mittellandkanal und der Elbe-Seitenkanal genutzt werden.
Gesamtkonzept Elbe
Das Gesamtkonzept Elbe sieht vor, eine Mindest-Fahrrinnentiefe von 1,40 Meter an 345 Tagen im Jahr herzustellen. Voraussetzung dazu ist, dass eine bestimmte Menge Wasser die Elbe herunterfließt. Dieser Abfluss wurde in den vergangenen Jahren häufig nicht erreicht. Zudem soll zugleich die Sohlerosion gestoppt und umgekehrt, Fluss und Aue in einen günstigen ökologischen Zustand gebracht werden. Entsprechende Vorhaben müssen zugleich den Zielsetzungen von NATURA 2000 und WRRL dienen.
Zielkonflikte zwischen Verkehr, Umwelt- und Naturschutz werden in dem Prozess nicht bearbeitet, sondern ausgeklammert. Es wird nicht geklärt, welche Maßnahmen wo in welcher Anzahl umgesetzt werden müssen, um die ökologischen – aber auch die verkehrlichen – Ziele erreichen zu können. Es fehlt also ein konkretes ökologisches Maßnahmenprogramm. Hinzu kommt, dass die finanzielle und personelle Ausstattung der Länder, die für die Erreichung der ökologischen Ziele zuständig sind, für diese Aufgabe zu dünn ist.
Text/Foto: Bund für Umwelt und Naturschutz Sachsen-Anhalt e.V. / Iris Brunar