Hamburg (ots). FĂŒr Wirtschaftsminister Robert Habeck war 2022 „ein Jahr, in dem Deutschland aufgewacht ist“ – „aus einem Zustand, in dem manche noch immer damit geliebĂ€ugelt haben, den Status quo zu bewahren, hin zur TĂ€tigkeit.“ Im GesprĂ€ch mit dem stern sagte der GrĂŒnen-Politiker, die Deutschen hĂ€tten sich in diesem „Jahr der Entscheidungen“ bewĂ€hrt. „Dieses Land und seine demokratischen Institutionen haben eine erstaunliche, fast wahnsinnige Leistungs- und Gestaltungsbereitschaft gezeigt“, sagte Habeck (Foto).
Nach Angaben seines Ministeriums hĂ€tten die Beamten des Hauses allein in den ersten zehn Monaten der Legislatur 27 GesetzentwĂŒrfe ins Kabinett gebracht und 32 Verordnungen geschrieben, nur sechs weniger als in der gesamten Legislaturperiode davor. Das Tempo sei durch die multiplen Krisen beschleunigt worden, sagte Habeck. „Ich glaube trotzdem daran, dass Demokratien auch ohne den Druck eines Krieges lernfĂ€hig und verĂ€nderungsfĂ€hig sind.“
Waffenlieferungen: „So richtig sie sind, auch eine Zumutung“
Die Lieferungen von Waffen an die Ukraine seien, „so richtig sie sind, auch eine Zumutung“, sagte Habeck dem stern. Die Entscheidung sei notwendig gewesen. „Ich zweifle keinen Augenblick daran“, so der Vizekanzler. „Und trotzdem kann man das nicht leichtfertig beklatschen, wenn man sich klarmacht, dass von den 300 000 russischen Rekruten ein groĂer Teil verletzt oder sterben wird – auch durch Waffen, die wir geschickt haben. Ich. Die Freigabe trĂ€gt meine Unterschrift.“
Habeck hatte schon im FrĂŒhjahr 2021 als einer der ersten deutschen Politiker auf einer Reise in die Ostukraine Waffenlieferungen fĂŒr das Land gefordert.
Radikale KlimaschĂŒtzer: „Protestformen, die verĂ€rgern, helfen nicht“
Wie zuvor Bundeskanzler Olaf Scholz kritisierte auch Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck die radikalen Proteste der Gruppe „Letzte Generation“. VerĂ€nderungen brĂ€uchten in einer Demokratie immer eine Mehrheit. „Dabei helfen Protestformen, die verĂ€rgern, nicht wirklich. Sondern solche, die einladen“, mahnte der GrĂŒnen-Politiker. „Hier erleben wir eine Radikalisierung der Wenigen. Das ist schlecht. Wer Klimapolitik aus einer Minderheitenposition heraus betreiben muss, hat schon verloren.“
„Ernste Zeiten“ mit optimistischen Aussichten
Angesprochen auf die Erschöpfung, die ihm bisweilen ins Gesicht geschrieben stĂŒnde, antwortete der Minister: „Es sind ernste Zeiten. Ich bin konzentriert.“ Er betonte allerdings: „Ich bin sehr eins mit dem Job, den ich habe.“ NatĂŒrlich verliere man „Unbedarftheit und Unbeschwertheit“, so Habeck weiter. „Es ist kein fröhliches Regieren.“
Habecks Blick in die Zukunft fĂ€llt dennoch optimistisch aus. Er erwartet, dass sich die Energiepreise am Ende des kommenden Jahres, „wenn es gut lĂ€uft, nur etwas ĂŒber Vorkriegs-Niveau“ einpendeln. Die Inflation „wird im Jahresdurchschnitt 2023 bei etwa sieben Prozent liegen, aber mit der Perspektive, dass 2024 wieder eine Zwei vorm Komma steht“. Und beim Anteil der erneuerbaren Energien „knacken wir, wenn’s gut lĂ€uft, die 50 Prozent“.
Foto © Urban Zintel