Gutachten prognostiziert deutliche Zunahme aller Verkehrsarten durch Industrieansiedlungen am High-Tech Park Sachsen-Anhalt

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Magdeburg. Die zu erwartenden Industrieansiedlungen und der Aufbau des High-Tech Parks (HTP) Sachsen-Anhalt werden zu einem deutlich größeren Verkehrsaufkommen rund um das Areal südwestlich der Landeshauptstadt führen. „Um diesen enormen Zuwachs aufnehmen zu können, muss die Infrastruktur für den motorisierten Individual- und Güterverkehr, den Fuß- und Radverkehr sowie nicht zuletzt für den öffentlichen Personennahverkehr ausgebaut werden“, erklärte Sachsen-Anhalts Ministerin für Infrastruktur und Digitales, Dr. Lydia Hüskens (Foto), heute in Magdeburg bei der Vorstellung des „Integrierten Verkehrskonzeptes“.

„Die Prognosen der Gutachter bestätigen unsere Erwartungen, dass es bereits während der Bauphase, also vor der eigentlichen Betriebsaufnahme, deutliche Zuwächse durch den Baustellenverkehr geben wird, was die bestehende Infrastruktur schon stärker beansprucht“, erläuterte die Ministerin. „Spätestens dann, wenn die Pendlerströme einsetzen, wäre das jetzt vorhandene Straßennetz überfordert“, fügte sie hinzu.

Um einer Überlastung des Straßennetzes im Umfeld des HTP vorzubeugen, empfehlen die Experten konkrete Maßnahmen, wie den vierstreifigen Ausbau der Landesstraße (L) 50 zwischen der A 14-Anschlussstelle Wanzleben und der Kreuzung mit der Kreisstraße (K) 1163 bei Schleibnitz. Sie bestätigen damit die Notwendigkeit der bereits laufenden Arbeiten an der L 50. Darüber hinaus werden neun neue Knotenpunkte (Straßenkreuzungen) an der Bundesstraße (B) 81, der L 50 und der K 1163 gebaut, um den HTP leistungsfähig anzuschließen.

An der B 81 wird in Höhe der Bielefelder Straße eine neue Anschlussstelle eingerichtet. Außerdem empfehlen die Gutachter hier ein Verkehrsmanagementsystem, um punktuelle Überlastungen abzufangen. Auch für die A 14 sollte aus Sicht der Experten eine Stauwarnanlage installiert werden.

Hinzu kommt ein großer Bedarf an gut ausgebauten und sicheren Radwegen sowie einem erweiterten Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Den Gutachtern zufolge sind insgesamt rund 20 Kilometer neue Radwegstrecken erforderlich, um den HTP mit den umliegenden Kommunen Magdeburg, Sülzetal und Wanzleben zu verbinden. Auch auf dem Areal des HTP selbst sind straßenbegleitende Radwege vorgesehen.

Die ÖPNV-Anbindung umfasst Buslinien unter anderem nach Magdeburg, Sülzetal oder Wanzleben sowie On-Demand-Verkehre in den Landkreis Börde und den Salzlandkreis. Langfristig müssen die Pendelverkehre mit der leistungsstarken Eisenbahn von Magdeburg in den HTP befördert werden. Dafür schlagen die Gutachter ein S-Bahnsystem vor, das mit einer Eisenbahnstichstrecke bis direkt in den HTP reichen kann. Eine Direktverbindung zwischen Magdeburg Hauptbahnhof und dem HTP mit der S-Bahn und der Transport von Gütern auf der Schiene ist dann in unmittelbarer Nähe zu den Unternehmen möglich.

„Unser Ziel ist ein ÖPNV-Anteil von bis zu 25 Prozent am gesamten Pendelverkehr“, sagte Lydia Hüskens. Dadurch würden weniger Parkplätze gebraucht, die Umwelt entlastet und die Menschen sparten Geld. „Damit aber Pendlerinnen und Pendler den täglichen Weg zur Arbeit mit Bahn und Bus zurücklegen, brauchen wir nun mal ein attraktives Angebot“, betonte die Ministerin.

Die Gutachter schätzen, dass die Unternehmen im HTP langfristig mehr als 8.000 Parkplätze auf ihren Grundstücken vorhalten müssten. Dabei wurden auch innovative Konzepte, wie zum Beispiel eine Seil- und Magnetschwebebahn oder autonome Shuttlebusse, mitgedacht. Für die Umsetzung solcher Systeme, um das Stadtgebiet Magdeburgs mit dem HTP zu verbinden, spricht das Konzept keine Empfehlungen aus, da Kosten und baulicher Aufwand als zu hoch eingeschätzt werden.

