Magdeburg. Der Ausbau erneuerbarer Energien wird sich für die Kommunen in Sachsen-Anhalt in Zukunft endlich finanziell auszahlen. Das Kabinett hat am Dienstag das Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz beschlossen, das Energieminister Prof. Dr. Armin Willingmann (Foto) vorgelegt hatte. Es sieht vor, dass Betreiber neuer Windkraftanlagen sechs Euro je Kilowatt Nennleistung an Kommunen zahlen müssen. Für neue Photovoltaik-Freiflächenanlagen werden drei Euro je Kilowatt Nennleistung fällig. Bei Windkraftanlagen mit einer Leistung von fünf Megawatt können die Kommunen mit jährlichen Erträgen von 30.000 Euro pro Anlage rechnen, bei PV-Freiflächenanlagen mit einem Megawatt-Peak würden 3.000 Euro anfallen.
„Das Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz zeichnet sich dadurch aus, dass es zielgerichtet, bewusst einfach verständlich und unbürokratisch konzipiert ist“, erklärte Willingmann. „Kommunale Akteure können künftig relativ leicht ermitteln, welche finanziellen Einnahmen mit Windkraft- und PV-Projekten in ihren Gemeinden verbunden sein werden. Sie können damit den finanziellen Mehrwert für ihre Gemeinde erkennen und nutzbar machen. Deshalb bin ich optimistisch, dass wir mit dem neuen Gesetz die breite gesellschaftliche Akzeptanz für den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien in Sachsen-Anhalt nachhaltig stärken können. Das Land wird in Zukunft nicht nur ein bundesweiter Vorreiter beim Ausbau der Erneuerbaren sein, sondern auch Maßstäbe bei der finanziellen Beteiligung an Zukunftsenergien setzen.“
Der Minister geht davon aus, dass der Landtag bereits kommende Woche erstmals zum Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz beraten wird. Die geplanten Zahlungspflichten sollen für Betreiber von Anlagen gelten, die nach Inkrafttreten des Gesetzes errichtet wurden. Sie gelten dann aber auch für Repowering-Anlagen, also jene Anlagen, die nach einer gewissen Zeit modernisiert werden. Ausgenommen sind aktuell Bestandsanlagen, da die rechtlich problematische Rückwirkung des Gesetzes vermieden werden soll. Den Betreibern steht es frei, über die Gewinnabschöpfung hinausgehende Zahlungen zu leisten. Anspruchsberechtigt sind Gemeinden im Umkreis von 2,5 Kilometern. Liegen in dem Gebiet mehrere Gemeinden, berechnet sich der Anspruch nach ihrem prozentualen Anteil. Bei PV-Anlagen sind die Gemeinden anspruchsberechtigt, auf deren Gebiet die Anlage steht.
Spielräume für Kommunen
Die Einnahmen können vonseiten der Kommunen zu unterschiedlichen Zwecken genutzt werden, sofern sie zur Steigerung der Akzeptanz für Erneuerbare Energien beitragen. Dazu zählen unter anderem die Aufwertung des Ortsbildes, die Sanierung kommunaler Gebäude oder die Finanzierung kommunaler Bauleitplanungen im Bereich erneuerbarer Energien. Damit die Einnahmen in Einheitsgemeinden den unmittelbar betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern vor Ort zugutekommen, soll die Hälfte der Erträge in den unmittelbar betroffenen Ortsteilen eingesetzt werden. Auch können die Kommunen die Mittel an ihre Einwohnerinnen und Einwohner weitergeben. Bei der Ermittlung der Finanzausgleichsmasse sowie der Kreis- und Verbandsgemeindeumlage nach dem Finanzausgleichsgesetz werden die Erträge aus den erneuerbaren Energien nicht berücksichtigt. Im Anhörungsverfahren habe es bereits viel Zuspruch gegeben, betonte Willingmann. „Wir räumen den Kommunen große Spielräume ein, die Erträge zur Steigerung der Akzeptanz für erneuerbare Energien zu nutzen.“
Bundesweit drei Beteiligungsgesetze in Kraft
Bundesweit sind Beteiligungsgesetze aktuell in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg aus den Jahren vor 2020 sowie Nordrhein-Westfalen in Kraft; die Regelungen in Mecklenburg-Vorpommern (2017) und Brandenburg (2019) werden aktuell jedoch grundlegend überarbeitet. Neben Sachsen-Anhalt planen die Länder Thüringen, Sachsen, Niedersachsen und Saarland entsprechende Gesetze einzuführen. Bundesweit einheitliche verbindliche Regelungen zur finanziellen Beteiligung hatte das Bundeswirtschaftsministerium aus verfassungsrechtlichen Gründen abgelehnt. Willingmann hält dies nicht für stichhaltig und bedauert den Rückzug des Bundeswirtschaftsministeriums aus der Verantwortung für eine bundesweite Regelung. „Angesichts dieser Situation und unserer Diskussionen in der Energieministerkonferenz in 2023 gehe ich davon aus, dass mittelfristig alle Bundesländer auf verbindliche Beteiligungsmodelle setzen“, erklärte Willingmann weiter.
Ausbau erneuerbarer Energien nimmt Fahrt auf
Aktuell sind in Sachsen-Anhalt rund 2.760 Windkraftanlagen mit 5.320 Megawatt in Betrieb, damit belegt das Land Platz 5 im Bundesländer-Ranking. Bis zum Jahr 2027 sind aktuell 119 neue Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 675 Megawatt (MW) in Planung. Im Bereich Solarenergie hat sich das Zubau-Tempo zuletzt verdreifacht. 2023 wurden landesweit mehr als 20.000 Anlagen installiert. Aktuell sind 73.270 Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von 4.161 Megawatt in Betrieb.
Text/Foto: Staatskanzlei und Ministerium für Kultur am 16. April 2024