Zum Prozessbeginn gegen Şebnem Korur Fincancı erklärte die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe, Luise Amtsberg, heute (23.12.):
“ In Istanbul steht ab heute eine der mutigsten Stimmen der Türkei vor Gericht. Der Prozess gegen Şebnem Korur Fincancı zeigt uns einmal mehr, welchen Preis Menschenrechtsverteidiger*innen in der Türkei für ihr Engagement bezahlen. Die Türkei muss als Vertragsstaat der EMRK die Rede- und Meinungsfreiheit respektieren. Volle Solidarität mit Şebnem Korur Fincancı.
Hintergrund:
Die renommierte Menschenrechtsverteidigerin, forensische Expertin und Vorsitzende des türkischen Ärzteverbandes Prof. Dr. Şebnem Korur Fincancı wurde am 26.10.2022 in Istanbul festgenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr in Zusammenhang mit einem Fernsehinterview „Propaganda für eine Terrororganisation“ vor und fordert eine Freiheitsstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten.
Wenige Tage vor der Festnahme hatte sich Korur Fincancı in einem Interview dafür ausgesprochen, Vorwürfe bezüglich eines angeblichen Einsatzes von Giftgas durch die türkischen Streitkräfte im Nord-Irak international und unabhängig untersuchen zu lassen. Dabei hatte sie nicht unterstellt, dass ein solcher Einsatz tatsächlich stattgefunden habe. Am 23.12.2022 findet die erste Anhörung im Strafverfahren statt. Daneben hat die Staatsanwaltschaft Zivilklage gegen die türkische Ärztekammer erhoben, um eine Neuwahl des Vorsitzes zu erzwingen.
Foto: Luise Amtsberg (c) Timo Wilke