Magdeburg. Längere Hitze- und Dürreperioden führen in Sachsen-Anhalt zunehmend zu einem Absinken der Grundwasserstände. Aktuell liegen diese bis zu 50 cm unterhalb des langjährigen Durchschnitts. Im Sommer 2023 mussten deshalb auch acht Landkreise die Wasserentnahme vorübergehend einschränken. Umweltminister Prof. Dr. Armin Willingmann (Foto) hat vor diesem Hintergrund einen Gesetzentwurf zur Verbesserung des Wassermanagements am heutigen Dienstag im Kabinett vorgestellt. Mit Hilfe neuer und reaktivierter Stauanlagen soll in den kommenden Jahren mehr Wasser in der Fläche gehalten werden, um die Gebietswasserhaushalte angesichts des fortschreitenden Klimawandels nachhaltig zu stabilisieren.
„Sachsen-Anhalt zählt bereits heute zu den trockensten Bundesländern in Deutschland. Auch wenn die Trinkwasserversorgung weiter gesichert bleibt, müssen wir unser Management insbesondere mit Blick auf steigende Wasserbedarfe in der Industrie und der Landwirtschaft anpassen“, erklärte Willingmann. „Mit dem neuen Gesetzentwurf leiten wir den notwendigen Paradigmenwechsel vom Wasserabfluss zur Wasserhaltung ein. Um die Gebietswasserhaushalte zu stabilisieren, wird das Wasser in kleineren Gewässern künftig mit Hilfe von Stauanlagen verstärkt zurückgehalten. Lediglich in Vorranggewässern wie der Elbe oder Saale wird die ökologische Durchgängigkeit weiter im Vordergrund stehen, um auch gegen Starkregen- und Hochwasserereignisse gerüstet zu sein und die Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie zu erfüllen.“
Eine wesentliche Rolle werden die Gewässerunterhaltungsverbände spielen, die für kleinere Gewässer zweiter Ordnung zuständig sind. Landesweit müssen die Verbände zahlreiche Stauanlagen neu errichten oder sanieren. Gemeinsam mit den Verbänden hat das Umweltministerium die Kosten hierfür ermittelt. So wird der einmalige Investitionsbedarf für den Neubau und die Sanierung von Anlagen bei 68,8 Millionen Euro liegen. Hinzu kommt der jährliche Unterhaltungsaufwand. Dieser wird um vier Millionen Euro von aktuell 26,3 auf 30,3 Millionen Euro steigen.
Umweltministerium will Förderprogramm auflegen
Um die Unterhaltungsverbände finanziell nicht zu überfordern, plant das Umweltministerium, ein Förderprogramm aus Landesmitteln aufzulegen. „Ziel der Landesregierung ist es, die Investitionen schrittweise zu realisieren und dementsprechend über mehrere Jahre hinweg zu finanzieren“, erklärte Willingmann. „Das Landesengagement dient ferner dazu, Unterhaltungsverbände und Grundstückseigentümer finanziell nicht zu überfordern.“ Bis 2028 sollen mindestens 15 Millionen Euro investiert werden.
Die Unterhaltungsverbände können zudem Kosten für die jährlichen Mehraufwendungen auf die Mitgliedsgemeinden umlegen, diese wiederum auf Grundstücksbesitzer. Nach Berechnungen des Ministeriums wird ein Eigentümer eines Grundstücks mit einer Größe vom 1.000 m² zukünftig 20 Cent pro Jahr zusätzlich an die Gemeinde entrichten müssen. Auch der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW), der für große Gewässer erster Ordnung zuständig ist, wird Mehrkosten von rund 1,4 Millionen Euro pro Jahr zu stemmen haben. Diese sollen nach den Plänen des Ministeriums ebenfalls über den Landeshaushalt gedeckt werden.
Keine Erhöhung der Wasserentnahmeentgelte
Eine Erhöhung der Wasserentnahmeentgelte komme zur Gegenfinanzierung nicht in Betracht, betonte Willingmann weiter. „Angesichts der wirtschaftlich schwierigen Lage und anhaltend hoher Inflation wäre eine Erhöhung der Entgelte völlig unangemessen“, so der Minister. Für die kommenden Jahre will er eine Erhöhung jedoch nicht ausschließen. „Wir werden die Höhe der Entgelte alle zwei Jahre prüfen“, kündigte Willingmann an. Aktuell zahlen private Haushalte für die Entnahme von Grundwasser oder oberirdischem Wasser ein Entgelt von fünf Cent pro Kubikmeter. Für die Berieselung von Ackerflächen oder die Kühlung von Industrieanlagen fallen zwei Cent pro Kubikmeter Grundwasser an.
Öffentliche Wasserversorgung erhält klaren Vorrang
Zu den weiteren Kernpunkten der Gesetzesnovelle zählt die Priorisierung der öffentlichen Wasserversorgung. Bei Wasserknappheit wird die öffentliche Versorgung klaren Vorrang gegenüber anderen Nutzungen in der Wirtschaft oder Landwirtschaft erhalten. Darüber hinaus soll mit dem Gesetz Bürokratie vermieden und zurückgedrängt werden. Für die Inbetriebnahme von Anlagen, die dem Wasserrückhalt dienen, muss künftig keine Genehmigung mehr beantragt werden. Zudem ist im Gesetzentwurf eine Experimentierklausel vorgesehen, die zeitlich befristet neue Modelle zur Gewässerunterhaltung zur Erprobung erlaubt. Darüber hinaus dürfen E-Bikes künftig auch auf Deichverteidigungswegen fahren.
Das Kabinett wird sich voraussichtlich im Dezember das zweite Mal mit dem Gesetzentwurf befassen und ihn dann an den Landtag übermitteln. Das Gesetz kann dann Anfang kommenden Jahres im Landtag beraten werden.
Text/Foto: Staatskanzlei und Ministerium für Kultur