KVSA: „Ein verheerendes Zeichen für die ambulante Versorgung“

Veröffentlicht in: Heute in Sachsen-Anhalt | 0

Magdeburg. „Die heute durch den Bundestag beschlossene Krankenhausreform ist ein verheerendes Zeichen für die Zukunft der flächendeckenden, wohnortnahen ambulanten Versorgung in Deutschland“, kontert Dr. Jörg Böhme (Foto), Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt, den Worten von Bundesgesundheitsminister Lauterbach, der das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz als starkes Signal für die Zukunft der stationären Versorgung in Deutschland sieht.

Dass eine Krankenhausreform längst überfällig ist, sei unbestritten, betont Dr. Böhme. Doch wenn eine Stärkung der Krankenhäuser unter anderem bedeute, dass sie hausärztliche und fachärztliche ambulante Versorgung übernehmen dürfen, werde  der stationäre Bereich  auf Kosten der ambulanten Versorgung gestärkt. Und das Ganze auch noch gestützt durch Steuermittel der Länder und aus dem Gesundheitsfonds. Das sei so nicht hinnehmbar, beide Bereiche bedingen und brauchen einander. 570 Millionen ambulante Behandlungsfälle pro Jahr stehen 20 Millionen stationären Behandlungsfällen gegenüber. „Angesichts dieser Zahlen nur die Krankenhäuser zukunftssicher machen zu wollen, ist ein Fehler von nicht abschätzbarem Maße. Die Praxen sind es, die die Krankenhäuser vor Überlastung schützen beziehungsweise in Regionen, in denen es keine Krankenhäuser mehr gibt, die medizinische Versorgung sicherstellen“, so der KVSA-Vorstandsvorsitzende und fügt im gleichen Atemzug hinzu: „Aber was wundert es: Der Bundesgesundheitsminister scheint weiterhin auf dem ambulanten Auge blind zu sein. Sämtliche Argumente unsererseits werden ignoriert.“

Zusätzlich soll die Notfallversorgung an den Krankenhäusern durch Integrierte Notfallzentren (INZ) entlastet werden – unter anderem auch besetzt durch ambulant tätige Haus- und Fachärzte. Akutfälle sollen rund um die Uhr und flächendeckend telefonisch oder per Videosprechstunde sowie durch Hausbesuche beraten und behandelt werden. So sieht es der Entwurf der Notfallreform vor. „Doch der Arzt kann entweder in der Notfallpraxis oder in seiner Praxis tätig sein. Das bedeutet: Es wird weniger Haus- und Facharzttermine geben, wenn die Ärzte zeitgleich in der Notfallversorgung gebunden sind. Dabei mangelt es jetzt schon an Arztzeit“, gibt Dr. Böhme zu bedenken und ist überzeugt, dass durch eine effizientere Patientensteuerung die Notfallambulanzen viel besser entlastet werden könnten. 

„Krankenhäuser sollen originär ambulante Leistungen erbringen können – Vertragsärzte  sollen zusätzlich zu ihrem Praxisalltag in aufsuchenden oder videogestützten Diensten verplant werden. Damit wird eine verlässliche und starke Säule in der medizinischen Versorgung ganz offenkundig durch Neustrukturierung enorm geschwächt. Ist das Ihr erklärtes Ziel, Herr Bundesgesundheitsminister“, fragt Dr. Böhme.

Foto: KVSA-Vorstandsvorsitzender Dr. Jörg Böhme. © KVSA / Rayk Weber