Staatssekretär Böhm besucht Gedenkstätte für NS-Opfer in Bernburg
Bildungsstaatssekretär Jürgen Böhm hat heute gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der Gemeinschaftsschule „Ernst Wille“ Magdeburg die Gedenkstätte für Opfer der NS-„Euthanasie“ Bernburg besucht.
Die Gedenkstättenfahrt konnte durch eine Vollfinanzierung der Landeszentrale für politische Bildung (LpB) ermöglicht werden.
Bildungsstaatssekretär Jürgen Böhm (Foto): „Ein Gedenkstättenbesuch ist mehr als nur Geschichtsunterricht. Hier erfahren junge Menschen, welche Folgen Ausgrenzung, Hass und Intoleranz haben können. Das Bewusstsein für diese Themen ist eine zentrale Grundlage für ein verantwortungsvolles Miteinander in unserer Gesellschaft.“
Im Rahmen der Veranstaltung setzten sich die Schülerinnen und Schüler in Workshops und Führungen intensiv mit den Schicksalen der Opfer auseinander. Dabei stand nicht nur die Vermittlung historischer Fakten im Mittelpunkt, sondern auch die Frage, welche Lehren sich für das heutige gesellschaftliche Zusammenleben ziehen lassen. Die Jugendlichen zeigten sich tief bewegt und reflektierten darüber, wie die Erfahrungen der Vergangenheit in ihrem eigenen Leben relevant sein können.
„Nur, wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft gestalten“, erklärte Staatssekretär Böhm abschließend. „Wir brauchen engagierte junge Menschen, die für eine demokratische und tolerante Gesellschaft eintreten.“
Starkes Zeichen für historische und politische Bildung
Das Land Sachsen-Anhalt setzt mit der Vollfinanzierung ein starkes Zeichen für die historische und politische Bildung: Bereits seit 2014 werden Fahrten zu Gedenkstätten der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt für allgemeinbildende und berufsbildende Schulen vollständig finanziert. Mit dieser Förderung wird sichergestellt, dass jede Schülerin und jeder Schüler die Möglichkeit erhält, sich aktiv mit der deutschen Geschichte auseinander-zusetzen.
Ausweitung des Angebots
In diesem Jahr wurde das Angebot durch die Aufnahme zweier weiterer Einrichtungen erweitert: das Berend Lehmann-Museum in Halberstadt und das Museum Synagoge Gröbzig. Die Aufnahme dieser Museen erfolgte in Gedenken an zwei bedeutsame historische Jahrestage: 85 Jahre seit Beginn des Zweiten Weltkriegs und 80 Jahre seit dem Ende des Krieges. Auch im kommenden Jahr werden diese Einrichtungen weiterhin Teil des Programms bleiben.
Zunehmende Nachfrage
Der Direktor der LpB, Maik Reichel, erklärte: „Gedenkstättenbesuche sind ein wichtiger Teil unserer Erinnerungskultur. Deshalb möchten wir die Schulen dabei unterstützen, den Schülerinnen und Schülern solche Fahrten in Gedenkstätten des Landes zu ermöglichen.“ Dass es hier eine große Nachfrage gebe, zeigten die Zahlen der vergangenen vier Jahre. Seit dem coronabedingten Rückgang im Jahr 2021 auf 40 Fahrten sei die Zahl seither wieder kontinuierlich gestiegen:
2022 103 Fahrten
2023 149 Fahrten
2024 172 Fahrten
Für das kommend Jahr lägen bereits jetzt 41 Anträge vor – so viel wie nie zuvor.
Darüber hinaus wurden im abgelaufenen Jahr weitere 65 Studienfahrten zu Gedenkstätten außerhalb des Landes Sachsen-Anhalt organisiert (Buchenwald, Sachsenhausen, Ravensbrück, Auschwitz, Mauthausen, Danzig u.a. sowie zu Gedenkstätten des 1. Weltkrieges), die von der Landeszentrale gefördert worden sind. Hinzu kommen 14 Studienfahrten durch Bundesmittel im Rahmen des Kinder- und Jugendhilfeplanes und aus Mitteln der Landeszentrale für politische Bildung (für Studienfahrten nach Ost- und Ostmitteleuropa). Auch hier zeige sich eine deutliche Steigerung zum Jahr 2023, so Reichel.
Bildungsauftrag ernst genommen
Der Landtag und das Bildungsministerium sind sich ihrer Verantwortung bewusst: „Jede Schülerin und jeder Schüler soll die Chance auf mindestens einen Gedenkstättenbesuch im Schulleben bekommen“, heißt es im Koalitionsvertrag. Diese Zielsetzung wird durch die kontinuierliche Ausweitung und Förderung der Gedenkstättenfahrten in Sachsen-Anhalt nachhaltig umgesetzt. Der Landtag hat der LpB für diese Vollfinanzierung mit dem laufenden Haushalt eine Summe von 125.000 Euro zur Verfügung gestellt.
Hintergrund zur Gedenkstätte für Opfer der NS-„Euthanasie“ Bernburg:
Auf dem Gelände des heutigen Fachklinikums Bernburg befand sich ab 1940 eine der sechs zentralen „Euthanasie“-Anstalten, in denen Menschen mit Gas getötet wurden. Rund 14.000 Patientinnen und Patienten aus Heil-und Pflegeanstalten sowie Häftlinge aus den Konzentrationslagern Buchenwald, Flossenbürg, Groß-Rosen, Neuengamme, Ravensbrück und Sachsenhausen starben in Bernburg. Im Spätsommer 1943 wurde die „Euthanasie“-Anstalt Bernburg geschlossen. Die baulichen Überreste der Vernichtungsanlage blieben zum Teil erhalten, darunter die Gaskammer.
Mittlerweile ist die Gedenkstätte ein Ort, an dem die Geschichten der Vergangenheit auf die Fragen der Gegenwart treffen. In Räumen, die früher zur Tötungsanstalt gehört haben, wird heute erinnert, gelernt und geforscht.
Stiftung Gedenkstättten in Sachsen-Anhalt
Zur Stiftung Gedenkstätten in Sachsen-Anhalt zählen neben der Gedenkstätte für Opfer der NS-„Euthanasie“ Bernburg die Gedenkstätte KZ Lichtenburg Prettin, die Gedenkstätte für die Opfer des KZ Langenstein-Zwieberge, die Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe Gardelegen, die Gedenkstätte ROTER OCHSE Halle (Saale), die Gedenkstätte Moritzplatz Magdeburg und die Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn mit dem Grenzdenkmal Hötensleben. Alle Einrichtungen verfügen über ein umfangreiches Bildungsangebot, insbesondere für Schulen.
Um Schulen bei der Organisation von Gedenkstättenfahrten zu unterstützen, bietet die Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt verschiedene Fördermöglichkeiten:
https://lpb.sachsen-anhalt.de/service/gedenkstaettenfahrten
Text/Foto: Ministerium für Bildung des Landes Sachsen-Anhalt am 18. Dezember 2024