Henriette Quade, innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, betont in der heutigen Landtagsdebatte um Bekämpfung von Rassismus:
„In Sachsen-Anhalt leben im Bundesvergleich besonders wenige Migrant:innen – aber sie erleben besonders häufig rassistische Angriffe. Jede Bedrohung von Menschen durch Rassismus, Antisemitismus oder andere Motive der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit verletzt die Grundlagen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. Unabhängig davon, ob die Betroffenen den Erwartungshaltungen an Integrationsleistungen entsprechen oder nicht, welchen Aufenthaltsstatus sie haben und ob sie dauerhaft oder nur temporär hier leben, haben sie das Recht auf Schutz und Sicherheit vor rassistischen Übergriffen.
Das erfordert zum einen konkrete sicherheitspolitische Maßnahmen und Instrumente, die sicherstellen, dass rassistische, rechte, antisemitische Straftaten mit allen zur Verführung stehenden Mitteln verfolgt werden. Eine Evaluation der Umsetzung der Richtlinie zur Verfolgung politisch motivierter Kriminalität. ist deshalb genauso nötig, wie Maßnahmen auf polizeilicher Ebene. Es braucht die Sensibilisierung für die Belange des Opferschutzes, die Sicherstellung der polizeilichen Informationsflüsse und ein fortwährend aktualisiertes Lagebild zur Gefährdung von Geflüchtetenunterkünften und weiteren besonders gefährdeten Einrichtungen.
Als Linke wollen an dieser Stelle deutlich machen, dass wir nicht bereit sind, uns mit diesem Zustand abzufinden, dass wir alles tun, um Betroffene besser zu schützen. Wir haben im Landtag intensiv über die Vertreibungspläne der extremen Rechten gesprochen, die nicht neu sind, aber mit den Correctiv-Recherchen für alle sichtbar geworden sind. Rechte, rassistische, antisemitische Gewalt steht in unmittelbaren Zusammenhang mit der gewaltvollen Rhetorik, die wir auch hier im Landtag seit Jahren immer wieder von der extremen Rechten hören, sie wird von ihr befeuert und sie ist genau das, was darunter zu verstehen ist, wenn Politiker der AfD wie Herr Siegmund davon sprechen, es Menschen „so unbequem wie möglich zu machen“.
Eine starke und eine notwendige Antwort auf diese Absicht und auf die alarmierende Angriffsstatistik wäre ein Bleiberecht für Betroffene rechter, rassistischer, antisemitischer, oder anderer vorurteilsmotivierten Gewalttaten. Denn es sendet entscheidende Botschaften an Betroffene und Täter: Es bietet den Betroffenen Schutz und Sicherheit nach traumatischen Gewalterfahrungen, es symbolisiert Solidarität und es bedeutet, dass die Gewaltakte nicht zum gewünschten Ergebnis führen, sondern die Betroffenen gestärkt werden.
Die Linke schlägt vor, dass der Ministerpräsident ein solches Zeichen setzt und zu einem aktuellen Austausch einlädt, um ihre Problemwahrnehmung, ihre Sicherheit, ihre aktuellen Bedürfnisse und mögliche Unterstützungsmaßnahmen in den Mittelpunkt des Interesses der Landesregierung zu stellen. Es ist den Täter:innen egal, ob die Betroffenen als Fachkraft im Krankenhaus, als Paket- oder Essenslieferanten, als Erzieherin oder Lehrerin, bei internationalen Konzernen wie Intel oder gar nicht arbeiten. Wenn es uns nicht gelingt, Rassismus zurückzudrängen und gesellschaftliche Stimmung gegenüber Zuwandernden und Migrant:innen zu verändern, dann ist das nicht nur fatal, für die Gesellschaft, in der wir leben – es wird auch jede Strategie zur Anwerbung von Fachkräften scheitern lassen.
Sachsen-Anhalt verliert bis zum Jahr 2030 ca. 300.000 Arbeitskräfte. Einen Mangel an Fachkräften spüren die Unternehmen an vielen Stellen bereits jetzt dramatisch, und auch, dass eine starke extreme Rechte, die das Leben von Menschen bedroht, damit auch die Zukunft dieses Landes bedroht, weil sie Menschen davon abhält, hierher zu kommen. Die Personalabteilungen der Unternehmen können noch so gute Werbung machen, wenn es unmöglich ist, einen Termin in der Ausländerbehörde zu bekommen, wenn alles, was die Antragsteller von dort schnell mitnehmen können Abwehr ist, wenn es nicht möglich gemacht wird, in Englisch zu kommunizieren in einer Behörde, die für Menschen da sein soll, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, dann bleibt Sachsen-Anhalt Zuweisungsland. Wir brauchen einfachere und schnellere Amtswege, den Abbau unnötiger Bürokratie und einen grundlegenden Wandel aller für Zuwanderung zuständigen Behörden hin zu Servicestellen.
Wir brauchen eine Zuwanderungs- und Bleibestrategie für Sachsen-Anhalt und wir wollen, dass die Landesregierung sie zusammen mit den Migrantenselbstorganisationen, den Fachstellen zur Beratung migrantischer Arbeitskräfte, den Arbeitgeberverbänden und der Wissenschaft entwickelt und dazu einen Willkommensgipfel initiiert.
Es ist absurd, einerseits einen Mangel an Arbeitskräften zu beklagen und aufwendige Kampagnen zu entwerfen, damit Menschen herkommen, um hier zu arbeiten und gleichzeitig Menschen, die da sind den Zugang zum Arbeitsmarkt und zum auch dafür nötigen Spracherwerb zu verweigern. Egal, auf welchem Weg jemand nach Sachsen-Anhalt gekommen ist, alle sollen die Chance bekommen, Deutsch zu lernen und eine Arbeit aufzunehmen und darüber auch den Weg in einen dauerhaften Aufenthalt gehen können, auch wenn kein Asylgrund vorliegt.
Auch die IHK Magdeburg hat Maßnahmen aufgelistet, die aus ihrer Sicht notwendig wären, um Sachsen-Anhalt und die Behörden für Zuwanderung fit zu machen, die wir zu großen Teilen aufgegriffen haben. Wenn sie aber die Augen verschließen und nicht mal die Maßnahmen, die IHK und Arbeitgeberverbände fordern, bereit sind umzusetzen, dann ist das nicht nur mindestes genauso ideologiegetrieben, es ist auch schädlich für dieses Land.“
Text/Foto: Fraktion Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt am 21. März 2024