Fehlende Lkw-StellplĂ€tze sorgen fĂŒr gefĂ€hrliche ZustĂ€nde und ein hohes Unfallrisiko
Sechs Anlagen in Sachsen-Anhalt geprĂŒft
Ab 22 Uhr geht nichts mehr. Auf den meisten Rastanlagen entlang der Autobahnen sind schon in den Abendstunden alle Lkw-StellplĂ€tze belegt. Der Parkdruck steigt und Ruhezeiten mĂŒssen eingehalten werden, so dass schlieĂlich alle verfĂŒgbaren FlĂ€chen belegt werden – egal ob Parkplatz oder nicht. Der ADAC hat erstmals deutschlandweit auf 96 Rastanlagen an den Autobahnen in den Nachtstunden falschparkende Lkw gezĂ€hlt. Das ernĂŒchternde Ergebnis: An fast jeder zweiten Anlage (46) standen Lkw im hochsensiblen Ein- oder Ausfahrtsbereich oder auf dem Seitenstreifen der Autobahn. Auf 86 Anlagen (90 Prozent) parkten Lkw im absoluten Halteverbot oder auf nicht fĂŒr sie freigegebenen ParkflĂ€chen wie Pkw- oder Wohnmobil-StellplĂ€tzen. Das Abstellen des Fahrzeugs auĂerhalb markierter FlĂ€chen, zum Beispiel in den Fahrgassen zwischen den StellplĂ€tzen, war bis auf wenige Ausnahmen fast schon die Regel (92 von 96).
Entsprechend hoch ist das Unfallrisiko fĂŒr alle Verkehrsteilnehmenden und entsprechend schlimm sind die ZustĂ€nde angesichts des weiterhin wachsenden GĂŒterverkehrs. Schon jetzt fehlen laut einer Untersuchung der Bundesanstalt fĂŒr StraĂenwesen (BASt) entlang der Autobahnen rund 23.500 Lkw-StellplĂ€tze, in Sachsen-Anhalt sind es mehr als 800.
Ergebnisse fĂŒr Sachsen-Anhalt
Positiv aufgefallen ist in der ADAC Untersuchung die unbewirtschaftete Rastanlage (PWC) SĂŒlzegrund West an der A 14, hier wurde kein Lkw in den Ein- und Ausfahrten bzw. auf dem Standstreifen abgestellt. Auf der Anlage selbst gab es insgesamt elf VerstöĂe. Insgesamt ist die Anzahl der VerstöĂe u. a. von der GröĂe und Struktur der Anlagen abhĂ€ngig, also auch von der Trennung der Parkbereiche fĂŒr Lkw- und Pkw. Gleichzeitig spielt das das GĂŒterverkehrsaufkommen eine Rolle. Hier gibt es Unterschiede auf den groĂen Autobahnen in Sachsen-Anhalt. Auf der A 2 sind im Raum Magdeburg in beiden Richtungen rund 22.000 Fahrzeuge pro Tag unterwegs. Auf der A 9 und A 14 sind es jeweils ca. 10.000.
In Sachsen-Anhalt wurden sechs Anlagen an den Autobahnen 2, 9 und 14 unter die Lupe genommen. Insgesamt haben die Testerinnen und Tester sieben schwerwiegende ParkverstöