Lehren aus dem Hochwasser 2013 / Verbesserungen im Katastrophenschutz angehen

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Magdeburg. Zehn Jahre liegt die Hochwasser-Katastrophe zurück. Fünf Menschen starben damals in Sachsen-Anhalt. Welche Lehren sind daraus gezogen worden? Was muss noch getan werden, damit beim nächsten Krisenfall die Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung und Einsatzkräften effizienter funktioniert? Darüber haben sich Vertreter der Landesarbeitsgemeinschaft der Hilfsorganisation (LAG HiOrg) mit Sachsen-Anhalts Innenministerin Dr. Tamara Zieschang und Parlamentariern des Landes ausgetauscht.

Sachsen-Anhalt war 2013 eines der am schwersten vom Hochwasser betroffenen Bundesländer. Dem wochenlangen, unermüdlichen Einsatz und der guten Zusammenarbeit zwischen Feuerwehren, Technischem Hilfswerk, Bundeswehr, den beteiligten Hilfsorganisationen sowie einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städte ist es zu verdanken gewesen, dass die Lage letztlich gut bewältigt werden konnte.

Nicht zu vergessen, das zivilgesellschaftliche Engagement und die große Solidarität für die betroffenen Gebiete. Aus der Notsituation heraus sind viele ehrenamtliche Projekte entstanden, um vom Hochwasser betroffenen Menschen zu helfen.

Sachsen-Anhalts Innenministerin Dr. Tamara Zieschang betont: „Auch das Hochwasser 2013 hat gezeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger des Landes Sachsen-Anhalt zusammenhalten. Überall im Land wurden Sandsäcke befüllt, es wurde gemeinsam angepackt und Menschen in Not geholfen. Darauf können alle auch noch im Rückblick stolz sein. Die gemeinschaftliche Aufgabe von Bund, Ländern, Kommunen und Organisationen ist es, sich auf zukünftige Katastrophensituationen bestmöglich vorzubereiten. Für eine reibungslose Zusammenarbeit aller Akteure ist eine gute Kommunikation untereinander entscheidend. Um die einzelnen Akteure landesweit noch besser zu vernetzen, haben wir im Mai 2023 das Katastrophenschutz-Netzwerk Sachsen-Anhalt ins Leben gerufen.“

Das Hochwasser hat aber auch gezeigt, wo Veränderungen nötig sind, um besser reagieren zu können. Die Kommunen haben bereits erste Schritte unternommen: bei Hochwasserschutzanlagen, bei öffentlicher Alarmierungstechnik.

Verbessernde Maßnahmen in der Zusammenarbeit fordern die Hilfsorganisationen auch seitens des Landes Sachsen-Anhalt. Dies sind:

  • Schaffung einer verstetigten Institution zur zentralen Steuerung der Budgetierung mit transparenten und landesweit geltenden Fördermöglichkeiten für den Katastrophenschutz
  • Regelmäßiger Austausch im Rahmen eines Gremiums zwischen den Aufgabenträgern und den durchführenden Organisationen des Katastrophenschutzes unter der Führung der Landesverwaltungsbehörde
  • Abbildung einer deutlich engeren Verzahnung der Gesetze und Verordnungen zwischen Rettungsdienst und Katastrophenschutz in einem Hilfeleistungsgesetz
  • Gesetzliche Verankerung der Helfergleichstellung zur Steigerung der Attraktivität des Katastrophenschutzes.

Andreas Weigel, Landesvorstand der Johanniter-Unfall-Hilfe, fordert: „Sachsen-Anhalt braucht landesweit auskömmlich finanzierte, verlässliche und transparente Fördermöglichkeiten, um die Ausbildung und Unterbringung der Katastrophenschutzeinheiten sowie die technische Ausstattung und Ausrüstung der Katastrophenschützer qualitativ und quantitativ zu verbessern. Für die zentrale Steuerung der Budgetierung ist aus meiner Sicht die Schaffung einer verstetigten Institution notwendig.“

Landesgeschäftsführer des Arbeiter-Samariter-Bundes in Sachsen-Anhalt, Sven Baumgarten: „Katastrophen kennen keine Parteigrenzen, sie treffen uns alle. Lasst uns gemeinsam die Politik aufrufen, den Katastrophenschutz in Sachsen-Anhalt zu stärken und ihm die dringend benötigte Aufmerksamkeit zu schenken. Denn nur, wenn wir gemeinsam handeln und uns vorbereiten, können wir diejenigen schützen, die von Naturgewalten bedroht sind. Es ist an der Zeit, dass der Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger zur obersten Priorität erhoben wird. Lasst uns gemeinsam handeln und den Katastrophenschutz in Sachsen-Anhalt zu einem Vorzeigebeispiel für ganz Deutschland machen.“

DRK-Landesgeschäftsführer Dr. Carlhans Uhle: „Die auskömmliche Finanzierung sowie die Gleichstellung der Helferinnen und Helfer der Hilfsorganisationen gegenüber anderen Mitwirkenden sind Grundlage für einen funktionierenden und attraktiven Katastrophenschutz in Sachsen-Anhalt. Die schon nach den beiden ‚Jahrhunderthochwassern‘ 2002 und 2013 kommunizierten Missstände müssen nun dringend behoben werden.“

„Der Ausbau hin zu einem überall in Sachsen-Anhalt wirksamen und leistungsfähigen Katastrophenschutz braucht auch in Zeiten ohne Katastrophenfall einen regelmäßigen Austausch. Ein von der obersten Katastrophenschutzbehörde Sachsen-Anhalts einzuberufendes Gremium, bestehend aus den im Katastrophenschutz mitwirkenden Organisationen sowie allen Ebenen der Katastrophenschutzbehörden, sorgt für einen regelmäßigen Prüfstand vorhandener und notwendiger Hilfeleistungsstrukturen“, betont Holger Friedrich, Geschäftsführer der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft.

„Was Hilfsorganisationen in Krisensituationen zu leisten in der Lage sind, ist vor allem dem Engagement Ehrenamtlicher zu verdanken. Damit wir auch künftig genügend Ehrenamtliche für den Dienst im Katastrophenschutz begeistern können, brauchen wir die gesetzliche Gleichstellung und gleiche Anerkennung, wie sie den Kräften etwa in den Freiwilligen Feuerwehren zu Teil wird“, betont Anke Brumm, Landesgeschäftsführerin der Malteser in Sachsen-Anhalt und Bezirks- und Diözesangeschäftsführerin für Magdeburg und Erfurt.

Hintergrund:

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Hilfsorganisationen in Sachsen-Anhalt ist ein Zusammenschluss zur gemeinschaftlichen Wahrnehmung und Vertretung der Interessen der Hilfsorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund, Deutsches Rotes Kreuz, Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft, Malteser Hilfsdienst und Johanniter-Unfall-Hilfe. Die LAG HiOrg berät als stimmberechtigtes Mitglied im Landesbeirat für das Rettungswesen die Landessregierung und weitere Organe der Selbstverwaltung in allen Aufgabenbereichen des Bevölkerungsschutzes, des Katastrophenschutzes sowie des Rettungsdienstes.

Quelle: Landesarbeitsgemeinschaft der Hilfsorganisationen in Sachsen-Anhalt

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