- Zehn „goldene Regeln“ von Notfallmedizinern für die erwarteten Höchsttemperaturen von 35 Grad und mehr in Deutschland Mitte Juni
Hamburg (ots). Die Notaufnahmen der Asklepios Kliniken rechnen damit, dass in den kommenden Tagen mehr Patienten als üblich wegen hitzebedingter Beschwerden behandelt werden. Wetterexpert:innen rechnen in vielen Regionen Deutschlands zum Wochenende mit hochsommerlichen Temperaturen von deutlich über 30 Grad, zum Teil könnten Hitzerekorde erreicht werden, heißt es. Auch die Nächte werden den Prognosen nach in manchen Gebieten außerordentlich warm. Kopfschmerzen, Schwindel, Kreislaufprobleme sowie allgemeines Unwohlsein sind dann die typischen Symptome der Patient:innen, die sich in einer Notaufnahme vorstellen oder dorthin gebracht werden. Häufig ist Flüssigkeitsmangel Ursache für die Beschwerden. Insbesondere ältere Menschen reagieren dabei empfindlicher auf einen Flüssigkeitsverlust, z. B. durch Schwitzen, weil bei ihnen der Anteil von Flüssigkeit am Körpergewicht nur 60 Prozent ausmacht.
„Besonders gefährlich sind der Flüssigkeitsmangel und die direkte Hitzeeinwirkung“, erklärt Dr. Gabriele Groth, operative ärztliche Leitung der Zentralen Notaufnahme der Asklepios Klinik Altona (Hamburg), die jährlich ca. 55.000 Notfallpatient:innen behandelt, im Schnitt 160 pro Tag. An heißen Tagen erhöht sich der Flüssigkeitsbedarf mitunter erheblich und es kann zu einer Dehydrierung kommen. Der Mangel an Flüssigkeit im Körper ist dabei Folge von zu geringer Flüssigkeitsaufnahme und einem großen Flüssigkeitsverlust durch Schwitzen. „Man darf nicht vergessen, dass unser Körper die Flüssigkeit benötigt, um lebenswichtige Funktionen aufrecht zu erhalten. Im Falle eines Flüssigkeitsmangels klagen die Patienten häufig über Kopfschmerzen, Schwindel, Kreislaufprobleme, Müdigkeit und allgemeines Unwohlsein. Aber auch eine Bewusstseinstrübung kann eine ernstzunehmende Folge der Hitze sein“, so Dr. Groth. Außerdem gehen durch das Schwitzen auch wertvolle Mineralstoffe, die der Körper für seine Stoffwechselprozesse benötigt, verloren. Insbesondere kleine Kinder sowie alte und kranke Menschen müssen in dieser Jahreszeit besonders vorsichtig sein, warnt die Notfallmedizinerin. Patient:innen mit Fieber, etwa bei einem Infekt mit dem Coronavirus, sollten die Sonne meiden und sich in Innenbereichen aufhalten. Bei Patient:innen mit Herzschwäche ist bei zunehmenden Beschwerden zeitnah der Hausarzt oder die Hausärztin zu kontaktieren. Tägliches Wiegen sowie regelmäßige Blutdruckkontrollen können zur Einschätzung des Flüssigkeitshaushaltes und der Kreislaufsituation dienen.
Zehn „goldene Regeln“ der Mediziner:innen
Während die meisten Menschen die Sommerwärme voll genießen, sollten vor allem ältere Menschen und Kinder vernünftig mit der Hitze umgehen. Diese Tipps haben die Experten der Asklepios Kliniken:
- Tragen Sie luftige Kleidung und eine helle Kopfbedeckung, wenn Sie in der Sonne unterwegs sind.
- Halten Sie sich möglichst in kühlen Räumen auf.
- Vermeiden Sie ungewohnte körperliche Anstrengung.
- Setzen Sie sich nicht der prallen Sonne aus (z. B. bei der Arbeit im Garten).
- Gönnen Sie sich eine verlängerte Mittagspause, machen Sie Siesta.
- Bevorzugen Sie leichte Kost wie Gemüse, Fisch oder Obst.
- Trinken Sie mehr als sonst, „immer über den Durst“, aber keinen Alkohol und nicht zu kühle Getränke.
