Berlin (ots) – Mehrere Mitgliedsunternehmen des Internationalen Verbands der Kreuzfahrtlinien (CLIA) wollen juristisch gegen den sogenannten „Abschiebekalender“ der AfD-Fraktion in der Senftenberger Stadtverordnetenversammlung vorgehen. Es gehe dabei um eine Unterlassungserklärung. Außerdem sollen Schadensersatzansprüche geprüft werden, kündigte Georg Ehrmann, der Deutschland-Chef des Verbandes, im Interview mit rbb 24 Recherche an.
Hintergrund ist ein Jahreskalender mit dem Titel „Die 12 schönsten Abschiebedampfer“, den die AfD-Fraktion Senftenberg seit Jahresbeginn für zehn Euro plus Versandgebühren zum Kauf anbietet. Auf den Kalenderblättern sind Motive von international bekannten Kreuzfahrtschiffen mit fremdenfeindlichen Parolen zu sehen. Mit Slogans wie „Recht auf Heimat. Wir bringen euch zurück“ oder „Sichere Fluchtrouten Richtung Heimat. Wir machen es möglich.“, suggeriert der Kalender, die Reedereien würden mit ihren Schiffen Abschiebungen oder „Remigrationsprogramme“ unterstützen.
Der Kalender sei ein „ekelhaftes Machwerk“, sagt Ehrmann im Interview mit dem rbb und kündigt an: „Es wird im ersten Schritt darum gehen, dass dieses Machwerk verschwindet. Dazu wollen wir Unterlassungserklärungen erwirken.“ Zudem, so Ehrmann weiter, sei er der Ansicht, dass hier der Straftatbestand der Volksverhetzung vorliegen könnte. „Die Staatsanwaltschaft sollte sich das unbedingt anschauen“, so Ehrmann.
Eine rbb Anfrage bei den sechs betroffenen Redereien ergab, dass bislang keine von der Existenz des Kalenders wusste. Auch seien die Unternehmen nicht gefragt worden, ob sie der Verwendung der Motive zustimmen.
Auf der Kalenderseite für August findet sich die Behauptung, Remigration schaffe bezahlbaren Wohnraum. Dazu wird ein bekanntes Kreuzfahrtschiff der Reederei Carnival Cruise Line gezeigt. Nachdem rbb24 Recherche der Reederei das Kalenderblatt vorgelegt hatte, schrieb das Unternehmen: „Wir sind schockiert, dass Fotos unserer Schiffe, auf denen Menschen verschiedenster Herkunft und Kultur friedlich zusammen Urlaub machen und arbeiten, für die fremdenfeindlichen Botschaften der AfD missbraucht wurden. Wir möchten uns in aller Deutlichkeit von den Aussagen distanzieren und werden rechtliche Schritte einleiten.“ Die international tätigen Reedereien MSC, Costa, Color Line, Cunard Line und Norwegian Cruise Line äußerten sich ähnlich.
Georg Ehrmann sieht in den von der AfD transportierten fremdenfeindlichen Botschaften auch die Markenrechte der Reedereien verletzt: „Diese Botschaften verstoßen in einer Art und Weise gegen die Grundwerte der Unternehmen, dass sie markenschädigend sind. Ein Gericht wird somit aus meiner Sicht den Schaden höher berechnen, als wenn es nur um reine Wettbewerbsverstöße gehen würde.“ Ehrmann, der selbst als Anwalt tätig ist, geht davon aus, dass auf die Senftenberger AfD-Stadtratsfraktion Anwaltskosten und Schadensersatzleistungen in sechsstelliger Höhe zukommen könnten.
Für Caroline Glasmacher, auf Urheber- und Markenrecht spezialisierte Rechtsanwältin, wird es in einem Verfahren um markenrechtliche und urheberrechtliche Unterlassungsansprüche vor allem um die Frage gehen, ob den Unternehmen durch die abgebildeten Fotos der Kreuzfahrtschiffe „eine Nähe zu den politischen Aussagen der AfD unterstellt“ wird. Für ein Gericht sei also zu entscheiden, ob bei Ansicht des Kalenders klar sei, „dass es sich um eine politische Aussage nur der AfD handelt und die Unternehmen damit letztendlich nichts zu tun haben.“ Dies nachzuweisen, dürfte für die AfD-Fraktion Senftenberg aber schwer sein. Die AfD-Fraktion wollte sich inhaltlich nicht zu Fragen zum Kalender äußern, da dies „zeitnah“ wegen der bevorstehenden Wahlen nicht möglich sei. Zudem sei der Kalender satirisch gemeint.
Foto: Bereits erschienen, der Abschiebekalender mit Flugzeugen (c) AfD