Bildungsgewerkschaft zum Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme: „Fachkräftemangel stellt Kitas vor massive Herausforderungen“
Frankfurt a.M. – Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warnt vor den gravierenden Auswirkungen des Fachkräftemangels und fordert dringend den Ausbau der strukturellen Qualität in der Kindertagesbetreuung. „Die Belastung der Fachkräfte in den Kitas ist enorm. Immer mehr Erzieherinnen und Erzieher arbeiten in Teilzeit oder verlassen das Berufsfeld. Das gefährdet die Qualität der Betreuung. Es ist offensichtlich: Wir brauchen nicht nur mehr Fachkräfte, auch die Arbeitsbedingungen müssen massiv verbessert werden, um den gesellschaftlichen Anforderungen an die frühkindliche Bildung gerecht zu werden“, sagte Doreen Siebernik (Foto), GEW-Vorstandsmitglied Jugendhilfe und Sozialarbeit, am Mittwoch in Frankfurt a.M. mit Blick auf das Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung. Die Daten zeigten einen dramatischen Rückgang der Fachkraftquote in den Kitas: Nur noch jedes dritte Kita-Team könne überwiegend auf Fachkräfte mit einschlägiger Qualifikation zurückgreifen, im Vergleich zu mehr als 40 Prozent im Jahr 2017. „Dies ist eine erhebliche Bedrohung der Qualität der frühkindlichen Bildung“, betonte Siebernik.
„In dieser Situation Debatten zu befeuern, die das Ziel haben, auf dem Rücken der Fachkräfte eine
De-Professionalisierung in Gang zu setzen, ist keine Lösung“, unterstrich Siebernik. „Wir wehren uns dagegen, wenn durch die Hintertür versucht wird, die wichtige und qualitativ hochwertige Arbeit der Beschäftigten abzuwerten.“ Die GEW-Expertin schlug den Verantwortlichen in Bund, Ländern und Kommunen vor, die frühkindlichen Bildungsstrukturen konsequent auszubauen: „Es ist ein kritischer Moment erreicht. Nicht ausgebildetes Personal in Kitas einzusetzen, darf nicht zur dauerhaften Praxis werden. Wir brauchen jetzt eine langfristige Strategie, um die Fachkraftquote und die Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen zu verbessern.“
Besonders besorgniserregend seien die fehlenden Kitaplätze. Der Fachkräftemangel verschärfe die Situation zusätzlich. Schon 2025 könnten mehr als 429.000 Familien ihren Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz nicht einlösen. „Wir müssen jetzt handeln, sonst riskieren wir, das Vertrauen der Familien in das Bildungssystem zu verlieren. Jeder Euro, der nicht in gute Bildung investiert wird, wirkt sich langfristig negativ auf unsere Gesellschaft aus“, sagte Siebernik. Deshalb müssten mehr Fachkräfte gewonnen und bundeseinheitliche Qualitätsstandards für die frühkindliche Bildung, die den Anforderungen einer modernen Gesellschaft entsprechen, eingeführt werden. Nur so sei Chancengleichheit für alle Kinder sicherzustellen.
Foto: Doreen Siebernik, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes, Organisationsbereich Jugendhilfe und Sozialarbeit (c) GEW