Magdeburg. Im vergangenen Jahr hat es in Sachsen-Anhalt erneut deutlich weniger VerkehrsunfĂ€lle gegeben als noch in den VorâCoronaâJahren. Dennoch erfasste die Landespolizei 69.325 VerkehrsunfĂ€lle und damit drei Prozent beziehungsweise 1.883 FĂ€lle mehr als im Vorjahr. Das geht aus der Polizeilichen Verkehrsunfallbilanz fĂŒr das Jahr 2023 hervor, die Innenministerin Dr. Tamara Zieschang am Dienstag gemeinsam mit Verkehrsreferentin Janine Herfen vorstellte:
âAuf Sachsen-Anhalts StraĂen ereignete sich im vergangenen Jahr rechnerisch alle acht Minuten ein Verkehrsunfall. Mit einer leichten Zunahme des Unfallgeschehens im Vergleich zum Vorjahr folgen wir damit dem Bundestrend. Erfreulich ist, dass trotz des Anstiegs ein deutlicher RĂŒckgang von Schwerverletzten und tödlich VerunglĂŒckten zu verzeichnen ist. Die unermĂŒdliche Verkehrssicherheitsarbeit unserer Landespolizei trĂ€gt zu dieser positiven Entwicklung bei. Die Vision Zero bleibt auch in Zukunft unser Ziel.“, so Innenministerin Dr. Tamara Zieschang.
Deutlich weniger Verkehrstote und Schwerverletzte: Nachdem sich das MobilitĂ€tsverhalten der Menschen in Sachsen-Anhalt im Jahr 2022 wieder jenem vor der Corona-Pandemie annĂ€herte, entsprach es im letzten Jahr wieder vollends der Vor-Corona-Zeit. Mit 9.909 Menschen verunglĂŒckten zwar 120 Menschen (beziehungsweise ein Prozent) mehr als in 2022. Die Zahl der Schwerverletzten sank im Vergleich zum Vorjahr aber um sieben Prozent auf 1.757 und stellt damit den niedrigsten Wert seit EinfĂŒhrung der Verkehrsunfallstatistik dar.
Landesweit kamen im Jahr 2023 insgesamt 130 Menschen bei 120 UnfÀllen ums Leben. Das sind 22 Menschen (beziehungsweise 14 Prozent) weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Getöteten liegt damit auch leicht unter dem Niveau der Vor-Corona-Jahre.
Auf den Bundesautobahnen in Sachsen-Anhalt starben 26 Menschen (2022: 27) bei VerkehrsunfĂ€llen. Mit 189 Schwerverletzten sank die Anzahl im Vergleich zu 2022 um 18 Prozent beziehungsweise um 42 Schwerverletzte. Ein erfreulicher RĂŒckgang ist bei den Stauende-UnfĂ€llen festzustellen: Im Jahr 2023 ereigneten sich 137 solcher UnfĂ€lle und damit 107 (â 44 Prozent) weniger als im Vorjahr. Die Anzahl der VerunglĂŒckten bei Stauende-UnfĂ€llen ist sogar um mehr als 60 Prozent zurĂŒckgegangen (2023: 73; 2022: 186). In allen FĂ€llen war die Hauptunfallursache der ungenĂŒgende Sicherheitsabstand.
WildunfĂ€lle bleiben Hauptursache: Die Rangliste der Hauptunfallursachen fĂŒhrt im achten Jahr in Folge die Unfallursache âWild auf der Fahrbahn“ an, gefolgt von UnfĂ€llen durch Fehler beim Wenden, Rangieren und RĂŒckwĂ€rtsfahren (7.486 FĂ€lle) sowie durch zu geringen Abstand (7.275 FĂ€lle). Im Jahr 2023 waren somit bei jedem fĂŒnften Unfall in Sachsen-Anhalt Wildtiere ursĂ€chlich. Insgesamt wurden 13.691 WildunfĂ€lle erfasst â das waren zwei Prozent mehr als im Vorjahr. In drei Viertel der FĂ€lle stieĂen die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer mit Rehwild zusammen. Dabei sind die Morgen- und Abendstunden zwischen fĂŒnf und sieben Uhr beziehungsweise zwischen 20 und 22 Uhr die Hauptunfallzeiten. Ăberwiegend blieb es bei UnfĂ€llen mit Sachschaden. Bei 125 WildunfĂ€llen (2022: 114) wurden 23 Menschen schwer und 116 leicht verletzt. Eine Person verlor ihr Leben.
