In dem Strafverfahren gegen Leonora M. hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Naumburg (Staatsschutzsenat) die Anklage des Generalbundesanwaltes vom 07. Juli 2021 zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Darüber hinaus hat der Senat den Haftbefehl in seiner außer Vollzug gesetzten Form aufrechterhalten.
Die im Jahr 1999 geborene Angeklagte steht im Verdacht, sich im Frühjahr des Jahres 2015 in das Herrschaftsgebiet des „Islamischen Staates“ nach Syrien begeben zu haben. Sie habe nach Aufnahme und Registrierung als Angehörige des „Islamischen Staates“ und Eheschließung mit einem Mitglied des IS Sicherheitsapparates von Herbst 2015 bis Juni 2017 in Raqqa gelebt. Dort habe sie entsprechend den ihr nach der Ideologie des IS obliegenden Pflichten den Haushalt versehen und dadurch die Tätigkeit ihres Ehemannes für den „Islamischen Staat“ gefördert. Als sich ihr Ehemann im Juni 2015 bei einem Kampfeinsatz befunden habe, habe sie diesen gefördert, in dem sie das Testament des Ehemannes bei einem „IS-Gericht“ hinterlegt habe. Zudem habe sie ihrem Ehemann im Sommer 2015 ein Bewerbungsschreiben für einen IS-Geheimdienst geschrieben, wo dieser sodann bis in den April 2017 tätig gewesen sei.
Die Angeklagte habe darüber hinaus eigenständig für den „Islamischen Staat“ gearbeitet. Sie sei für drei Monate in einem Krankenhaus der Organisation ein-gesetzt gewesen. Ende des Jahres 2015 habe sie für den IS-Geheimdienst die Aufgabe übernommen, Frauen von IS-Kämpfern auszuforschen. Schließlich habe sie eine in Deutschland befindliche weibliche Person aufgefordert, sich dem „Islamischen Staat“ anzuschließen. Für ihre Tätigkeiten habe die Angeklagte vom „Islamischen Staat“ monatlich einen Geldbetrag erhalten.
Im Sommer 2015 habe die Angeklagte eine halbautomatische Pistole und ein Sturmgewehr besessen, um ihre Zugehörigkeit zum „Islamischen Staat“ zu demonstrieren und dessen Wehrhaftigkeit zu betonen.
Die Angeklagte habe den Menschenhandel ihres Ehemannes gefördert. Dieser habe Ende Juni 2015 eine 33-jährige Jesidin „gekauft“, um sie mit ihren beiden kleinen Kindern gewinnbringend weiter zu veräußern. Die Angeklagte habe die geschädigte Jesidin auf Geheiß ihres Ehemannes in der gemeinsamen Wohnung der Eheleute körperlich gepflegt, damit diese mit Gewinn weiterverkauft werden konnte. Zudem habe die Angeklagte versucht, die geschädigte Jesidin von deren religiösen Überzeugungen abzubringen und von dem vom IS vertre-tenen Islamverständnis zu überzeugen. Die geschädigte Jesidin sei in der Folge mit Gewinn „verkauft“ worden.
Die Angeklagte habe sich im Januar 2019 kurdischen Einheiten gestellt und bis zu ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland im Dezember 2020 in verschiedenen Flüchtlingslagern befunden.
Die Anklage der Bundesanwaltschaft erhebt gegenüber der Angeklagten wegen dieses Geschehens den Vorwurf der Beteiligung an der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“, der Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit und des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontroll- und das Waffengesetz. Sie habe die vorgeworfenen Taten zunächst als strafrechtlich verantwortliche Jugendliche und später als Heranwachsende begangen.
Die Hauptverhandlung beginnt am Dienstag den 25. Januar 2022 um 9:30 Uhr und findet im Gebäude des Justizzentrums Halle, Thüringer Straße 16, 06112 Halle, Saal X. 01 statt.
Fortsetzungstermine sind bestimmt auf:
den 26.01.2022, den 08.02.2022, den 23.02.2022, den 01.03.2022, den 02.03.2022, den 08.03.2022, den 09.03.2022, den 15.03.2022, den 16.03.2022, den 12.04.2022, den 13.04.2022, den 19.04.2022, den 20.04.2022, den 26.04.2022, den 27.04.2022, den 03.05.2022, den 04.05.2022, den 10.05.2022, den 11.05.2022, den 17.05.2022 und den 18.05.2022
jeweils ganztags ab 9:30 Uhr.
Die Hauptverhandlung ist grundsätzlich öffentlich. Es wird darauf hingewiesen, dass das Gesetz die Möglichkeit des Ausschlusses der Öffentlichkeit vorsieht.
Quelle OLG Naumburg / Foto pixabay