Magdeburg. Bei einem plötzlichen Kreislaufstillstand bleiben nur wenige Minuten, um außerhalb eines Krankenhauses die Überlebenschancen zu sichern. Mit den richtigen Handgriffen können bereits Schülerinnen und Schüler Leben retten – wenn sie rechtzeitig ausgebildet werden.
Zur zweiten Beratung des Landtags von Sachsen-Anhalt am 28. April 2023 über verpflichtende Erste-Hilfe-Kurse an den Schulen im Land erklärt Mario Großmann (Foto), stellvertretender Bezirksgeschäftsführer der Malteser in der Diözese Magdeburg: „Grundsätzlich begrüßen wir das Projekt. Gerade im Schulalter ist eine gute Sensibilisierung für die Bedeutung der Ersten Hilfe möglich.“
Erste Hilfe sei im Alltag oft ein Tabuthema: „In Deutschland besucht meist nur derjenige einen Erste-Hilfe-Kurs, der dazu verpflichtet ist, zum Beispiel um einen Führerschein zu erhalten“, so Großmann. Freiwillige Teilnahmen seien selten. Häufig herrsche der Gedanke vor: Ich bin gesund, mir geht es gut. Wozu brauche ich einen solchen Lehrgang? Im Notfall rufe ich den Rettungsdienst.
Im Ernstfall fehlten dann die Grundlagen. Dabei zähle jede Minute: „In Sachsen-Anhalt gilt eine Hilfsfrist von zwölf Minuten, bis ein Rettungswagen vor Ort sein muss. Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand können jedoch bereits nach fünf Minuten cerebrale Schäden entstehen, weil die Sauerstoffversorgung der lebenswichtigen Organe eingestellt wird. Wer dann angstfrei mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung beginnen kann, bis der Rettungsdienst da ist, rettet Leben. Wann kann man das besser lernen als zur Schulzeit?“, macht Großmann klar.
„Erste-Hilfe-Maßnahmen können in so vielen verschiedenen Lebenssituationen notwendig werden. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir Kinder und Jugendliche frühzeitig und noch intensiver dafür sensibilisieren“, ergänzt Holger Friedrich, Geschäftsführer der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft in Sachsen-Anhalt.
Ein zwischen fünf Hilfsorganisationen und dem Bildungsministerium des Landes Sachsen-Anhalt geplanter Kooperationsvertrag sieht eine mehrstufige Ausbildung bis zur zwölften Klasse vor: „Zwei Unterrichtsstunden pro Schuljahr sind ein guter Anfang. Nur wiederholtes Üben gibt im Ernstfall ein Gefühl der Sicherheit“, betont Großmann.
Gut und richtig sei in der Vereinbarung zudem, „dass die Erste-Hilfe-Ausbildung an Schulen bei den Hilfsorganisationen bleibt. Ändern sich die Ausbildungsrichtlinien aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse, werden die Ausbilder regelmäßig bis in die kleinste Ortsebene nachgeschult“, so Großmann.
Letztlich werde die erfolgreiche Etablierung der Erste-Hilfe-Ausbildung an Schulen abhängig von der Finanzierung sein. Für das zunächst halbjährige Pilotprojekt stehen zunächst nur 50.000 Euro für Personal- und Sachkosten seitens des Landes Verfügung. „Für die Pilotregionen Jerichower Land und Magdeburg wird das vermutlich reichen, abhängig davon, wie viele Schulen sich beteiligen. Ob die vereinbarten Pauschalen und deren geplante Anpassung zum Haushaltsjahr langfristig die Kosten decken, ist unklar“, sagt Großmann. Eine dauerhafte personelle Planung mache das schwierig, insbesondere wenn – wie beim Malteser Hilfsdienst – die Erste-Hilfe-Ausbildung von überwiegend Ehrenamtlichen mit entsprechender Ausbilderqualifizierung geleistet werde.
Hintergrund: Für das Pilotprojekt zur Erste-Hilfe-Ausbildung an Schulen in Sachsen- Anhalt ist eine Kooperationsvereinbarung in Vorbereitung zwischen dem Bildungsministerium des Landes sowie den umsetzenden Organisationen Malteser Hilfsdienst e. V. Landesgeschäftsstelle Sachsen-Anhalt (MHD), dem Arbeiter-Samariter-Bund LV Sachsen-Anhalt e. V. (ASB), der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft LV Sachsen-Anhalt e. V. (DLRG), dem Deutschen Roten Kreuz LV Sachsen-Anhalt e. V. (DRK) und der Johanniter-Unfall-Hilfe LV Sachsen-Anhalt Thüringen e. V. (JUH).
Ausgangspunkt der Kooperationsvereinbarung ist eine Empfehlung des Schulausschusses der Kultusministerkonferenz. Dieser hatte bereits im Jahr 2014 empfohlen, das Thema „Wiederbelebung“ ab Klasse 7 im Umfang von zwei Unterrichtsstunden (90 Minuten) pro Schuljahr einzuführen.
In Sachsen-Anhalt soll das Vorhaben schrittweise ab dem Schuljahr 2023/2024 umgesetzt werden – als ergänzende außerunterrichtliche Maßnahme. Dafür tragen die Kooperationspartner das Ausbildungskonzept „Wiederbelebung an Schulen“ gemeinsam.
Folgende Kompetenzen sollen die Schülerinnen und Schüler erlernen:
- Erkennen eines potenziellen Kreislaufstillstandes
- Aktivieren von professioneller Hilfe
- Durchführung/Veranlassung von Herzdruckmassagen und Lagerung bei Kreislaufstillstand
- Durchführung von Mund-zu-Mund- bzw. Mund-zu-Nase-Beatmung
- Anwendung eines automatisierten externen Defibrillators (AED)
- Umsetzung von Anleitungen/Anweisungen durch die Rettungsstelle
Die Diözese Magdeburg der Malteser orientiert sich geografisch am Bistum Magdeburg. Dazu gehören das Land Sachsen-Anhalt, mit Ausnahme Havelbergs, sowie Teile des Landes Brandenburg und des Freistaates Sachsen.
Quelle: Malteser Hilfsdienst e. V. / Mandy Hannemann
Foto (c) Malteser Magdeburg