Der Gesamtvorstand der ABDA hat sich am letzten Freitagvormittag mit den ReformplĂ€nen des Bundesgesundheitsministeriums beschĂ€ftigt. Das Gremium, in dem die Spitzen aller 34 Landesapothekerkammern und -verbĂ€nde zusammenkommen, ist nach einer ersten, vorlĂ€ufigen Analyse der Eckpunkte zu einer Apothekenreform gleichermaĂen erschĂŒttert und verĂ€rgert. ABDA-PrĂ€sidentin Gabriele Regina Overwiening (Foto) erklĂ€rt dazu:
„Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach versucht wieder eine Mogelpackung zu verkaufen. Nach auĂen prĂ€sentiert er die PlĂ€ne als Segen fĂŒr kleine Landapotheken. Schaut man sich die VorschlĂ€ge genauer an, wird klar, dass unter dieser sogenannten Reform alle Apotheken leiden wĂŒrden – sowohl die Land- als auch die Stadtapotheken. Die Apotheken brauchen eine sofort wirksame, wirtschaftliche StĂ€rkung, sonst wird die wohnortnahe Versorgung im kommenden Jahr weiter ausdĂŒnnen. Unsere Patientinnen und Patienten wĂŒrden schlechter versorgt werden, weil das Ministerium in seinen Eckpunkten QualitĂ€tseinbuĂen und HonorarkĂŒrzungen in Apotheken vorsieht.“
Dr. Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes, warnte insbesondere vor den finanziellen Auswirkungen der Lauterbach’schen PlĂ€ne: „Bis auf eine vage Zusage in Sachen Notdienstpauschale enthĂ€lt das BMG-Papier keinerlei sofortige Hilfen fĂŒr die Apotheken. Diese sind aber zwingend notwendig, denn auch die Apotheken leiden unter der Inflation und gestiegenen Kosten. Herr Lauterbach hat Inflations- und Kostenausgleiche in fast allen anderen Bereichen des Gesundheitswesens vorgenommen. Nur die Apotheken sollen kein Recht darauf haben? Das Apothekenhonorar wurde seit 2013 nicht angepasst, zuletzt wurde es sogar gesenkt. Im gleichen Zeitraum sind die Inflation um 38 Prozent und unsere Kosten um 60 Prozent gestiegen.
Alle vom BMG vorgeschlagenen Honorar-MaĂnahmen sollen frĂŒhestens 2025, teilweise erst 2026 und 2027 greifen. Herr Lauterbach schiebt das Thema der chronischen Unterfinanzierung der Apotheken weiter an seine Nachfolger, nimmt sich somit weiterhin aus der Verantwortung und sieht dabei zu, wie die wohnortnahe Arzneimittelversorgung weiter ausdĂŒnnt. Und die vom Ministerium vorgeschlagenen PlĂ€ne zur Umverteilung des Apothekenhonorars sind entgegen den AusfĂŒhrungen im Eckpunktepapier finanziell nicht neutral, sondern eine weitere KĂŒrzung der VergĂŒtung. Höherpreisige Arzneimittel lassen sich dann noch schwerer vorfinanzieren und werden daher von den Apotheken nicht mehr vorrĂ€tig gehalten – unabhĂ€ngig vom Standort der Apotheke. FĂŒr Patientinnen und Patienten, die auf solche Arzneimittel und die entsprechende Beratung angewiesen sind, wĂŒrde die Versorgung deutlich verschlechtert.“
Auch Thomas Benkert, PrĂ€sident der Bundesapothekerkammer, zeigt sich besorgt: „Herr Lauterbach will es ermöglichen, dass teilweise keine Apothekerin oder Apotheker in der Apotheke prĂ€sent sein muss. Es gibt keine andere Berufsgruppe, die die pharmazeutische Expertise der Apothekerinnen und Apotheker ersetzen kann. Hinzukommen Haftungsfragen, die entstehen, wenn bei Beratungen keine approbierte Fachkraft zur VerfĂŒgung steht. Und schlieĂlich befĂŒrchten wir, dass Apotheken, die unter wirtschaftlichem Druck stehen, vielen angestellten Apothekerinnen und Apothekern kĂŒndigen, um Geld zu sparen. Das Ergebnis wĂ€re eine deutliche Verschlechterung der Versorgung unserer Bevölkerung.“
Die ABDA hat eine erste, vorlÀufige Analyse der Eckpunkte aus dem Bundesgesundheitsministerium an alle Abgeordneten aus dem Gesundheitsausschuss des Bundestages gesendet. In den ersten Wochen des neuen Jahres sind zudem mehrere GesprÀche mit den Abgeordneten geplant.
Foto: ABDA-PrĂ€sidentin Gabriele Regina Overwiening am 26. September 2023 vor Beginn des Deutschen Apothekertages in DĂŒsseldorf. (c) ABDA Bundesvgg. Dt. ApothekerverbĂ€nde / Fotograf: Klemm