657 Mio. Euro für besseren Hochwasserschutz / Willingmann: „Wasserrückhaltung und Schaffung von Überflutungsflächen werden wichtiger“
Das Umweltministerium plant, bis 2027 rund 657 Millionen Euro in die weitere Verbesserung des Hochwasserschutzes zu investieren. Grundlage dafür ist die neue Landesstrategie „Stabil im Klimawandel“, die Umweltminister Prof. Dr. Armin Willingmann heute dem Kabinett vorgelegt hat. Den Schwerpunkt bilden insgesamt 195 Maßnahmen; sie umfassen v.a. die weitere Sanierung und den Neubau von Deichanlagen sowie die Schaffung zusätzlicher Überflutungsflächen durch Rückverlegung von Deichen und die Errichtung steuerbarer Flutpolder im Rahmen des Maßnahmenprogramms „Fluss, Natur, Leben“. Die neue Strategie löst die bisherige Hochwasserschutzkonzeption des Landes ab und bündelt erstmals alle Aktivitäten und Maßnahmen des Landes zur Verringerung des Hochwasserrisikos.
Willingmann betonte: „Die Jahrhunderthochwasser 2002 und 2013 in Sachsen-Anhalt haben sich tief in unser kollektives Gedächtnis gebrannt. Das große Leid der Anwohner und die enormen Schäden haben dazu geführt, dass in der Folge der Hochwasserschutz im Land massiv gestärkt wurde. Diese Anstrengungen werden wir in den kommenden Jahren unvermindert fortsetzen und dabei natürlich auch die Erkenntnisse aus der Hochwasserkatastrophe 2021 an der Ahr einfließen lassen. Mit Blick auf den Klimawandel und dadurch zunehmende Extremwetterereignisse wie Starkregen oder Dürren nehmen wir beim Hochwasserschutz wichtige Neujustierungen vor. Die Deichsanierung bleibt unverändert wichtig, größere Bedeutung gewinnen daneben aber die Schaffung zusätzlicher Überflutungsflächen und die Wasserrückhaltung.“
In diesem Zusammenhang bekräftigte Willingmann seine Forderung zur Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden: „Bei allen Anstrengungen zum Hochwasserschutz bleibt immer ein Restrisiko, das durch den Klimawandel noch steigt. Daher ist die Bundesregierung gefragt, schnellstmöglich einen Vorschlag für das Modell einer verpflichtenden und bezahlbaren Solidarversicherung vorzulegen, damit noch mehr Menschen vorsorgen können Gleichzeitig werden wir unsere Bevölkerung weiterhin für die notwendige Eigenvorsorge sensibilisieren.“
Schwerpunkte der neuen Hochwasserstrategie „Stabil im Klimawandel“
Sanierung von Hochwasserschutzanlagen
Im Mittelpunkt steht weiterhin die Schaffung eines durchgängigen DIN-gerechten Deichschutzes in Sachsen-Anhalt. Bis 2027 sind für 103 Maßnahmen zur Sanierung und dem Neubau von Deichen sowie zur Schließung von Fehlstellen im bestehenden Hochwasserschutzsystem insgesamt knapp 384 Millionen Euro vorgesehen. Zu den bedeutsamsten Vorhaben gehören der Hochwasserschutz an der Ilse in Ilsenburg, an der Weißen Elster in Zeitz und an der unteren Selke sowie die Beseitigung von Hochwasserschäden an den rechten und linken Saaledeichen und in den Magdeburger Orts- bzw. Stadtteilen Randau-Calenberge, Kreuzhorst, Prester und Cracau. Die Deiche in Sachsen-Anhalt haben eine Gesamtlänge von rund 1.368 Kilometern. Davon besteht aktuell auf 241,9 Kilometern Anpassungs- bzw. Sanierungsbedarf; hinzu kommen 116,5 Kilometer Deiche, die dringend sanierungsbedürftig bzw. nicht standsicher sind.
Schaffung von Überflutungsflächen
Die Umsetzung großräumiger Retentionsmaßnahmen durch Deichrückverlegungen und Errichtung von Flutpoldern gewinnt in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung. Bis 2027 sollen in 21 Maßnahmen insgesamt rund 59,2 Millionen Euro investiert werden. Davon profitieren Hochwasserschutz und die Umwelt gleichermaßen: Einerseits entstehen zusätzliche Puffer bei extremen Hochwasserereignissen und andererseits kann die Neubelebung von Auenstrukturen den Wasserrückhalt stärken, wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen schaffen und damit einen wichtigen Beitrag für die Anpassung an den Klimawandel leisten.
Verbesserung der Hochwasservorhersage
Eine möglichst frühzeige Warnung vor Hochwasserereignissen schützt Leib und Leben sowie verringert Schäden. Daher wird in die Modernisierung der Hochwasservorhersagezentrale sowie den Ausbau der Pegelsysteme investiert: Im Zeitraum bis 2027 sind hierfür rund 7,8 Millionen Euro eingeplant.
Förderung von Starkregenrisikomanagement und Hochwasserschutz der Kommunen
Maßnahmen der Kommunen zum Starkregen- und Hochwasserrisikomanagement sollen von 2023 an finanziell unterstützt werden. Dazu wird über das Programm „KLIMA III“ eine neue Förderrichtlinie im Volumen von 25 Millionen Euro aufgelegt. Um die Resilienz der Kommunen gegenüber Starkregen und Sturzfluten zu stärken, ist zusätzlich eine umfangreiche Informationskampagne vorgesehen.
Weitere Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Wissenschaft
Hochwasserschutz ist mit komplexen Fragestellungen verbunden, die durch den Klimawandel noch verstärkt werden. Daher soll der wissenschaftliche Austausch zur Zukunftssicherheit der bestehenden Schutzsysteme intensiviert werden, um langfristige Handlungsszenarien und Zukunftsstrategien erarbeiten zu können.
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