Ein autonomes Busshuttlesystem kann künftig durchaus eine wichtige Rolle für die ÖPNV-Erschließungspielen. Davon ausgehend, dass auf der Fläche eine Fabrik mit rollendem Schichtsystem wächst und punktuell sehr hohe Belastungen für die Infrastruktur entstehen, empfiehlt das Gutachten unter anderem die Einrichtung eines übergeordneten Mobilitätsmanagements um Überlastungen abzufangen.

„Mobilität bedeutet Freiheit. Zur Freiheit gehört auch eine echte Auswahl des Verkehrsmittels. Wir wollen, dass die Menschen in unserem Sachsen-Anhalt alle Formen der Mobilität frei wählen können. Dafür braucht es gut ausgebaute Infrastrukturen: sichere Radwege genauso wie gute Angebote des öffentlichen Nahverkehrs und natürlich leistungsfähige Straßenanbindungen. Daran arbeiten wir. Jeden Tag. Der integrierte Ansatz des vorliegenden Verkehrskonzeptes für den HTP ist ein gelebtes Beispiel dafür“, hob Lydia Hüskens abschließend hervor.

Zu Ihrer Information:

Die Notwendigkeit des „Integrierten Verkehrskonzeptes“ ergab sich aus der beabsichtigten Ansiedlung des Chipherstellers Intel in Magdeburg.

Die Dresdner Niederlassung der PTV-Group aus Karlsruhe wurde beauftragt, das Konzept zu erstellen. Zum Download des Mobilitätskonzeptes

Die Kosten dafür belaufen sich auf 460.000 Euro.

Untersucht wurde die optimale Verkehrsanbindung des HTP unter Berücksichtigung aller Verkehrsmittel. In der Studie wurden verschiedene Planfälle der möglichen Verkehrsanbindung betrachtet, verglichen und bewertet. Es galt nicht nur die Aspekte des unmittelbaren Pendler- und Wirtschaftsverkehrs, sondern auch erwartbare Veränderungen wie Zuzüge, Abwanderungen in das Umland und veränderte Verkehrsströme zu berücksichtigen. Dabei wurden alle Fortbewegungs- bzw. Transportarten (Fußgänger, Radfahrer, ÖPNV, PKW und Güterverkehr) gleichberechtigt betrachtet und daraus die erforderlichen Maßnahmen für alle Verkehrsträger abgeleitet.

Einen zusätzlichen Baustein für die Umsetzung des Mobilitätskonzeptes bildet die Demografiestudie, die vom CIMA-Institut für Regionalwirtschaft aus Hannover erarbeitet wurde. Darin wurden die Auswirkungen der Industrieansiedlung im HTP bei Magdeburg auf die Bevölkerungs- und Landesentwicklung untersucht. Die Studie ist im Demografieportal des Landes veröffentlicht www.demografie.sachsen-anhalt.de.

Das vorliegende Konzept ist flexibel. Es stellt sicher, dass die zunächst zu schaffenden Grundstrukturen und Maßnahmen zum Zeitpunkt der Umsetzung an die erwarteten Personenzahlen und Schichtsysteme angepasst werden können.

Für das Land Sachsen-Anhalt heißt das, die nächsten Schritte, insbesondere die Planung der Stichstrecke für den Schienenverkehr, unmittelbar anzugehen. Die bauliche Realisierung würde dann schrittweise erfolgen, je nach Planungs- und Genehmigungsfortschritten.

In das Gutachten flossen die Ergebnisse der vorgelagerten Demografiestudie, allgemeine Trends und bereits bekannte planerische Entwicklungen, wie bereits geplante Baumaßnahmen und der Deutschlandtakt, ein.

Im nächsten Schritt werden Untersuchungen zu möglichen S-Bahn-Konzepten in der Region Magdeburg durchgeführt und der Ausbaubedarf der Straßen- und Schieneninfrastruktur ermittelt. Neben der Abstimmung zu den Umsetzungsplanungen laufen parallel die Abstimmungen zu den Zuständigkeiten und der Finanzierung.

Kosten:

Straße: Mittelfristig fallen Investitionskosten in Höhe von etwa 34 Millionen Euro an; für die langfristigen Maßnahmen noch einmal 11 Millionen Euro.

Die vorgeschlagenen ÖPNV-Konzepte werden mittelfristig jährlich rund 8 Millionen Euro kosten; langfristig 21 Millionen Euro.

Der ÖPNV-Investitionsbedarf für Fahrzeuge und Haltestellen beläuft sich mittelfristig auf etwa 20 Millionen Euro; langfristig (für ÖPNV und Eisenbahn) auf rund 216 Millionen Euro.

Die Kosten der S-Bahn-Stichstrecke werden in einer gesonderten Machbarkeitsstudie erarbeitet.

Text/Foto: Staatskanzlei und Ministerium für Kultur am 12. November 2024