Nach der Erdbebenkatastrophe in der TĂŒrkei und in Syrien mit mehr als 37.000 Todesopfern stellen sich selbstverstĂ€ndlich zurzeit viele die Frage: Wie hoch ist die Erdbebengefahr eigentlich in Deutschland? Diese Sorge beflĂŒgelte am Mittwoch offenbar eine Falschmeldung ĂŒber ein bevorstehendes schweres Erdbeben und fĂŒhrte zu Panik.
Am Mittwoch verbreitete sich besonders in Nordrhein-Westfalen eine Falschmeldung ĂŒber ein bevorstehendes schweres Erdbeben. Die Polizeileitstellen im ganzen Bundesland erhielten viele Anrufe von Menschen, die Angst vor einem bevorstehenden Beben hatten. In Teilen von Köln und Duisburg rannten sogar rund 1000 Menschen auf die StraĂen â aus Angst vor einstĂŒrzenden GebĂ€uden.
Am Dienstagnachmittag gab es in RumĂ€nien ein Erdbeben der Magnitude 5,6. Passiert ist aber kaum etwas. Vermutlich haben Menschen aus RumĂ€nien ihre in Deutschland wohnenden Verwandten gewarnt, dass hier so etwas auch passieren könnte. Zudem wurden in der Nacht wohl Videos auf TikTok veröffentlicht, die explizit vor einem bevorstehenden Beben warnten â sogar mit Zeitangaben.
Wir von WetterOnline haben zeitgleich und völlig unabhĂ€ngig davon auf diversen Social-Media-KanĂ€len ein Video ĂŒber die generelle Erdbebengefahr in Deutschland veröffentlicht. âSachlich und inhaltlich war dieses Video völlig korrekt. Es sollte zeigen, dass es auch in Deutschland Regionen gibt, in denen eine gewisse Erdbebengefahr besteht. Ein Fehler war es hingegen, einen Sirenenton als Untermalung zu wĂ€hlen. Sirenen sollen vor einer akuten Gefahr warnen und suggerieren: Achtung! Gefahr! Wenn wir damit bei Menschen Angst geschĂŒrt haben sollten, dann entschuldigen wir uns in aller Form dafĂŒr“, so Björn Goldhausen, Meteorologe und Pressesprecher von WetterOnline.
Insgesamt gab es offenbar viele unterschiedliche Quellen, die dann binnen weniger Stunden zu einem Schneeballeffekt fĂŒhrten.
Eine Aussage, wann und wo genau die Erde beben wird, lÀsst sich im Detail nicht treffen. Mit der Wahrscheinlichkeit des Eintretens von Erdbeben in den verschiedenen Teilen Europas beschÀftigt sich ein besonderer Wissenschaftszweig.
In Deutschland gibt es Regionen, die geologische Voraussetzungen fĂŒr Erdbeben haben und in denen es in jĂŒngster Vergangenheit auch bebte.
Das Beben von Albstadt auf der SchwÀbischen Alb
Am 16. November 1911 erschĂŒtterte das stĂ€rkste Erdbeben der jĂŒngsten Zeit den SĂŒdwesten Deutschlands. Es erreichte eine Magnitude von 5,8 in Albstadt auf der SchwĂ€bischen Alb. Das sind zwar nur zwei Punkte unter dem Beben in der TĂŒrkei mit einer Magnitude von 7,8, aber die Energie des Bebens in Anatolien war 100-mal höher.
Trotzdem richtete das Beben auf der SchwĂ€bischen Alb zum Teil erhebliche SachschĂ€den in SĂŒddeutschland an. Mindestens 6250 GebĂ€ude waren betroffen.
Die Bauvorschriften sind dort jetzt entsprechend so hoch, dass GebĂ€ude Erdbeben in dieser GröĂenordnung ĂŒberstehen mĂŒssen. Sollte es erneut starke ErschĂŒtterungen geben, gĂ€be es voraussichtlich weniger SchĂ€den als damals.
Am 3. September 1978 kam es östlich von Albstadt erneut zu einem Erdbeben mit einer Magnitude von 5,7.
Erdbeben im Westen von Deutschland
Im Westen des Landes sind stĂ€rkere Erdbeben ebenfalls möglich. Westlich von Köln liegt der Erftsprung, ein mĂ€chtiger geologischer Bruch, also eine tektonische ZerreiĂ- oder Bruchstelle im Gestein. Laut dem Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ liegen in der Niederrheinischen Bucht Erdbeben mit einer StĂ€rke von 6,5 durchaus im Bereich des Möglichen.
Am 13. April 1992 erschĂŒtterte das sogenannte Erdbeben von Roermond mit der Magnitude 5,9 die Niederlande und Deutschland. Das Beben ereignete sich im Nordwesten der Niederrheinischen Bucht. Durch dieses stĂ€rkste Beben in der Region seit 1756 gab es viele Verletzte und erheblichen Sachschaden.
GFZ-Experte fĂŒr historische Erdbeben, Gottfried GrĂŒnthal, sagt: „Statistische Analysen zeigen, dass in der Niederrheinischen Bucht etwa alle 100 bis 300 Jahre mit einem Beben der StĂ€rke 5,5 zu rechnen ist. Mit einem Beben der StĂ€rke 6,5 ist etwa alle 1000 bis 3000 Jahre zu rechnen.“
Nach einer Risikoanalyse fĂŒr den Katastrophenschutz aus dem Jahr 2020 wĂŒrden dabei zum Beispiel in Köln viele GebĂ€ude stark beschĂ€digt werden. „GebĂ€ude mit Ă€lterer Bausubstanz werden voraussichtlich besonders betroffen sein. Von den geschĂ€tzten 170.000 WohngebĂ€uden in der Stadt könnten nach unseren Berechnungen mehr als 10.000 mĂ€Ăige bis schwere GebĂ€udeschĂ€den erleiden“, erklĂ€rt Cecilia Nievas, Wissenschaftlerin vom GFZ.
Bildunterschrift: Ein Seismograf kann die BodenerschĂŒtterungen von Erdbeben und anderen seismischen Wellen registrieren.
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