Magdeburg. Wer sich die Vorher-Nachher-Röntgenbilder der jungen Frau anschaut, kann es kaum glauben: Vor der OP war die Wirbelsäule derart unnatürlich verdreht, dass es aussah, als würde eine Schlange aus Wirbelkörpern recht willkürlich durch den Körper ziehen. Was müssen das für Schmerzen sein? Der aufrechte Gang? Unmöglich. „Solche extremen Verformungen entstehen bei Kindern vor allem zwischen dem zehnten und achtzehnten Lebensjahr“, erklärt Katharina Meiler (Foto), Oberärztin in der Klinik für Orthopädie. Die Klinik von Chefarzt Prof. Dr. Jörg Franke ist eine der wenigen in ganz Sachsen-Anhalt, die derartig extreme „Skoliosen“, wie der Fachbegriff heißt, ausgleichen kann.
Dazu wird in einer aufwendigen Operation die Wirbelsäule neu gerichtet. Dies geschieht mittels eines komplexen Systems aus Schrauben in den Wirbeln, über Stäbe verbunden, die dauerhaft im Körper verbleiben müssen, aber keine Beschwerden verursachen. „Ganz im Gegenteil, nach dem Eingriff haben die Betroffenen eine ganz neue Lebensqualität“, erklärt Oberärztin Meiler. Anspruchsvoll ist so eine Operation vor allem deshalb, weil die Operateur:innen während des Ausjustierens viele Achsen und Drehungen des Körper bedenken müssen. „Ein Körper ist ja wie ein Gerüst: Wenn ich an der einen Stelle etwas verändere, hat das immer auch Auswirkungen auf die Abmessungen und Spannungen an anderer Stelle“, erklärt Oberärztin Meiler.
Eine solche mehrstündige OP sei aber immer auch nur die letzte Möglichkeit der Therapie. Davor versuchen die Magdeburger Spezialist:innen alles, was an konservativen Ansätzen möglich ist. So müssen von den etwa 200 Kindern und Jugendlichen, die jährlich in die Skoliose-Sprechstunde des klinikeigenen Medizinischen Versorgungszentrums und die Fachambulanz im Haus kommen, auch nur fünf bis sechs tatsächlich operiert werden. Je nach Grad der Verformung der Wirbelsäule kommen verschiedene Maßnahmen zur Anwendung.
Bei einer Krümmung von bis zu 20 Grad kann zunächst nur mit Physiotherapie geübt werden. Zwischen 20 und 40 Grad raten die Expert:innen zusätzlich zu maßgefertigten Korsetts, die bis zum Abschluss des Knochenwachstums zu tragen sind. Das empfinden natürlich gerade Jugendliche als eher lästig. Aber es muss leider sein. Erst ab einer Verformung über 45 Grad oder einer schnellen Verschlechterung in den Verlaufskontrollen wird die Operation empfohlen.
Eigens dafür haben die Orthopäden im Magdeburger Klinikum einen strukturierten Behandlungspfad. Die Planungen der Eingriffe erfolgen zudem in enger Abstimmung mit den Chefärzt:innen der Anästhesie und Intensivmedizin, Dr. Christiana Hesse und Prof. Dr. Martin Sauer, sowie den Ärzt:innen der Klinik für Kinder und Jugendmedizin unter Leitung von Dr. Matthias Heiduk.
Die Orthopädie ist darüber hinaus Mitglied im bundesweiten Skoliose-Netzwerk und beteiligt sich an einer großen Deformitäten-Studie, die den Magdeburgern übrigens gute Ergebnisse bescheinigt.
Bildquelle: Klinikum Magdeburg