Halle (ots) – Sachsen-Anhalts schwarz-rot-gelbe Landesregierung plant massive KĂŒrzungen bei der PrĂ€vention von VerkehrsunfĂ€llen. Statt 1,2 Millionen Euro sind fĂŒr das kommende Jahr nur noch 382.000 Euro vorgesehen, im Jahr 2026 dann 419.000 Euro. Das berichtet die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung (Mittwochausgabe) unter Berufung auf die Verkehrswacht und das Landesverkehrsministerium. Die KĂŒrzung um rund zwei Drittel ist Teil des Haushaltsplanentwurfs, den die Landesregierung im September beschlossen hat. Das letzte Wort hat der Landtag.
Sachsen-Anhalt hat im VerhĂ€ltnis zur Bevölkerungszahl bundesweit die meisten Verkehrstoten. Im vergangenen Jahr kamen auf eine Million Einwohner 59 Menschen ums Leben, wĂ€hrend es im bundesweiten Durchschnitt 34 waren. Laut Koalitionsvertrag streben CDU, SPD und FDP die „Vision Zero“ an, also eine Zukunft ganz ohne Verkehrstote.
Von dem finanziellen Einschnitt direkt betroffen wĂ€re die Verkehrswacht Sachsen-Anhalt. Mit finanzieller UnterstĂŒtzung des Landes schult der Verein Kinder und andere Risikogruppen zum richtigen Verhalten im Verkehr. Nach eigenen Angaben organisiert die Verkehrswacht in Sachsen-Anhalt jĂ€hrlich mehr als 1.300 Aktionstage und erreicht damit mehr als 60.000 Kinder und Jugendliche.
Das Landesverkehrsministerium bestĂ€tigte die geplanten KĂŒrzungen auf MZ-Anfrage. Die Verkehrssicherheitsarbeit zĂ€hlte zwar „zu den Kernthemen“ des Ministeriums, sagte Ressortchefin Lydia HĂŒskens (FDP). Dennoch sei der Schritt unvermeidbar gewesen. Als Grund nennt HĂŒskens die erheblich gestiegenen Wohngeldzahlungen, die das Ministeriumsbudget belasteten. „Da es sich hierbei um gesetzliche Verpflichtungen handelt, waren wir leider gezwungen, in erheblichem Umfang an anderen Stellen zu sparen und auch in den Schwerpunktbereichen MittelkĂŒrzungen vorzunehmen.“ HĂŒskens rĂ€umte ein, dass die Verkehrswacht, sollte es bei den KĂŒrzungen bleiben, „vor groĂen Herausforderungen“ stĂŒnde.
Der Verband selbst befĂŒrchtet, dass er nach dem Jahreswechsel in kurzer Zeit zahlungsunfĂ€hig werden könnte. Denn auch beim Vorschuss fĂŒr 2025 steht eine drastische KĂŒrzung im Raum. Bislang hatte der Landtag fĂŒr den Fall, dass der Haushaltsplan bis zum Jahresbeginn noch nicht beschlossen ist, fĂŒr die ersten Monate eines Jahres stets 278.000 Euro bewilligt. Davon will das Land nun jedoch nur 16.700 Euro auszahlen, also sechs Prozent der Summe.
In einem Schreiben an HĂŒskens warnt der PrĂ€sident der Deutschen Verkehrswacht, Kurt Bodewig, vor einem Kollaps der Strukturen in Sachsen-Anhalt. „Ohne die Bewilligung der fĂŒr die Jahre 2025/2026 geplanten Landes-Zuwendungen wird die Landesverkehrswacht ihren Zahlungsverpflichtungen ab 2025 nicht mehr nachkommen können, damit droht die Insolvenz“, warnt Bodewig in dem der MZ vorliegenden Schreiben. Die gesamte technische AusrĂŒstung des Verbands wĂ€re ab diesem Moment nicht mehr nutzbar. Dabei geht es etwa um Fahrsimulatoren fĂŒr Autos, MotorrĂ€der und FahrrĂ€der.
Der PrĂ€sident der Landesverkehrswacht Sachsen-Anhalt, der CDU-Landtagsabgeordnete Tobias Krull, fĂŒrchtet Schlimmes. „Die Situation ist dramatisch. Wir fĂŒrchten um unsere Existenz“, sagte Krull. „.Wir sind bei den Verkehrstoten trauriger Spitzenreiter. Da setzt so eine KĂŒrzung das falsche Signal.“ Die Landesverkehrswacht hat nach Krulls Angaben zwölf Angestellte. Ihre Projekte richten sich vor allem an Kita- und Grundschulkinder, aber auch an behinderte Menschen.
Foto (c) Landesverkehrswacht Sachsen-Anhalt