Unangepasste Geschwindigkeit ist meist Ursache bei schweren UnfĂ€llen: Trotz einem RĂŒckgang von 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ist bei schweren VerkehrsunfĂ€llen die nicht angepasste Geschwindigkeit auch weiterhin die Hauptunfallursache. Von den insgesamt 120 UnfĂ€llen mit tödlichem Ausgang waren allein 36 und damit beinahe jeder dritte Unfall auf ĂŒberhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit zurĂŒckzufĂŒhren.
Bei den insgesamt 1.247 VerkehrsunfĂ€llen unter Alkohol- oder Drogeneinfluss verletzten sich auf Sachsen-Anhalts StraĂen knapp 700 Menschen, acht weitere kamen ums Leben. Damit befinden sich die Unfallzahlen und die Anzahl der VerunglĂŒckten auf dem Niveau des Vorjahres. Im Jahr 2023 wurden bei Kontrollen in 2.644 FĂ€llen das Fahren unter Alkoholeinfluss und in 2.123 FĂ€llen das Fahren unter Drogeneinfluss festgestellt. Die Zahl der sogenannten folgenlosen Drogenfahrten ist damit um 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.
Innenministerin Dr. Tamara Zieschang: âOb Raserei oder Alkohol und Drogen am Steuer â ein solches Verhalten gefĂ€hrdet nicht nur das eigene Leben, sondern auch das aller ĂŒbrigen Verkehrsteilnehmer. Erschreckend ist der Anstieg der Fahrten unter Drogeneinfluss. Mit Blick auf das neue Cannabisgesetz wird die Landespolizei erst recht konsequent weiter kontrollieren â denn jede Feststellung ist ein möglicher Unfall weniger.“
Anzahl der getöteten FuĂgĂ€nger deutlich gestiegen: Menschen, die zu FuĂ oder mit dem Fahrrad am StraĂenverkehr teilnehmen, sind grundsĂ€tzlich schlechter geschĂŒtzt als Autofahrende und somit einem höheren Risiko fĂŒr schwerwiegende Unfallfolgen ausgesetzt. In Sachsen-Anhalt wurden im vergangenen Jahr 683 FuĂgĂ€ngerinnen und FuĂgĂ€nger bei VerkehrsunfĂ€llen verletzt (2022: 657). Einen Höchststand seit Beginn der Erhebung der Polizeilichen Verkehrsunfallbilanz erreichte die Anzahl der getöteten FuĂgĂ€nger: 20 zu FuĂ Gehende und damit vier mehr als im Vorjahr kamen zu Tode. Ein Drittel der getöteten FuĂgĂ€ngerinnen und FuĂgĂ€nger war 65 Jahre und Ă€lter. Bei jedem dritten Unfall waren die FuĂgĂ€nger auch die Verursacher. Neben dem unachtsamen Betreten der StraĂe waren die HauptgrĂŒnde das bei Rot ĂŒber die Ampel gehen und Ablenkung.
Anzahl der getöteten Fahrradfahrenden halbiert: Mit 2.682 VerkehrsunfĂ€llen von Fahrradfahrenden bewegt sich die Anzahl der FahrradunfĂ€lle in etwa auf dem gleichen Niveau des Vorjahres (â 20 FĂ€lle). Insgesamt verunglĂŒckten im vergangenen Jahr 2.009 Fahrradfahrende. Ein positiver Trend ist bei der Anzahl der getöteten Radfahrenden festzustellen: Mit elf getöteten Radfahrenden halbierte sich die Anzahl im Jahr 2023 und erreicht damit den zweitniedrigsten Wert seit 2007. Knapp drei Viertel der tödlich verunglĂŒckten Fahrradfahrenden ist der Altersgruppe der Senioren ab 65 Jahren zuzuordnen, gut jede oder jeder Dritte ist ĂŒber 75 Jahre alt. FĂŒr mehr als die HĂ€lfte der UnfĂ€lle waren die Radfahrerinnen und Radfahrer selbst verantwortlich. 78 Prozent der getöteten Radfahrenden (Fahrrad und Pedelec) trugen nachweislich keinen Helm.
Die zunehmende Anzahl von Pedelecs im StraĂenverkehr macht sich auch im Unfallgeschehen bemerkbar. Insgesamt ereigneten sich 276 VerkehrsunfĂ€lle mit PedelecâBeteiligung (2022: 229). Dabei verunglĂŒckten insgesamt 225 Menschen. Drei Menschen â davon zwei Senioren ab 75 Jahren â kamen im vergangenen Jahr bei diesen UnfĂ€llen auf den StraĂen im Land ums Leben.
