Die Situation in den Kinderkliniken in Deutschland ist dramatisch. Auch die gesetzlichen Änderungen können nur wenig zur Verbesserung beitragen. Das ist das Ergebnis einer Blitzumfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Besonders dramatisch ist die Situation in den Kliniken auch deshalb, weil der niedergelassene Bereich ebenfalls unter Personalengpässen und hoher Belastung leidet und daher nicht mehr Patientinnen und Patienten aufnehmen kann. Viele Eltern weichen daher in die Notaufnahmen der Krankenhäuser aus, so die Umfrage.
Wir erleben gerade, dass alle Bereiche der Gesundheitsversorgung an ihre Grenzen stoßen. Niedergelassene Ärzte haben ihre Kapazitäten ausgeschöpft und sind durch Krankheitsfälle zusätzlich beeinträchtigt. Dasselbe gilt für die Krankenhäuser, deren Betten knapp werden und die die Überlastung des niedergelassenen Bereichs kaum noch ausgleichen können. In fast jedem Krankenhaus mit Kinder-Notfallaufnahme hat sich ihre Auslastung seit Beginn der aktuellen RSV-Infektionswelle verändert. In jeweils rund einem Drittel der Notfallaufnahmen ist die Auslastung um 20 bis 40 bzw. um 40 bis 60 Prozent gestiegen. In 18 Prozent der Einrichtungen ist die Auslastung noch deutlicher angestiegen.
Die Aufgabe der Gesundheitspolitik ist klar: Wir müssen alle Bereiche stärken, gerade in der Kinder- und Jugendmedizin und der Geburtshilfe. Die nun vorgesehenen Finanzspritzen für diese Bereiche kommen bei den Kliniken an und werden auch positiv gesehen. Allerdings können sie die Probleme nicht nachhaltig lösen. Das liegt auch daran, dass die vorgesehenen rund 400 Millionen den Krankenhäusern an anderer Stelle über den DRG-Katalog weggenommen wurden, um sie dann „großzügig“ neu zu verteilen. Rund zwei Drittel der Kliniken erwarten deshalb von den Finanzspritzen keine oder nur geringfügige Verbesserung. Um ihre Versorgung langfristig und nachhaltig sichern und ausbauen zu können, wünschen sich die Kinderkliniken leistungsunabhängige Finanzierungsmodelle über die bestehenden Unterstützungen hinaus.
„Die Situation in den Kinderkliniken zeigt, dass es nicht ausreicht, Mittel im Krankenhaussystem nur umzuverteilen. Geld zu verteilen, das vorher an anderer Stelle abgezogen wurde, wird kaum helfen, die Versorgung der kleinen Patientinnen und Patienten nachhaltig und langfristig zu sichern. Wir sehen auch, dass den Krankenhäusern in Zukunft eine größere Bedeutung in der ambulanten Versorgung zukommen muss, nicht nur, weil im niedergelassenen Bereich die Kapazitätsgrenze erreicht ist. In der Kinderheilkunde knirscht es gerade überall, egal ob im stationären oder im niedergelassenen Bereich“, erklärt der Vorstandsvorsitzende der DKG, Dr. Gerald Gaß (Foto).
Die Umfrage macht auch deutlich, dass sich nicht einfach Personal aus den Erwachsenenstationen in die Kinderkliniken umschichten lässt. Gerade in der Kinderversorgung benötigen wir hochspezialisierte kompetente Fachkräfte. 85 Prozent der Befragten halten es medizinisch und organisatorisch nicht für sinnvoll, Personal von Erwachsenenstationen für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen einzusetzen. Deshalb ist es wichtig, den Kliniken jetzt möglichst viel Flexibilität zu geben, damit sie die Versorgung sicherstellen können. Die Mehrheit der Kinderkliniken spricht sich dabei gegen die starren Personaluntergrenzen aus, um die Versorgung am tatsächlichen Pflegebedarf der kleinen Patientinnen und Patienten ausrichten zu können.
Foto: Dr. Gerald Gaß (c) DKG