Opfer des Anschlags in Magdeburg suchen Hilfe: Psychotherapeuten rechnen mit einer Welle an Anfragen

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Halle (ots) . Nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt rechnen Psychotherapeuten im Land mit einer Welle an Anfragen. „Die Akutversorgung lĂ€uft aus, der Übergang in eine psychotherapeutische Behandlung beginnt jetzt“, sagt Sabine Ahrens-Eipper, Vize-PrĂ€sidentin der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer (OPK), der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung (Mittwochausgabe). „Wir rechnen mit einem erheblichen Bedarf.“ Laut der Landesopferbeauftragten Gabriele Theren sind „aktuell rund 1.000 Menschen bekannt, die direkt oder indirekt vom Anschlag betroffen sind“. Etwa 800 Betroffene hĂ€tten die Opferbeauftragten von Bund und Land mit einem UnterstĂŒtzungsangebot angeschrieben.

„Mindestens ein Viertel der Menschen wird Behandlungsbedarf haben“, sagt Ahrens-Eipper, die in Halle als Psychotherapeutin praktiziert. Die Liste ist noch nicht geschlossen, es gehen weiter Anrufe bei der Hotline fĂŒr Betroffene ein. „Der Anschlag hat uns allen den Boden unter den FĂŒĂŸen weggerissen“, erklĂ€rt Theren auf MZ-Anfrage. „Das Leid, das an diesem Tag verursacht wurde, reicht tief. Was wir wollen ist, jetzt fĂŒreinander da zu sein.“ Betroffenen solle mit „aller Kraft und allen uns zur VerfĂŒgung stehenden Mitteln“ geholfen werden. Beim Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt am 20. Dezember wurden sechs Menschen getötet und fast 300 verletzt.

Rund 500 Betroffene wurden bisher in der Psychosozialen Akuthilfe an der UniversitĂ€tsmedizin Magdeburg betreut. Sie berichteten von „anhaltender Unruhe und Anspannung in Verbindung mit SinneseindrĂŒcken aus dem Erlebten wie die GerĂ€usche des Autos oder die Schreie der Verletzten“, sagt Florian Junne, Direktor der UniversitĂ€tsklinik Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. So wĂŒrden immer wieder Bilder „vor dem inneren Auge erscheinen“. Teils gehe es um Ängste und Vermeidung. Betroffene „meiden den Stadtteil des Geschehens oder gehen kaum aus dem Haus“.

Laut KassenĂ€rztlicher Vereinigung (KV) Sachsen-Anhalt seien „BehandlungskapazitĂ€ten geschaffen“ worden, „um Betroffenen einen schnellen Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung zu ermöglichen“. So stĂŒnden zusĂ€tzlich fĂŒnf Psychotherapeuten und ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut zur VerfĂŒgung. Zudem bieten Therapeuten der OPK ĂŒber die Termin-Servicestelle der KV spezielle Sprechstunden fĂŒr Opfer des Attentats an.

Foto: Gedenkort am Westportal der Johanniskirche © Landeshauptstadt Magdeburg, Feuerwehr