- Trinken Sie nicht zu viel auf einmal, denn pro Stunde können Sie nur 500 – 800 ml Flüssigkeit aufnehmen und sinnvoll verwerten. Am besten trinken Sie über den Tag verteilt jede Stunde ein Glas Wasser, auch wenn Sie noch keinen Durst haben.
- Bei Hitze verbraucht der Körper mehr Natrium, Magnesium und Calcium. Deshalb ist es ratsam, dementsprechend angereicherte Mineralwässer zu trinken. Herz- und nierenkranke Menschen sollten allerdings aufpassen und ihren Arzt befragen, welche Wassersorten und -mengen für sie geeignet sind.
- Lassen Sie niemals Kinder oder Haustiere in einem geparkten Auto zurück.
Flüssigkeitsverlust und Durst
Kleine Kinder und ältere Menschen reagieren empfindlicher auf Flüssigkeitsverlust, vor allem durch Schwitzen. Bei Senioren macht der Anteil von Flüssigkeit am Körpergewicht nur 60 Prozent aus. Bei großer Hitze gehen mit dem Körperwasser immer auch Natrium, Magnesium und Calcium mit verloren. Und zwar vor allem aus den Körperzellen einschließlich Nervengewebe. Diese trocknen dann regelrecht aus. Man wird dadurch müde und matt, die Reaktionsfähigkeit lässt nach, was unter anderem im Straßenverkehr riskant ist. Im Extremfall kann es zu regelrechten Verwirrtheitszuständen kommen. Aber auch das Herzkreislaufsystem ist gefährdet durch ein Versacken des Blutes mit Blutdruckabfall und durch Eindicken des Blutes mit Thrombose und Embolie.
Da im Alter auch das spontane Durstgefühl nachlässt, lautet eine der goldenen Regeln „Trinken Sie über den Durst“. In Einrichtungen wie Heimen oder Krankenhäusern wird regelmäßig zum Trinken animiert und anhand von Trinkplänen die Flüssigkeitsaufnahme auch kontrolliert. Ältere Autofahrer:innen sollten ebenfalls ein Prinzip der Regelmäßigkeit pflegen, nämlich alle zwei Stunden eine Pause zum Abkühlen und Trinken einlegen. Dies ist umso wichtiger, da die fehlende Wärmeabgabe im überhitzten Auto fatale Folgen für Reaktionsvermögen und Körperkreislauf hat.
Warme oder kalte Getränke
Kalte und eiskalte Getränke belasten den Körper deutlich mehr als wohltemperierte oder warme, denn er muss viel Energie aufbringen, um die Temperatur zu regulieren. Als Folge schwitzen wir noch mehr. Dadurch werden zusätzliche Kalorien verbrannt, mit dem Effekt, dass zusätzliche Körperwärme entsteht. Extrem kalte Getränke können außerdem zu Magenproblemen und Unwohlsein führen. Deshalb der Hinweis: Auch warmer Pfefferminztee kann erfrischen und die Blutgefäße in Magen und Darm erweitern, sodass der Tee besser und schneller als kalte Getränke ins Blut gelangen kann.
Gefühlte Temperaturen
Die sogenannte gefühlte Temperatur weicht von der tatsächlich gemessenen Temperatur ab. Sie wird anhand von Luftfeuchte, Strahlung, Wind, tatsächlicher Temperatur sowie dem menschlichen Verhalten (Aktivität und Bekleidung) berechnet.
Im Notfall immer 112 anrufen!
Wenn es zu einem Hitzschlag oder Kollaps gekommen ist oder der Verdacht besteht, ist sofort der Rettungsdienst unter der Telefonnummer 112 zu verständigen. Bringen Sie die betroffene Person an einen kühlen Ort, lockern Sie seine/ihre Kleidung, kühlen sie mit feuchten Tüchern ab und reichen Sie Getränke, nicht zu kühl und nicht zu viel auf einmal.
Foto: Dr. Gabriele Groth, operative ärztliche Leitung der Zentralen Notaufnahme der Asklepios Klinik Altona (Hamburg). (c) Asklepios/Bertram Solcher