Das VG Augsburg hat der Klage eines Polizeibeamten stattgegeben und den Freistaat Bayern verpflichtet, die Corona-Infektion des Polizeibeamten als Dienstunfall anzuerkennen.
Inzwischen liegen die schriftlichen UrteilsgrĂŒnde vor und wurden den Verfahrensbeteiligten zugestellt.
Der KlĂ€ger, ein Polizeibeamter der Bayerischen Polizei, nahm ab dem 9. MĂ€rz 2020 an einem SportĂŒbungsleiterlehrgang auf dem GelĂ€nde der Bereitschaftspolizeiabteilung in EichstĂ€tt teil. Am 11. MĂ€rz 2020 meldete sich ein ebenfalls an dem Lehrgang teilnehmender Kollege krank. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass der Kollege an Covid-19 erkrankt war. Der KlĂ€ger fuhr am 13. MĂ€rz 2020 zum Wochenende nach Hause und verspĂŒrte in der Nacht vom 14. auf den 15. MĂ€rz 2020 grippeĂ€hnliche Symptome (Fieber, Kopfschmerzen, Erbrechen, Durchfall). Ein am 16. MĂ€rz 2020 durchgefĂŒhrter PCR-Test ergab beim KlĂ€ger einen positiven Befund hinsichtlich einer Covid-19 Erkrankung. Von den insgesamt 21 Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Lehrgangs erkrankten 19 an Covid-19. Der Lehrgang wurde am 16. MĂ€rz 2020 abgebrochen.
Am 25. Mai 2020 beantragte der KlĂ€ger beim Freistaat Bayern (Landesamt fĂŒr Finanzen) die Anerkennung als Dienstunfall. Diesen Antrag lehnte das Landesamt fĂŒr Finanzen mit Bescheid vom 15. Juli 2020 mit der BegrĂŒndung ab, dass kein plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares Unfallereignis erkennbar sei. Ein Zeitraum von mehreren Tagen des Aufenthalts am Lehrgangsort, wĂ€hrend dem eine Ansteckung möglich gewesen sei, sei nicht ausreichend. Die Voraussetzungen fĂŒr die Anerkennung einer Berufskrankheit lĂ€gen ebenfalls nicht vor, weil dafĂŒr eine allgemeine Ansteckungsgefahr wĂ€hrend eines Lehrgangs nicht genĂŒge.
Gegen diesen ablehnenden Bescheid erhob der KlĂ€ger am 13. August 2020 Widerspruch, den das Landesamt fĂŒr Finanzen am 26. Oktober 2020 zurĂŒckwies.
Daraufhin lieà der KlÀger durch seinen BevollmÀchtigten am 25. November 2020 Klage beim Verwaltungsgericht Augsburg erheben. Das Verwaltungsgericht Augsburg gab der Klage des Polizeibeamten mit Urteil vom 21. Oktober 2021 statt und verpflichtete den Freistaat Bayern, die Corona-Infektion des KlÀgers als Dienstunfall im Sinne von Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG anzuerkennen.
Zur BegrĂŒndung fĂŒhrt die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Augsburg aus, dass zwar kein Dienstunfall im Sinne von Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG vorliege, weil es an einem auf Ă€uĂerer Einwirkung beruhenden, plötzlichen, örtlich und zeitlich bestimmbaren, einen Körperschaden verursachenden Ereignis fehle, das in AusĂŒbung oder infolge des Dienstes eingetreten sei. Die Eingrenzbarkeit des Zeitraums der Infektion mit dem Coronavirus wĂ€hrend der Lehrgangswoche vom 9. bis 13. MĂ€rz 2020 reiche hierfĂŒr nicht aus. Der KlĂ€ger habe jedoch einen Anspruch auf Anerkennung der Covid-19 Erkrankung als Dienstunfall im Sinne von Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG (Berufskrankheit als Dienstunfall). Die Voraussetzungen fĂŒr das Vorliegen einer Berufskrankheit seien in diesem besonderen Einzelfall erfĂŒllt. Der KlĂ€ger sei durch seine dienstliche Teilnahme am SportĂŒbungsleiterlehrgang einer besonderen Gefahr der Erkrankung ausgesetzt gewesen. WĂ€hrend des Lehrgangs hĂ€tten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer â im Wesentlichen in der Halle bzw. im Schwimmbad â intensiv Sport getrieben. Das GelĂ€nde der Bereitschaftspolizei habe der KlĂ€ger auch am Abend nicht verlassen. Ausschlaggebend sei auch, dass von 21 Teilnehmerinnen und Teilnehmern 19 an Covid-19 erkrankt seien. DarĂŒber hinaus bestĂŒnden keine Anhaltspunkte fĂŒr eine Ansteckung im privaten Umfeld.
Das Verwaltungsgericht Augsburg hat wegen der grundsĂ€tzlichen Bedeutung der Rechtssache die Berufung zugelassen. Daher kann der Freistaat Bayern gegen das Urteil innerhalb einer Frist von einem Monat ab Zustellung des vollstĂ€ndigen Urteils Berufung einlegen, ĂŒber die der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in MĂŒnchen entscheidet.
Quelle: Pressemitteilung des VG Augsburg v. 19.11.2021