Magdeburg. Sachsen-Anhalts Staatsminister und Minister für Kultur Rainer Robra (Foto) und die Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien im Bundestag Katrin Budde (beide Magdeburg) halten es für wichtig, die Beratende Kommission für NS-Raubgut schnell zu reformieren und in eine Schiedsgerichtsbarkeit umzuwandeln. Robra sagte, Bund, Länder und Kommunen seien gefordert, das Verfahren so auszugestalten, das Nachfahren von NS-Opfern das Gremium auch einseitig anrufen könnten.
Die Reformerfordernisse waren heute Thema beim Kulturpolitischen Spitzengespräch von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden. Der Kulturausschuss des Deutschen Bundestages hatte zu Wochenbeginn eine öffentliche Anhörung zum Thema Restitution von NS-Raubkunst durchgeführt.
Robra sagte, er begrüße die aktuellen Fortschritte im Prozess zur Reform des Verfahrens sehr und erwarte, dass die einseitige Anrufung des Schiedsgerichts schon in der ersten Stufe in einer Verwaltungsvereinbarung von Bund und Ländern geregelt werden. Die zweite Stufe, in der staatsvertragliche Voraussetzung für die Etablierung eines verbindlichen Schiedsverfahrens geschaffen werden sollen, wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Robra unterstrich die Bedeutung der Kommission bei der Aufarbeitung von NS-verfolgungsbedingtem Kulturgut im Spiegel der Washingtoner Prinzipien: „Die Beratende Kommission hat in den vergangenen Jahrzehnten mit beachtlichem Erfolg gearbeitet und wichtige Grundlagen geschaffen. Wie die Kommission selbst, erkennen auch Bund, Länder und Kommunen die Notwendigkeit von Reformen. Hierzu zählt insbesondere die einseitige Anrufbarkeit nach einem erfolglosen Bemühen der Parteien in einem vorgeschalteten Verfahren.“
Budde hebt die Bedeutsamkeit der heutigen Entscheidungen hervor. 26 Jahre nach Unterzeichnung der Washingtoner Erklärung wird Deutschland seiner Verantwortung nun ein Stück gerechter. Die öffentliche Anhörung des Ausschusses für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages hatte am Montag schon eine große Einigkeit zwischen Sachverständigen und Fraktionen in Bezug auf eine Reform der Beratenden Kommission und den Umgang mit NS-Raubkunst gezeigt. Neben der Stärkung der Provenienzforschung und dem Labeling von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgut, ist der wichtigste Punkt der heutigen Beschlüsse, die einseitige Anrufbarkeit der Beratenden Kommission. Die meisten Institutionen sind aus eigenem Antrieb heraus bereit, aktiv Provenienzforschung zu betreiben und Kulturgüter zu restituieren. Jedoch kam es immer wieder zu Einzelfällen, in denen Institutionen sich der Anrufung bei der Beratenden Kommission verwehrt haben. Durch diese Fälle stand Deutschland in der ganzen Welt in der Kritik. „Endlich werden die Defizite bei der Umsetzung der Washingtoner Prinzipien aufgelöst und Deutschland wird seiner moralischen und historischen Verantwortung gerecht. Die einseitige Anrufung der Beratenden Kommission war die Mindestanforderung und ich bin froh, dass dies nun möglich wird.“ Eines ist Budde besonders wichtig: Die Anhörung der Kommission darf nie vom Geldbeutel der Anrufenden abhängig sein, deshalb muss die Kommission zukünftig auch die Chance haben, eigene Provenienzforschung zu betreiben.
Die „Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgut, insbesondere aus jüdischem Besitz“ wurde 2003 von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden eingerichtet, um bei Differenzen über die Rückgabe von Kulturgütern zu vermitteln. Sie kann von Einrichtungen und Privatpersonen bei Meinungsverschiedenheiten über die Rückgabe von NS-Raubgut angerufen werden.
Text/Foto: Staatskanzlei und Ministerium für Kultur am 13. März 2024