„Report Mainz“: Bundesregierung XXXL geplant / Ampel will 758 zusĂ€tzliche Beamtenstellen in Bundesministerien / Sendung: Heute um 21:45 Uhr im Ersten

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Bund der Steuerzahler: „Der Zuwachs ist erschreckend hoch!“ / CDU-Haushalspolitiker Haase: „Hier wird Personal auf Schulden finanziert“

Mainz. In den Bundesministerien sollen 758 zusĂ€tzliche Beamtenstellen geschaffen werden, das ergibt eine Auswertung des Haushaltsentwurfs 2022 durch das ARD-Politikmagazin „Report Mainz“. So kommt es erneut zu einem massiven Stellenzuwachs im Vergleich zum Ende der Ära Merkel. Da die Zahl der Angestellten um 54 reduziert werden soll, steigt die geplante Mitarbeiterzahl insgesamt um 704 Stellen. Die aktuelle Auswertung der PersonalĂŒbersichten zeigt auch, dass alle Ministerinnen und Minister mehr Personal fordern. Besonders viele zusĂ€tzliche Stellen wollen SPD- und GrĂŒn-gefĂŒhrte Ministerien: So fordert Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) weitere 75 Stellen fĂŒr das Kanzleramt. Wirtschaftsminister Robert Habeck möchte 101 Stellen fĂŒr sein Ministerium zusĂ€tzlich. Selbst das Innenministerium will weitere 103 Mitarbeiter:innen, obwohl fĂŒr den Bereich Bauen und Wohnen ein eigenes Ministerium aufgebaut wird; Bauministerin Klara Geywitz beansprucht 104 neue Planstellen. Auf Nachfrage von „Report Mainz“ begrĂŒnden die Ministerien den Stellenaufwuchs mit der BewĂ€ltigung neuer Aufgaben, die sich aus dem Koalitionsvertrag ergeben wĂŒrden.

Immer mehr hochbezahlte Spitzenbeamte

Laut PersonalĂŒbersicht des Haushaltsentwurfs sind auch 128 hochbezahlte Beamtenposten vorgesehen, die sogenannten B-Stellen mit einem Gehalt von bis zu 15.000 Euro monatlich. Aus den Besoldungsgruppen der Planstellen ergeben sich zusĂ€tzliche Personalkosten von rund 60 Millionen Euro pro Jahr.

So viele StaatssekretÀre wie noch nie

Dazu zĂ€hlen auch die StaatssekretĂ€re. Verkehrsminister Volker Wissing hat zwei zusĂ€tzliche StaatssekretĂ€re, insgesamt sind es jetzt sechs. Klimaschutzminister Robert Habeck hat durch seine Funktion als Vizekanzler einen mehr. Und im neuen Bauministerium gibt es drei StaatssekretĂ€re. Mit insgesamt 71 parlamentarischen und beamteten StaatssekretĂ€ren beschĂ€ftigt die Ampelregierung so viele, wie noch keine Regierung vor ihr. Vor 20 Jahren unter der Regierung Schröder waren es noch 48. Jeder parlamentarische StaatssekretĂ€r löst eine Kaskade an Zusatzkosten aus: Persönliches Jahreseinkommen, Kosten fĂŒr Sekretariatspersonal, Dienstwagen und Fahrer summieren sich auf rund 500.000 Euro jĂ€hrlich.

32 hohe Beamte in den Einstweiligen Ruhestand versetzt

Teuer sind auch die Versetzungen in den einstweiligen Ruhestand aufgrund des Ministerwechsels: Eine Abfrage von „Report Mainz“ unter allen Bundesministerien ergab, dass 32 Beamte nach dem Regierungswechsel in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurden. Alle sind hochbezahlte Beamte der Besoldungsgruppen B11 und B9 gewesen, die jetzt einen Anspruch auf Ruhegehalt haben.

Kritik an der XXL-Bundesregierung

Immer mehr Personal in den Ministerien sei nicht nur teuer, es behindere auch die Effizienz der Verwaltung, kritisiert der Experte fĂŒr öffentliche Haushalte Prof. RenĂ© Geißler von der TH Wildau: „Die Bundesministerien haben keinen objektiven Personalbedarf. Es sind politische Behörden, die nicht besser funktionieren, wenn sie mehr Personal haben. Im Gegenteil Sie werden noch grĂ¶ĂŸer, noch mehr Hierarchien, noch mehr Referate, die letztlich im Alltag gar keine Rolle spielen. Von daher ist es hochgradig dysfunktional.“ Auch Reiner Holznagel, PrĂ€sident des Bundes der Steuerzahler findet die Anzahl neuer Stellen „erschreckend hoch“. Im Interview mit „Report Mainz“ sagt er: „Unterm Strich sehen wir einen gigantischen Aufwuchs. Insofern hĂ€lt die Regierung nicht, was sie verspricht, nĂ€mlich PrioritĂ€ten setzen und sparsam sein.“ Kritik kommt auch von der Opposition. Christian Haase, Haushaltspolitischer Sprecher der CDU, wirf der Ampel-Koalition vor, das Geld mit vollen HĂ€nden rauszuwerfen: „Diese Regierung hat ĂŒberhaupt kein VerhĂ€ltnis zum Geld. Hier wird Personal auf Schulden finanziert.“

GrĂŒne und FDP – vom Mahner zum Möglichmacher

Bereits in der vergangenen Legislaturperiode war es zu einem massiven Stellenzuwachs um 2.500 Stellen in den Bundesministerien gekommen. DarĂŒber hatte „Report Mainz“ im Oktober 2021 berichtet. Haushaltspolitiker der damaligen Opposition hatten das stark kritisiert und einen schlankeren Staat gefordert. Sven-Christian Kindler von den GrĂŒnen prangerte noch im Oktober 2021 die VersorgungsmentalitĂ€t der Merkel-Regierung an und erklĂ€rt: „Die Große Koalition ist hĂ€ufig sehr großzĂŒgig, vor allem zu sich selbst.“ Otto Fricke, FDP, forderte damals weniger Beamtenstellen, um das AufblĂ€hen der Ministerien zu beenden. „Report Mainz“ hat beide Politiker um eine Stellungnahme zum massiven Stellenzuwachs gebeten. Sven-Kristian Kindler wollte sich dazu nicht Ă€ußern. Otto-Fricke beteuert im Interview mit „Report Mainz“, er habe in den Koalitionsverhandlungen versucht, befristete BeschĂ€ftigungsverhĂ€ltnisse durchzusetzen. Das hĂ€tten Politiker anderer Ressorts durch die Bank abgelehnt: „Das LĂ€cheln war sehr groß. Nach dem Motto, das haben wir noch nie gemacht, wo kommen wir denn da hin. DafĂŒr gab es keine Mehrheit.“ Auf die Frage, warum so viel neues Personal gefordert wird, erklĂ€rt er: „Kluges Personal ist Macht und mehr Macht zu haben heißt natĂŒrlich an der Stelle auch, mehr auf Politik Einfluss nehmen zu können.“

Foto: Fritz Frey moderiert das investigative Politmagazin „Report Mainz“. © SWR