Die VerĂ€nderung von Tumorzellen bei der Metastasierung hĂ€ngt von bestimmten MolekĂŒlen auf der ZelloberflĂ€che ab. Die Bedeutung dieser sogenannten Glykolipide bei der Ausbreitung von Eierstockkrebs hat ein internationales Team unter Basler Leitung entschlĂŒsselt. Die Erkenntnisse könnten den Weg fĂŒr neue TherapieansĂ€tze ebnen.
Der Eierstockkrebs gehört zu den tödlichsten Krebserkrankungen bei Frauen. Grund dafĂŒr ist vor allem, dass der Krebs bei den meisten Patientinnen erst im weit fortgeschrittenen Stadium erkannt wird, wenn er sich bereits im Bauchraum ausgebreitet hat. Leider ist dann die Heilungschance trotz Chemotherapie relativ gering.
Bei der Metastasierung mĂŒssen sich die Tumorzellen an neue Umgebungen anpassen und somit einen Ăbergang zwischen verschiedenen Zellstadien vollziehen. Diese FĂ€higkeit wird in Fachkreisen «ZellplastizitĂ€t» genannt.
OberflĂ€chenmolekĂŒle ermöglichen Verwandlung
FrĂŒhere Studien haben gezeigt, dass eine bestimmte Klasse von MolekĂŒlen hier einen entscheidenden Beitrag leistet, die Glykolipide. Dabei handelt es sich um MolekĂŒle, die aus einem Zucker- und einem Fettanteil bestehen. Sie kommen auf jeder ZelloberflĂ€che vor und sind in verschiedenste zellulĂ€re Kommunikationsprozesse involviert. Glykolipide «könnten möglicherweise aktiv die ZellplastizitĂ€t von Tumorzellen beeinflussen», so Francis Jacob, Projektleiter am Departement Biomedizin, UniversitĂ€t Basel und UniversitĂ€tsspital Basel.
Dieser Hypothese sind Francis Jacob und Prof. Dr. Viola Heinzelmann-Schwarz in einem von der Wilhelm Sander-Stiftung unterstĂŒtzten Projekt nachgegangen. Beteiligt waren auch Forschende der Griffith UniversitĂ€t in Australien und der Medizinischen Hochschule Hannover. Im Fachblatt «Cell Reports» berichten die Forschenden, dass Tumorzellen die fĂŒr die Metastasierung nötige Umwandlung nur eingeschrĂ€nkt vollziehen können, wenn sie nicht mehr in der Lage sind, Glykolipide herzustellen. Ausserdem stellten sie fest, dass es einen Zusammenhang zwischen Glykolipiden, ZellplastizitĂ€t und Kalzium gibt.
Der Zucker-Code
Die Verbindung von Proteinen und Lipiden mit Glykanen, also Zuckerketten, verĂ€ndere ihre Funktion und stelle vermutlich einen eigenen Code dar, vergleichbar mit dem Erbgut, erklĂ€rt Jacob. «Dieser Code ist so komplex, dass ein stetig wachsendes Feld von Forschenden weltweit versucht, diesen zu entschlĂŒsseln.» Denkbar ist ferner, dass Glykolipide auch bei der Metastasierung anderer Krebsarten wie etwa Brustkrebs eine Rolle spielen.
Die gewonnenen Erkenntnisse wollen die Forschenden nun durch die Analyse weiterer Tumorproben vertiefen, um ein noch besseres VerstĂ€ndnis der Funktion der Glykolipide auf der Ebene einzelner Zellen und in der molekularen Umgebung innerhalb des Tumors zu erlangen. Das Wissen um die Rolle der Glykolipide könnte neue therapeutische AnsĂ€tze inspirieren, welche die Tumorausbreitung unterdrĂŒcken und so die Heilungschancen verbessern.
FĂŒr ihre Untersuchungen haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Heinzelmann-Schwarz und Jacob in den letzten Jahren eine internationale Gewebebank von mehr als 1500 Patientinnen mit gynĂ€kologischen Tumorerkrankungen aufgebaut. Zudem ist das Team Teil des «Tumor Profiler»-Projekts, eines Netzwerks aus Forschungsgruppen mit dem Ziel, die molekularen Eigenschaften von Tumoren bis ins Detail zu beschreiben.
Foto: Gewebeprobe eines Ovarialkarzinoms: Tumorzellen sind grĂŒn, Immunzellen rot und Zellkerne blau gefĂ€rbt. (c) Ricardo Coelho, UniversitĂ€t Basel / UniversitĂ€tsspital Basel