Berlin. Trotz massiver Kritik von Medizinern, Juristen und der Polizei hat der Bundestag heute das umstrittene Cannabis-Gesetz beschlossen. Durch das neue Gesetz sind der Besitz und Konsum der berauschenden Droge in Zukunft weitgehend straffrei. Woher das Cannabis kommen soll, hat der Gesetzgeber allerdings nur unzureichend geregelt. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) befĂŒrchtet deshalb, dass sich der zu erwartende Cannabis-Boom zu einem wahren Konjunkturprogramm zur Förderung der Organisierten KriminalitĂ€t entwickeln wird. Die GdP fordert, dass das umstrittene Gesetz im Bundesrat korrigiert wird, bevor es in Kraft tritt.
âDas Gesetz sendet Konsumanreize mit erheblichen Auswirkungen. Die Idee des Gesetzgebers, Cannabis in Zukunft selbst anzubauen oder sich ĂŒber Anbauvereine damit zu versorgen, ist reines Wunschdenkenâ, kritisiert der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Alexander Poitz (Foto). âWenn der Staat den Cannabis-Konsum schon freigeben will, hĂ€tte er auch klĂ€ren mĂŒssen, woher das Cannabis kommt. Genau das hat der Gesetzgeber aber versĂ€umt. Der Preis und die Nachfrage werden das Angebot bestimmen. Genau darauf wird sich die Organisierte KriminalitĂ€t einstellenâ, fĂŒrchtet Poitz.
Massiven Handlungsbedarf sieht die GdP auch bei der Durchsetzung und Kontrolle der neuen Regeln. âNicht einmal bei der Frage, ab welchem Abstand zu Schulen und KindergĂ€rten Cannabis in Zukunft konsumiert werden darf, haben sich die Regierungsparteien auf eine praktikable Regelung einigen könnenâ, kritisiert der stellvertretende GdP-Vorsitzende. âEindeutige Regeln schaffen Sicherheit fĂŒr die Bevölkerung und die Sicherheitsbehörden. Die jetzt getroffene Formulierung âin Sichtweiteâ lĂ€sst dagegen alles offen. Wann und wie die Polizei einschreiten sollen, ist völlig unklar.â Auch bei der Frage, wie ein Anstieg der unter Einfluss berauschender Mittel wie Cannabis verursachten VerkehrsunfĂ€lle verhindert werden kann, bleibt das vom Bundestag beschlossene Gesetz eine Antwort schuldig. âEs gibt noch nicht einmal ein PrĂ€ventionskonzept dafĂŒr. Dabei gehören der Konsum berauschender Mittel und Autofahren einfach nicht zusammen!â, sagt Poitz.
Aus Sicht der GdP darf das neue Gesetz deshalb zum 1. April so nicht in Kraft treten. âVor der Legalisierung des privaten Cannabis-Konsums mĂŒssen erst alle damit zusammenhĂ€ngenden Fragen geklĂ€rt sein, sonst schaffen wir neue Probleme, die wir spĂ€ter nicht mehr lösen könnenâ, warnt die GdP. Zudem sind Ăbergangsfristen erforderlich, damit sich Polizei, Zoll, Justizbehörden und JugendĂ€mter auf die neue Gesetzeslage vorbereiten können. Sonst laufen selbst die wenigen im Cannabis-Gesetz enthaltenen SchutzmaĂnahmen ins Leere.
Foto: Alexander Poitz (c) Kay Herschelmann