ifo-Präsident Clemens Fuest begrüßt die Entscheidung der EZB, den Leitzins um 0,5 Prozent zu erhöhen. „Damit setzt die EZB ein wichtiges Signal dafür, dass sie gegen die Inflation vorgehen will. Das trägt dazu bei, den Anstieg der Inflationserwartungen bei Unternehmen und privaten Haushalten zu dämpfen. Der Eurokurs wird dadurch stabilisiert, was zu einer Entlastung bei den Importpreisen beiträgt“, sagt Fuest. Positiv zu sehen sei auch die Ankündigung, weitere Zinsschritte folgen zu lassen, abhängig von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung.
Kritisch sieht Fuest dagegen den Beschluss der EZB, die Zinsdifferenzierung zwischen den Ländern der Eurozone zu beschränken. „Zinsdifferenzen gehören zu einem funktionierenden Kapitalmarkt, weil sie unterschiedliche Niveaus von Risiken widerspiegeln und private Investoren überzeugt werden müssen, diese Risiken einzugehen. Es besteht die Gefahr, dass die EZB hier die Grenze zur Staatenfinanzierung überschreitet, ihre Unabhängigkeit gefährdet und für die Finanz- und Wirtschaftspolitik die falschen Anreize setzt“, sagt Fuest. Wenn einzelne Mitgliedstaaten in finanzielle Schwierigkeiten geraten, sei es nicht Aufgabe der EZB, sondern der nationalen Regierungen im Euroraum und des Rettungsschirms ESM einzuschreiten.
„Die von der EZB definierten Bedingungen, die ein Land erfüllen muss, damit es von der EZB finanziell unterstützt wird, sind deutlich schwächer als beim in der Eurokrise eingeführten Anleihenkaufprogramm OMT, das zumindest ein ESM-Programm mit weitgehenden Auflagen verlangt“, sagt Fuest. Die EZB habe sich anders als beim OMT-Programm an keinerlei Entschluss anderer Institutionen gebunden und muss deshalb damit rechnen, unter massiven Druck zu geraten, einzelne Mitgliedstaaten mit hohen Schulden fiskalisch zu unterstützen.
Clemens Fuest (Foto)
Präsident des ifo Instituts