Innenministerin Dr. Tamara Zieschang: âOb die Menschen mit dem Fahrrad oder dem Pedelec unterwegs sind â wir wollen, dass sie auch ohne schĂŒtzende Knautschzone sicher ans Ziel kommen. Dazu gehört in erster Linie, dass sich alle Verkehrsteilnehmenden an die Regeln halten. Denn eine Vielzahl der UnfĂ€lle lĂ€sst sich bei Nutzung der richtigen StraĂenseite, der erforderlichen Vorsicht und RĂŒcksichtnahme sowie der entsprechenden VerkehrstĂŒchtigkeit vermeiden. RegelmĂ€Ăige Informationsangebote â unter anderem an Radaktionstagen im Rahmen der Verkehrssicherheitskampagne #MenschaufmRad-Sicher durch den Verkehr â werden von der Landespolizei angeboten. Dabei werden auch Aspekte wie der âtote Winkel‘ und die Sichtbarkeit thematisiert. So werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch zum Tragen von hellen oder reflektierenden KleidungsstĂŒcken sowie eines Fahrradhelmes motiviert.“
Aufgrund der GröĂe und höheren Masse der GĂŒterkraftfahrzeuge ziehen Lkw-UnfĂ€lle meist schwere und schwerste Folgen nach sich. Im Jahr 2023 registrierte die Landespolizei insgesamt 9.510 Lkw-UnfĂ€lle (2022: 9.229) mit 386 verunglĂŒckten Lkw-Nutzenden (2022: 379). Die Zahl der Schwerverletzen sank zwar deutlich (2023: 65; 2022: 98), die Anzahl der Leichtverletzten stieg allerdings um 39 auf 302 FĂ€lle. Insgesamt starben in Sachsen-Anhalt 36 Menschen nach UnfĂ€llen mit Lkw-Beteiligung (2022: 42), davon 19 im Lkw, zehn im Pkw, zwei Kradfahrer, ein Fahrradfahrer und vier FuĂgĂ€nger.
âUm die Verkehrssicherheit weiterhin zu erhöhen, beteiligt sich die Landespolizei regelmĂ€Ăig an bundes- und europaweiten Kontrollaktionen. Mit wechselnden Schwerpunkten wird so auf die Risiken und teils schwerwiegenden Folgen beispielsweise durch Ablenkung, zu hohe Geschwindigkeiten oder technische MĂ€ngel an den Fahrzeugen aufmerksam gemacht. Die konsequente polizeiliche VerkehrsĂŒberwachung wird auĂerdem durch wiederkehrende verkehrsprĂ€ventive Aktionen ergĂ€nzt. Um das Unfallgeschehen zu minimieren, beteiligt sich Sachsen-Anhalt neben der Kontrolle des Personen- und GĂŒterverkehrs unter anderem auch am sogenannten Speed-Marathon.“ ergĂ€nzt Innenministerin Dr. Tamara Zieschang.
Junge Erwachsene und Senioren ab 75 Jahren sind besonders betroffen: Erstmals seit 2016 stieg die Unfallzahl bei den jungen Erwachsenen (18 bis 24 Jahre) ĂŒber die Marke von 10.000 VerkehrsunfĂ€llen. Diese Altersgruppe war im vergangenen Jahr, bezogen auf den Bevölkerungsanteil, ĂŒberdurchschnittlich hĂ€ufig in VerkehrsunfĂ€lle verwickelt. Knapp 70 Prozent der 10.311 VerkehrsunfĂ€lle (+ sechs Prozent) haben die jungen Erwachsenen selbst verursacht. Zehn junge Erwachsene kamen dabei ums Leben (2022: 9).
Der wachsende Bevölkerungsanteil der ĂŒber 65-JĂ€hrigen spiegelt sich auch in der Anzahl der VerkehrsunfĂ€lle wider. An 16.052 VerkehrsunfĂ€llen waren Menschen dieser Altersgruppe beteiligt. Die Zahl dieser UnfĂ€lle stieg damit um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl derjenigen, die im StraĂenverkehr starben, sank um 19 auf 41 Menschen. Damit stellen die Seniorinnen und Senioren ein Drittel aller im StraĂenverkehr Getöteten dar. In knapp drei Viertel aller FĂ€lle ist diese Altersgruppe auch selbst Verursacher des Unfalls.
Durch die Landespolizei werden Rahmen der aktuellen PrĂ€ventionskampagne âWir wollen, dass Sie sicher mobil bleiben!“ flĂ€chendeckend Informationsveranstaltungen und Trainings fĂŒr Seniorinnen und Senioren angeboten. So besteht beispielsweise die Möglichkeit der Teilnahme an Schulungen zu straĂenverkehrsrechtlichen Vorschriften bzw. Neuerungen, Fahrrad- und Pedelec-Parcours, Reaktionstests oder dem Rollator-FĂŒhrerschein.
Text/Foto: Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt am 16. April 2024