Entlasten statt belasten: Der steuerpolitische Vorschlag der Koalitionspartner SPD und GrĂŒnen, angesichts der hohen Inflation weitere Entlastungen fĂŒr untere Einkommen im Gegenzug fĂŒr zusĂ€tzliche Belastungen bei höheren Einkommen zu fordern, trifft im Mittelstand auf groĂes UnverstĂ€ndnis.
„Vier von fĂŒnf mittelstĂ€ndischen Unternehmen sind Personenunternehmen, deren Gewinne auf Ebene der Gesellschafter der Einkommensteuer unterliegen. Das ohnehin sehr hohe Steuerniveau in Deutschland fĂŒhrt bereits heute dazu, dass Unternehmerinnen und Unternehmer ihren Gesellschaften weniger Kapital zur VerfĂŒgung stellen können, welches fĂŒr RĂŒcklagen, Innovationen und Investitionen dringen benötigt wird“, erlĂ€utert Markus Jerger (Foto), Vorsitzender des Bundesverbandes Der Mittelstand. BVMW. „Zugleich zahlen immer mehr FachkrĂ€fte den Spitzensteuersatz von derzeit 42 Prozent.“
Der Auffassung von Bundesfinanzminister Lindner, dass eine drastische Erhöhung des Spitzensteuersatzes die wirtschaftliche Entwicklungen in Deutschland strangulieren wĂŒrden, stimmt der Mittelstandsverband daher uneingeschrĂ€nkt zu: „Vor dem Hintergrund der hohen Inflation sollte die deutsche Wirtschaft in der Breite vielmehr entlastet und nicht weiter belastet werden. Dass die anderen beiden Koalitionspartner weitere Entlastungen nur mittragen wĂŒrden, wenn höhere Einkommen stĂ€rker belastet werden, verfehlt auch im Hinblick auf die Problematik der kalten Progression jegliche Zielsetzung und ist schlichtweg ungerecht“, so Jerger.
Die kalte Progression beschreibe den paradox anmutenden Fall, dass Arbeitnehmer trotz Lohnerhöhungen oder Personenunternehmer trotz Gewinnsteigerung real weniger Einkommen zur VerfĂŒgung haben. Dieser Fall tritt ein, wenn die entsprechende Erhöhung lediglich die Inflation ausgleicht, die Steuerbelastung jedoch stĂ€rker als das Einkommen steige. „Unter dem Stricht profitiert nur der Staat durch steigende Steuereinnahmen“, so der BVMW-Chef.
„Bei der kalten Progression handelt es sich also um eine versteckte Steuererhöhung, die vor allem den Mittelstand und seine BeschĂ€ftigten belastet – und das in Zeiten, in der die öffentliche Hand Rekordsteuereinnahmen verzeichnet. Die kalte Progression muss deshalb abgemildert und letztendlich ganz beseitigt werden – und das fĂŒr alle“, betont Jerger. Das Argument der fehlenden Gegenfinanzierung sei nicht haltbar, da Mehreinnahmen aus der kalten Progression nicht vorgesehen seien und eine Einplanung im Haushalt nicht legitim sei.
Ăber den Verband
Der Mittelstand. BVMW e.V. ist mit rund 28.000 ordentlichen Mitgliedern die gröĂte, politisch unabhĂ€ngige und branchenĂŒbergreifende Interessenvereinigung des deutschen Mittelstands. Im Rahmen der Mittelstandsallianz vertritt der Verband zudem mehr als 30 mittelstĂ€ndisch geprĂ€gte VerbĂ€nde mit insgesamt 900.000 Mitgliedern.
Text/Foto BVMW