Magdeburg. Dass sich bei Männern im Laufe des Lebens die ungefähr kastaniengroße Vorsteherdrüse (Prostata) vergrößert, ist eine ganz natürliche Entwicklung. Bei vielen bleibt diese Vergrößerung gutartig, dennoch macht sie Beschwerden. Auch bei gering vergrößerter Prostata kann die Harnröhre, die durch sie hindurchführt, eingeengt werden – schlimmstenfalls bis zum Harnverhalt. Im Klinikum Magdeburg hat Dr. Rainer Hein, Chefarzt der Klinik für Urologie, jetzt eine OP-Methode („Rezum“) eingeführt, die in ganz Sachsen-Anhalt nur hier angeboten wird. Und für viele Männer eine echte Alternative bietet.
Bislang hatten Betroffene nämlich in der Regel die Wahl: Entweder sie nehmen dauerhaft Tabletten wegen der vergrößerten Prostata, was sich jedoch u.a. auch auf den Blutdruck auswirken kann. Oder sie lassen ihre Vorsteherdrüse von innen ausschälen. Dabei gehen die Operateure durch die Harnröhre in die Prostata und schälen das Gewebe ähnlich, als würde man von innen eine Orange ausschälen. „Viele Patienten scheuen diesen Eingriff, weil sie Angst davor haben, dass Komplikationen wie Blutung, Infektion und längerer stationärer Aufenthalt notwendig werden“, sagt Dr. Hein.
Samenerguss rückläufig in die Blase
Nach dem Schälen der Prostata erfolgt der Samenerguss retrograd (also „rückläufig)“ in die Blase, was von vielen Patienten als fehlende Komponente beim Orgasmus bemängelt wird. Das Ejakulat wird dann erst beim nächsten Toilettengang ausgespült. Dieses ist ein regelhaft auftretendes Phänomen aufgrund des „weiten“ Blasenhalses nach der „TUR-P“, also der Ausschälung der Prostatainnendrüse.
Neben den weiteren zur Verfügung stehenden OP-Möglichkeiten wie Laserenukleation, was meist bei größeren Prostatae angeboten wird, gibt es mit dem „Rezum“-Verfahren nun einen neuen Weg, dessen Erfolg in Studien bewiesen ist. Wieder gehen die Operateurinnen und Operateure durch die Harnröhre bis zur Prostata – doch dann ist alles anders: Sie messen die Länge der Harnröhre in der Vorsteherdrüse, legen eine Art „Karte“ an und setzen anhand dieser Daten gezielt Einstiche in das Gewebe. Die Einstiche erfolgen mittels einer speziellen Applikationsnadel, die an ihrer Spitze Wasserdampf abgeben kann. Dieser Dampf ist 103 Grad heiß und wird über neun Sekunden an der Stelle des Einstichs in das Gewebe gegeben. Dies wird je nach Größe des Organs an vier bis sechs Stellen getan. „Das Gewebe verdampft also, was kurzzeitig zu einer Schwellung führt. Schließlich aber vernarbt das behandelte Gewebe, wird vom Körper abgebaut und die Prostata schrumpft“, erklärt Dr. Hein.
Harnstrahl wurde um 50 Prozent verbessert
Sechs Monate nach dem Eingriff, das besagen Forschungsdaten, hat sich die Prostata fast um ein Drittel (28,9 %) verkleinert. Und auch Dr. Hein hat bei seinen Patienten eine deutliche kleinere Prostata und eine Verbesserung der Lebensqualität festgestellt. „Der Harnstrahl wurde um 50 Prozent verbessert.“
Der Eingriff ist komplikationsarm, blutungsarm und kann – weil er nur wenige Minuten dauert – im Dämmerschlaf erfolgen; eine Narkose ist dafür also nicht notwendig. „Wir können außerdem erreichen, dass die prograde Ejakulation nicht beeinträchtigt wird, schließlich schälen wir nicht entlang der gesamten Harnröhre und Blasenhals, sondern setzen nur an vier bis sechs Einstichen“, sagt Dr. Hein.
Optimaler Zeitpunkt der Gewebeeinschmelzung
Da die Forschungsdaten besagen, dass der optimale Zeitpunkt der Gewebeeinschmelzung bei drei bis sechs Monaten liegt, sind abschließende Aussagen noch nicht zu treffen. Dr. Hein und sein Team hatten die Betroffenen nämlich in der Zeit von August bis Oktober 2024 operiert. „Wir beobachten den Verlauf der Patienten auch Monate nach dem Eingriff natürlich noch weiter, aber wenn es schon jetzt solch gute Verbesserungen gibt, dann freue ich mich auf die Ergebnisse in ein paar Monaten“, sagt Dr. Hein.
Text/Foto: Dr. Rainer Hein (c) Klinikum Magdeburg