Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Streit in der Ampel-Koalition kritisiert, aber auch mit größeren Herausforderungen als in früheren Regierungen erklärt. „Es ist jedenfalls so, dass nicht alle gleichgerichtet kommunizieren. Das ist ja doch unübersehbar“, sagte der SPD-Politiker am Dienstagabend im TV-Sender Sat1. „Kein schlauer Einfall, wenn ich das ganz klar sagen darf“, fügte er hinzu. Zu der Bemerkung von Grünen-Chef Omid Nouripour, dass die Ampel eine „Übergangsregierung“ sei, sagte der Kanzler nur: „Jede Regierung ist die Regierung vor der nächsten und manchmal ist es die gleiche.“
Zuvor hatten sich die Ampel-Partner Grüne und FDP erneut deutlich kritisiert. „Sollte ich jemals Bundeskanzler werden, wird Christian Lindner nicht Finanzminister werden“, sagte Vize-Kanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei einem Bürgerdialog in Berlin mit Blick auf den FDP-Chef. Lindner hatte zuletzt eine Beteiligung seiner Partei an einer möglichen Bundesregierung unter Führung der Grünen ausgeschlossen. „Da sind wir uns ganz einig“, konterte Habeck nun.
Grünen-Co-Chef Nouripour hatte am Wochenende die Ampel-Koalition als Auslaufmodell dargestellt. „Diese Koalition ist eine Übergangskoalition nach der Ära Merkel“, sagte er in der ARD. Es sei in der jetzigen Konstellation mit FDP und SPD offensichtlich, dass das Vertrauen an Grenzen gekommen sei. Man sei auch inhaltlich an Grenzen gestoßen. Die Ampel hatte zuletzt monatelang über den Haushaltsentwurf für 2025 gestritten, der am Ende vom Kabinett mit milliardenschweren Lücken in bisher nicht üblichem Ausmaß beschlossen wurde.
SCHOLZ: HABEN „RICHTIG TEMPO“ HINBEKOMMEN
In der Finanzpolitik werden die Unterschiede zwischen SPD und Grünen auf der einen Seite und der FDP auf der anderen Seite besonders deutlich. „Klar ist für mich eins: Noch mehr grün, also mit einem grünen Kanzler und einem grüneren Regierungsprogramm, das würde nicht zu uns passen“, sagte Lindner zuletzt. Habeck gilt als wahrscheinlicher Kanzlerkandidat der Grünen für die nächste Bundestagswahl, die regulär im Spätsommer 2025 angesetzt ist. Allerdings haben alle drei Ampel-Parteien in Umfragen deutlich Federn lassen müssen und hätten keine Mehrheit mehr.
Scholz widersprach der negativen Einschätzung der beiden kleinen Ampel-Partner ausdrücklich und verwies auf die Erfolge der Regierung. Seit er Kanzler sei, seien viel mehr Dinge entschieden worden als viele Jahre zuvor. Die Ampel habe „richtig Tempo“ hinbekommen bei der Modernisierung des Landes und große Krisen bewältigt. Deutschland sei bei der Verteidigungsfähigkeit neu aufgestellt. „Aber gleichzeitig ist es wahr: Alle diese vielen Entscheidungen sind mühselig errungen“, sagte Scholz.
Der Kanzler warnte auch seine Partner vor Illusionen. CDU und CSU, Grüne und FDP seien beim Versuch gescheitert, eine Regierung zu bilden. Man werde nicht in Zeiten zurückkehren, in denen es klare Mehrheiten mit Parteien über 40 Prozent gebe. Man müsse sich daran gewöhnen, dass künftig Koalitionen mit drei, vielleicht sogar mit vier Parteien gebildet würden.
Text/Foto: Welt Nachrichtensender am 21. August 2024