Landesinnenministerin Zieschang will VerdÀchtige bis zu 35 Tage einsperren. Einen Vorschlag macht sie auch zur automatischen Erfassung von Kennzeichen an Autobahnen

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Sachsen-Anhalt: Mehr HĂ€rte bei Terrorgefahr (ots) – Die Polizei in Sachsen-Anhalt soll zum Verhindern von Verbrechen mehr Befugnisse bekommen. Dazu will Landesinnenministerin Tamara Zieschang (CDU) bis zum Jahresende eine Gesetzesnovelle vorlegen, wie sie der MZ ankĂŒndigte. Deutlich ausweiten will sie die Möglichkeit, potenzielle Terroristen bereits vorsorglich festzusetzen.

Derzeit darf der sogenannte Verhinderungsgewahrsam in Sachsen-Anhalt maximal vier Tage dauern und muss durch einen Richter angeordnet werden. Rechtlich gesehen handelt es sich nicht um eine Strafe, sondern um ein Instrument, um RechtsbrĂŒche im Voraus zu verhindern und drohende Gefahren abzuwehren. Zieschang will die zulĂ€ssige Frist von vier auf 14 Tage verlĂ€ngern, mit der Möglichkeit zur Ausweitung um weitere 14 und noch einmal sieben Tage, maximal also 35 Tage.

Zieschang betonte, diese Möglichkeit sei nicht zur Abwehr minderschwerer Vergehen vorgesehen. „Bei der geplanten zeitlichen Ausweitung des PrĂ€ventivgewahrsams geht es allein um die Verhinderung von terroristischen Straftaten, nicht um das Festsetzen von Klimaklebern“, sagte die Politikerin. Sie setzt sich damit von Bayern ab. Die Polizei dort hatte 2022 mehrere Klimaaktivisten prĂ€ventiv in Haft genommen. Nach dem bayerischen Polizeigesetz ist das bis zu zwei Monate lang zulĂ€ssig.

Die PlÀne zur GesetzesverschÀrfung sind eine Reaktion auf den Fall eines terrorverdÀchtigen Irakers aus dem vergangenen Winter. Der in Oschersleben (Landkreis Börde) lebende 20-JÀhrige soll PlÀne geschmiedet haben, auf dem Weihnachtsmarkt von Hannover Menschen mit einem Messer anzugreifen. Die Polizei setzte den Mann nicht an seinem Wohnort in Sachsen-Anhalt, sondern an seinem Arbeitsort im niedersÀchsischen Helmstedt fest. Nach MZ-Informationen geschah dies bewusst wegen der dortigen Möglichkeit eines lÀngeren Gewahrsams. Die jetzt von Zieschang vorgeschlagene Arrestdauer stammt aus dem niedersÀchsischen Polizeigesetz. Der Iraker wurde im Dezember aus dem Gewahrsam heraus in seine Heimat abgeschoben.

Direkt nach dem Vorfall hatte der SPD-Innenpolitiker RĂŒdiger Erben gefordert, die Regeln fĂŒr Verhinderungsgewahrsam aus Niedersachsen zu ĂŒbernehmen. Tamara Zieschang sprach sich damals sogar fĂŒr eine maximal zweimonatige Dauer aus, hat davon nun aber Abstand genommen.

In das Polizeigesetz aufnehmen will die Ministerin zudem die Möglich zum automatischen Erfassen von Autokennzeichen durch Kameras. Auch hier soll es um das Verhindern von Straftaten gehen. Bereits in zwölf BundeslĂ€ndern werde die Kennzeichenerfassung zur Gefahrenabwehr praktiziert, sagte Zieschang. „Es geht zum Beispiel darum, die Anreise von gewaltbereiten, teilweise international agierenden Hooligans zu verhindern.“ Mindestens auf Autobahnen, „vielleicht auch auf Bundesstraßen“ solle die Erfassung kommen. Dazu sei sie derzeit mit den Regierungsfraktionen im GesprĂ€ch. Bereits jetzt ĂŒbermittelt Sachsen-Anhalt Fahndungsdaten an die Erfassungssysteme anderer BundeslĂ€nder, etwa an Sachsen und Brandenburg.

Die Kennzeichenerfassung hat bereits mehrfach Gerichte beschÀftigt. In Brandenburg stufte das Landgericht Frankfurt/Oder 2022 die Praxis, sÀmtliche Fahrzeuge zu fotografieren und die Kennzeichen zeitlich unbegrenzt abzuspeichern, als unzulÀssig ein.

Das Verfahren greife „in erheblicher Weise in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein“, urteilte das Gericht. Durch die unbefristete Speicherung hĂ€tten die Behörden das Bewegungsverhalten von weiten Teilen der Bevölkerung nachvollziehen können. Geklagt hatte ein Mitglied der Piratenpartei.

Foto: Tamara Zieschang (CDU)