Gesundheit/Anhörung
Berlin: (hib/PK) Gesundheits- und Sozialexperten sehen die neuerliche Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) im Grundsatz positiv. Insbesondere die geplante Impfpflicht für Mitarbeiter in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen stößt auf breite Zustimmung. Die Experten äußerten sich am Mittwoch in einer öffentlichen Anhörung des Hauptausschusses des Bundestags über den Gesetzentwurf (20/188) von SPD, Grünen und FDP zur Stärkung der Impfprävention und in schriftlichen Stellungnahmen.
Der Gesetzentwurf sieht ab dem 15. März 2022 eine Impfpflicht für das Personal in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen vor, um Patienten und Bewohner zu schützen.
Um die Auffrischungsimpfungen zu beschleunigen, sollen auch Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker vorübergehend Impfungen gegen das Coronavirus verabreichen dürfen, sofern sie entsprechend geschult sind.
Für in der Coronakrise besonders belastete Krankenhäuser ist kurzfristig ein finanzieller Ausgleich vorgesehen. Der Gesetzentwurf enthält auch eine Präzisierung der künftig ausgeschlossenen und weiterhin möglichen Schutzvorkehrungen der Länder nach Paragraf 28a IfSG.
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) erklärte, aus medizinisch-epidemiologischer Sicht sei eine Schutzimpfung essentiell zur Bekämpfung der Pandemie. Sinnvoll wäre eine allgemeine Impfpflicht. Angesichts der aktuellen Lage wäre im Übrigen die erneute Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite angezeigt.
Auch die Caritas unterstützt die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Angesichts der unzureichenden Impfquoten sei eine stufenweise Verschärfung der Schutzvorkehrungen geboten. Es sollte jedoch zeitnah eine allgemeine Impfpflicht folgen und spätestens zum 1. April 2022 in Kraft treten. Die Caritas forderte, die Impfpflicht auf die Bereiche Schulassistenz, Ausbildungs-, Berufsbegleitungs- und Arbeitsassistenz auszudehnen. Auch Beschäftigte von Kindertagesstätten und Schulen sollten verpflichtend geimpft werden. Die Gesellschaft für Virologie (GfV) forderte eine Impfpflicht auch für Betreute in Langzeitpflegeeinrichtungen.
Mehrere Rechtsexperten erklärten in der Sitzung, die geplante einrichtungsbezogene Impfpflicht sei verfassungsrechtlich zulässig. Die Regelung diene einem legitimen Ziel, sei verhältnismäßig, geeignet, angemessen und erforderlich. Auch eine allgemeine Impfpflicht wäre nach Auffassung der Juristen verfassungskonform auszugestalten.
Mehrere Verbände, darunter der Deutsche Pflegerat (DPR), sprachen sich dafür aus, neben Zahnärzten, Tierärzten und Apothekern auch Pflegefachkräften eine Impfberechtigung zu gewähren.
Der Deutsche Hausärzteverband sieht die Ausweitung der Impfberechtigten dagegen kritisch. Zum Schutz der Patienten seien Impfungen unter ärztlicher Obhut zwingend notwendig.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) machte erneut deutlich, dass alle Krankenhäuser in der Pandemie zusätzlich belastet seien und einen finanziellen Ausgleich bräuchten. Die Wiedereinführung von Ausgleichszahlungen sei ein wichtiger Beitrag zu finanziellen Sicherung der Häuser. Die geplante Laufzeit der Ausgleichszahlungen bis Ende 2021 sei nicht sachgerecht und sollte analog zum Versorgungsaufschlag für die Behandlung von Covid-19-Patienten bis zum 19. März 2022 verlängert werden.
Mediziner und Infektionsforscher machten in der Anhörung deutlich, dass mit der Omikron-Variante ein neues, schwer kalkulierbares Risiko aufgetreten sei. Christian Karagiannidis vom Ecmo Zentrum Köln sagte, die Omikron-Variante werde sich schnell durchsetzen. Noch sei unklar, ob bei dieser Variante der Krankheitsverlauf eher mild ausfalle oder nicht. Daher wäre es wichtig, alle möglichen Schutzvorkehrungen zur Verfügung zu haben.
Ähnlich äußerte sich Michael Meyer-Hermann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, der dringend empfahl, schnell und deutlich auf die jüngste Entwicklung zu reagieren. Nötig sei ein großer Maßnahmenkatalog.
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