Erneuter Eklat? Bundestag stimmt ĂŒber Migration ab! Die Aussicht, dass die Union erstmals mit den Stimmen der AfD einen Gesetzentwurf durch den Bundestag bringen könnte, mobilisiert Zehntausende Menschen zum Protest. Kommt es zum Beschluss?
Zehntausende Menschen demonstrieren gegen eine gemeinsame Abstimmung von Union und AfD in der Migrationspolitik – dennoch könnte am Freitag ein Gesetz den Bundestag passieren, bei dem die Stimmen der AfD mit entscheidend sein könnten. In dem von CDU und CSU eingebrachten Entwurf geht es um konkrete Regelungen zur EindĂ€mmung der Migration. Nach dem Bundestag mĂŒsste das Vorhaben aber noch durch die LĂ€nderkammer, den Bundesrat. Dort ist eine Zustimmung nicht sicher.
Bereits am Mittwoch hatte die Union mit Hilfe der AfD einen Antrag zur VerschĂ€rfung der Migrationspolitik im Bundestag durchgesetzt. Der Antrag hatte allerdings nur Appellcharakter. Die Empörung ĂŒber das Vorgehen von Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU), der auch Spitzenkandidat von CDU und CSU zur Bundestagswahl ist, ist seitdem groĂ. Zehntausende Menschen gingen deshalb allein am Donnerstag auf die StraĂe – unter anderem in Berlin, Freiburg, Hannover und MĂŒnchen.
Worum geht es in dem Gesetzentwurf?
Kern des Gesetzentwurfs der Unionsfraktion, zu dem die FDP, die AfD und das BSW Zustimmung signalisiert haben, ist die Aussetzung des Familiennachzugs zu GeflĂŒchteten mit eingeschrĂ€nktem Schutzstatus. Zu dieser Gruppe gehören in Deutschland viele Syrerinnen und Syrer. AuĂerdem sollen die Befugnisse der Bundespolizei erweitert werden. Sie soll kĂŒnftig, wenn sie in ihrem ZustĂ€ndigkeitsbereich – also etwa an Bahnhöfen – Ausreisepflichtige antrifft, selbst fĂŒr eine Abschiebung sorgen können.
Die Union dringt in ihrem Entwurf ĂŒberdies darauf, das Ziel einer «Begrenzung» des Zuzugs von AuslĂ€ndern wieder ins Aufenthaltsgesetz aufzunehmen. Das hatte die inzwischen auf Rot-GrĂŒn reduzierte Ampel-Koalition gestrichen.
Ist das Vorhaben neu?
Von MĂ€rz 2016 bis Juli 2018 war der Familiennachzug fĂŒr sogenannt subsidiĂ€r Schutzberechtigte von der damaligen schwarz-roten Koalition ausgesetzt worden. BegrĂŒndet wurde dies damals mit der Absicht, eine Ăberlastung bei der Aufnahme und Integration zu vermeiden. Seit August 2018 dĂŒrfen monatlich insgesamt 1.000 Menschen als Angehörige von Menschen mit diesem Schutzstatus einreisen. Der Koalitionsvertrag von SPD, GrĂŒnen und FDP sah eigentlich vor, dass der Familiennachzug auch zu Menschen aus dieser Gruppe wieder unbegrenzt möglich werden soll. Umgesetzt wurde dieses Vorhaben aber nicht.
Welche Abstimmungen hat es vorher gegeben?
Am Mittwoch war ein Antrag der Union zu umfassenden ZurĂŒckweisungen an der Grenze im Bundestag beschlossen worden, weil die AfD sowie zahlreiche Abgeordnete der FDP und einige Fraktionslose zugestimmt hatten. Politiker und Politikerinnen von SPD, GrĂŒnen und Linke kritisierten Unionsfraktionschef Merz dafĂŒr scharf und sprachen von einem Tabubruch. Anders als der am Mittwoch angenommene 5-Punkte-Plan hat der jetzt zur Abstimmung stehende Gesetzentwurf rechtliche Konsequenzen. Die Bundesregierung mĂŒsste die darin vorgeschlagenen Ănderungen umsetzen, falls er denn beschlossen werden sollte.
Wie lÀuft die Abstimmung ab?
Im Bundestag wird ĂŒber das «Zustrombegrenzungsgesetz» namentlich abgestimmt. Bei diesem Verfahren wirft jeder Abgeordnete seine Stimmkarte ein – am Ende wird veröffentlicht, wie jeder Einzelne abgestimmt hat. Notwendig ist eine einfache Mehrheit, also mehr Ja- als Nein-Stimmen. Die Union hat zusammen mit AfD, BSW und FDP eine Mehrheit im Bundestag.
Wie geht es weiter, falls der Bundestag zustimmt?
Dem Gesetzentwurf mĂŒsste auch der Bundesrat zustimmen. Da bislang keine BemĂŒhungen zu erkennen sind, die LĂ€nderkammer um FristverkĂŒrzung zu bitten, wĂŒrde der Bundesrat erst im MĂ€rz – nach der fĂŒr den 23. Februar geplanten Bundestagswahl – entscheiden. Ob es fĂŒr das Vorhaben im Bundesrat eine Mehrheit geben wird, ist allerdings fraglich.
Text/Foto: Welt Nachrichtensender am 31. Januar 2025