KfW-ifo-Mittelstandsbarometer: EingetrĂŒbte Stimmung zu Beginn des 2. Halbjahrs

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  • MittelstĂ€ndisches GeschĂ€ftsklima sinkt das dritte Mal in Folge
  • Lageurteile geben stĂ€rker nach als GeschĂ€ftserwartungen
  • Stimmung in den Großunternehmen dagegen stabil
  • Die konjunkturelle HĂ€ngepartie geht weiter

Der Einstieg in die 2. HĂ€lfte des Jahres ist stimmungsmĂ€ĂŸig misslungen. Das mittelstĂ€ndische GeschĂ€ftsklima sinkt im Juli gegenĂŒber Juni deutlich um 4,4 ZĂ€hler auf jetzt -16,1 Saldenpunkte. Das ist der niedrigste Wert des Klimaindikators seit November letzten Jahres und bereits der dritte RĂŒckgang in Folge. Anders als in den Vormonaten geben diesmal die GeschĂ€ftslageurteile stĂ€rker nach als die Erwartungen:

Sie fallen krĂ€ftig um 5,1 ZĂ€hler auf jetzt -6,1 Saldenpunkte und damit noch tiefer unter die Nulllinie, die fĂŒr den langfristigen Durchschnitt steht. WĂ€hrend die inflationsbedingten Kaufkraftverluste allmĂ€hlich abebben, kommt der globale geldpolitische Restriktionskurs offenbar immer stĂ€rker in der Realwirtschaft an. Die GeschĂ€ftserwartungen sinken nach den vorangegangenen EinbrĂŒchen um weitere 3,8 ZĂ€hler auf -25,2 Saldenpunkte. Der Blick in die Zukunft ist inzwischen von Ă€hnlich viel Pessimismus geprĂ€gt wie Ende 2022, als die Unternehmen die akute Sorge vor einer Energiekrise umtrieb.

Die Stimmungsverschlechterung zieht sich im Juli durch alle Hauptwirtschaftsbereiche. Bei den Dienstleistungen gibt das GeschĂ€ftsklima um 2,4 ZĂ€hler auf jetzt -5,8 Saldenpunkte nach. Mit -2,6 ZĂ€hlern bewegt sich der RĂŒckgang im Verarbeitenden Gewerbe in einer Ă€hnlichen GrĂ¶ĂŸenordnung. Etwas ausgeprĂ€gter ist die EintrĂŒbung bei den EinzelhĂ€ndlern (-3,4 ZĂ€hler auf -17,4 Saldenpunkte). Die auf hohem Niveau nachgebende Inflationsrate lĂ€sst zusammen mit den absehbaren Reallohnsteigerungen aber auf Besserung beim Konsum und damit auch fĂŒr den Einzelhandel hoffen. Die krĂ€ftigsten Klimaverschlechterungen berichten der Großhandel (-4,1 ZĂ€hler auf -29,7 Saldenpunkte) und der Bau (-5,2 ZĂ€hler auf -21,2 Saldenpunkte), dem die gestiegenen Finanzierungskosten besonders zu schaffen machen.

Anders als im Mittelstand ist die Stimmung bei den Großunternehmen im Juli stabil (-0,2 ZĂ€hler auf -25,8 Saldenpunkte). Dahinter steht eine leichte Verbesserung der GeschĂ€ftserwartungen (+1,8 ZĂ€hler auf -33,0 Saldenpunkte), die die AbwĂ€rtskorrektur der GeschĂ€ftslageurteile (-2,8 ZĂ€hler auf -18,1 Saldenpunkte) fast kompensiert. Die Großunternehmen des Verarbeitenden Gewerbes und des Einzelhandels berichten sogar von einer Verbesserung ihres GeschĂ€ftsklimas im Vergleich zum Juni.

Die konjunkturelle SchwĂ€chephase macht sich inzwischen auch bei den BeschĂ€ftigungserwartungen bemerkbar. Erstmals seit Februar 2021 fallen diese in beiden UnternehmensgrĂ¶ĂŸenklassen nun wieder unter die Nulllinie (MittelstĂ€ndler: -2,1 ZĂ€hler auf -1,8 Saldenpunkte; Großunternehmen: -3,5 ZĂ€hler auf -6,2 Saldenpunkte). Angesichts zunehmend knapper FachkrĂ€fte ist es gleichwohl sehr unwahrscheinlich, dass sich die Unternehmen in nennenswertem Umfang von BeschĂ€ftigten trennen.

Die Chefvolkswirtin der KfW, Dr. Fritzi Köhler-Geib (Foto), sagt: „Der vorsichtige Optimismus aus dem FrĂŒhjahr, dass die deutsche Wirtschaft nach der technischen Rezession im Winterhalbjahr 2022/2023 wieder etwas Fahrt aufnehmen kann, hat sich verflĂŒchtigt. Laut Schnellmeldung von Destatis stagnierte das BIP im zweiten Quartal. Die konjunkturelle HĂ€ngepartie geht vorerst weiter. Die Wirtschaft bewegt sich zur Mitte des Jahres im konjunkturellen Niemandsland zwischen schwacher Rezession und kraftloser Erholung.

EnttĂ€uscht hat bislang vor allem die Industrie, denn trotz schwindender Lieferkettenprobleme tritt die Produktion weiter auf der Stelle. Die noch immer ĂŒberdurchschnittlich hohen AuftragsbestĂ€nde dĂŒrften aber auch in den kommenden Monaten zumindest fĂŒr eine gewisse StabilitĂ€t im Verarbeitenden Gewerbe sorgen. Positive Impulse könnten vom Konsum kommen, der im zweiten Quartal seine Talfahrt beendete. Der nachlassende Inflationsdruck, die annĂ€hernd stabile BeschĂ€ftigung sowie die spĂŒrbar steigenden Löhne werden in den kommenden Monaten die Kaufkraft der Privathaushalte weiter stĂ€rken. Alles in allem sind in den kommenden Quartalen jedoch bestenfalls kleine Schritte in Richtung Konjunkturerholung drin: Eine positive Wachstumsrate im Gesamtjahr 2023 ist inzwischen außer Reichweite.“

Das aktuelle KfW-ifo-Mittelstandsbarometer ist abrufbar unter: www.kfw.de/mittelstandsbarometer

Text/Foto: KfW