Kelbra/ST. Wie wird der Hochwasserschutz an der Talsperre Kelbra ausgestaltet? Welche anderen Nutzungen sollen am Stausee künftig möglich sein? Und wie können Information und Beteiligung der Menschen vor Ort verbessert werden. Um diese Fragen dreht sich der Ende 2020 vom Umweltministerium initiierte „Runde Tisch zur Talsperre Kelbra“. Im Fokus: Der Ausgleich verschiedener Nutzungsinteressen, von Hochwasser- und Naturschutz, über Naherholung und Fischerei bis hin zum Tourismus. Zum Abschluss des Dialogformats im Beisein von Umweltstaatssekretär Dr. Steffen Eichner (Foto) gab es gestern in Kelbra (Landkreis Mansfeld-Südharz) eine „Gemeinsame Erklärung“.
Darin verständigen sich Vertreterinnen und Vertreter von Umweltministerium, Talsperrenbetrieb, Biosphärenreservat, angrenzenden Landkreisen und Kommunen aus Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie von touristischen und Naturschutz- wie Anglerverbänden im Kern auf die Fortführung des in den vergangen drei Jahren erprobten, vorläufigen Betriebsplans der Talsperre, der den Hochwasserschutz weiterhin in den Mittelpunkt stellt. Darüber hinaus sollen jetzt Weichen gestellt werden, um die Möglichkeiten für weitere Nutzungen am Stausee Kelbra zu verbessern.
Dazu sagte Eichner: „Der kontinuierliche und intensive Austausch zum Betrieb der Talsperre Kelbra hat sich ausgezahlt. Im direkten Gespräch konnten auch konfliktträchtige Themen rund um die Nutzung des Stausees ergebnisoffen besprochen und Lösungen gefunden werden. Im Ergebnis steht fest, dass der Hochwasserschutz auch künftig oberste Priorität haben muss. Dies hat zuletzt auch das Winterhochwasser zum Jahreswechsel 2023/24 bestätigt, als viele Menschen nur durch die professionelle Steuerung der Talsperre vor katastrophalen Überflutungen bewahrt wurden. Gleichzeitig werden wir aber weitere Nutzungen unterstützen, soweit sie den Hochwasserschutz nicht beeinträchtigen.“ Zwar könnten auch künftig nicht alle Interessen zu jeder Zeit vollständig Berücksichtigung finden. „Ich bin aber davon überzeugt, dass wir einen vernünftigen Kompromiss gefunden haben, mit dem alle Beteiligten weitestgehend leben können.“
Nach Abwägung der Interessen und Nutzungswünsche mit klimatischen, naturschutzfachlichen und behördlichen Rahmenbedingungen gibt es folgende Ergebnisse:
- Der vorläufige Betriebsplan aus dem Jahr 2019 hat sich im Wesentlichen bewährt. Darauf aufbauend werden die Ergebnisse der Evaluierung in die Neufassung des Betriebsplans einfließen. Dieser wird durch ein weiterführendes Monitoring begleitet. Im Mittelpunkt steht auch künftig der Hochwasserschutz.
- Für den Fisch- und Gewässerschutz soll in der Winterstauphase bis Anfang Märzin der Talsperre ein Restwasservolumen zwischen 0,5 und 1,0 Millionen Kubikmetern verbleiben.
- Zur besseren Ausnutzung der Wasserfläche für Seglerinnen und Segler wird die Errichtung einer für den Segelsport günstiger gelegenen Anlegestelle unterstützt.
- Im Interesse der touristischen Nutzung soll geprüft werden, ob das Sommerstauziel von 12,5 Millionen Kubikmetern verlängert werden kann.
- Eine Zulassung des Kite-Surfens wäre grundsätzlich nur dann möglich, wenn durch potenzielle Nutzende nachgewiesen werden kann dass dies mit den bestehenden Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes vereinbar ist.
- Die Angelfischerei kann unter Maßgabe des primär dem Hochwasserschutz dienenden Talsperrenbetriebs sowie naturschutzrechtlicher Rahmenbedingungen in angepasster Form weitergeführt werden.
- Der Talsperrenbetrieb Sachsen-Anhalt unterstützt die naturschutzfachliche Weiterentwicklung und Besucherlenkung in der Region mit flankierenden Maßnahmen. Dazu zählen das geplante „Naturerlebniszentrum Stausee Kelbra“, der Kranichbeobachtungsturm, der Fischlehrpfad oder der Einsatz von Rangern.
Die Talsperre Kelbra befindet sich länderübergreifend im Südwesten Sachsen-Anhalts und im Norden Thüringens. Sie wurde von 1962 bis 1966 als Hochwasserschutzanlage errichtet und 1969 in Betrieb genommen. Heute hat der Stausee auch große Bedeutung als Lebensraum für mehr als 300 Vogelarten sowie Drehscheibe für den Vogelzug. Jedes Jahr im Herbst machen hier bis zu 50.000 Kraniche Halt und den Stausee Kelbra so zum drittgrößten Kranichrastplatz in Deutschland. Dieses einzigartige Naturerlebnis zieht jährlich tausende Besucher an, die sich darüber künftig in einem modernen „Naturerlebniszentrum Stausee Kelbra“ informieren können; den Weg für die Finanzierung aus Strukturwandelgeldern hatte die Landesregierung in enger Abstimmung mit den Kommunen vor Ort Anfang 2024 geebnet. Darüber hinaus hat sich der Stausee mit Strandbad, Campingplatz und angrenzendem Natur- und Geopark Kyffhäuser zu einem attraktiven Ziel für Naherholung und Tourismus in den Monaten von Mai bis Oktober entwickelt.
Der „Runde Tisch zur Talsperre Kelbra“ wurde durch einen unabhängigen Moderator geleitet und hat insgesamt neunmal getagt. Zusätzlich wurde in zwei öffentlichen Veranstaltungen über die Arbeit informiert. Um den Dialog zur Entwicklung des Areals rund um den Stausee Kelbra fortzusetzen, wird der Talsperrenbetrieb künftig jährlich eine Informationsveranstaltung durchführen.
Die „Gemeinsame Erklärung des Runden Tisches zur Talsperre Kelbra“ wurde – mit Ausnahme des Landesverbandes Naturschutzbund Sachsen-Anhalt e.V. und der Landesarbeitsgemeinschaft Kranichschutz Sachsen-Anhalt – von allen Mitgliedern unterzeichnet. Sie steht auf den Internetseiten des Umweltministeriums zur Verfügung: https://lsaurl.de/RTTK2025.
Quelle: Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt
Foto: Dr. Steffen Eichner © MWU/Harald Krieg