Berlin (ots) – „Antibiotika-Resistenzen sind eine der gröĂten Gesundheitsgefahren unserer Zeit. Alle bisherigen AktionsplĂ€ne auf europĂ€ischer Ebene haben eine weitere Ausbreitung nicht verhindern können. Die Bundesregierung sollte sich deshalb noch intensiver dafĂŒr einsetzen, dass der falsche, unsachgemĂ€Ăe Einsatz dieser lebenswichtigen Arzneimittel endlich minimiert wird“, fordert die 1. Vorsitzende des Marburger Bundes, Dr. Susanne Johna (Foto), anlĂ€sslich des EuropĂ€ischen Antibiotikatages am 18. November, zu dem das EuropĂ€ische Zentrum fĂŒr die PrĂ€vention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) aufgerufen hat.
Durch AufklĂ€rungskampagnen wurde in Deutschland der Pro-Kopf-Verbrauch an Antibiotika in den letzten Jahren zwar gesenkt, in manchen anderen europĂ€ischen LĂ€ndern liegt er aber mehr als doppelt so hoch. „Keime kennen keine Grenzen, deswegen ist europĂ€isches und weltweites Handeln wichtig“, so Johna.
Antibiotika-Resistenzen fĂŒhren dazu, dass bisher leicht behandelbare Infektionen nur noch schwer oder ĂŒberhaupt nicht mehr therapiert werden können. Nach einer Studie im Auftrag der G7-Staaten von 2022 sind in Deutschland jĂ€hrlich etwa 9.600 TodesfĂ€lle direkt auf Antibiotika-Resistenzen zurĂŒckzufĂŒhren, weitere 45.700 TodesfĂ€lle stehen in einem Zusammenhang mit resistenten Bakterien. Ohne Infektionen mit resistenten Erregern hĂ€tten im Jahr 2019 in den G7-Staaten fast eine halbe Million TodesfĂ€lle vermieden werden können.
„Der EuropĂ€ische Antibiotikatag und die damit einhergehende Informationskampagne sollten in der Ăffentlichkeit eine breite Resonanz erfahren. Antibiotika sind Arzneimittel, die zur Behandlung von bakteriellen Infektionen eingesetzt werden, weil sie Bakterien abtöten oder deren Wachstum hemmen können. Die meisten ErkĂ€ltungen und auch die Grippe werden durch Viren hervorgerufen, gegen die Antibiotika grundsĂ€tzlich unwirksam sind. Durch den falschen Umgang mit Antibiotika werden multiresistente Bakterien herangezĂŒchtet, gegen die es dann kein wirksames Mittel mehr gibt. AufklĂ€rung und konsequente Einhaltung der Rezeptpflicht, die es aus guten GrĂŒnden gibt, mĂŒssen in ganz Europa gestĂ€rkt werden“, sagte Johna.
Eine verantwortungsbewusste Verordnung antimikrobieller Arzneimittel in der Humanmedizin ist aber nur die eine Seite der Medaille. Ein GroĂteil des Antibiotikaverbrauchs entfĂ€llt auf die Massentierhaltung in der industrialisierten Landwirtschaft. Wegen eines Tiers mit einem bakteriellen Infekt erhalten Hunderte gesunde Tiere im gleichen Stall Antibiotika. Ein herber RĂŒckschlag ist daher auch die Entscheidung des EuropĂ€ischen Parlaments vom Juni dieses Jahres gewesen, den massenhaften Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung nicht weiter einzuschrĂ€nken. „Wir mĂŒssen die Dinge im Sinne von One Health zusammendenken und eine kohĂ€rente Reduktionsstrategie entwickeln. Resistente Bakterien, die in der Massentierhaltung entstehen, werden frĂŒher oder spĂ€ter die Menschen treffen. Wir brauchen Reserveantibiotika, die ausschlieĂlich der Humanmedizin vorbehalten bleiben“, bekrĂ€ftigte die Verbandsvorsitzende.
Foto: Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes
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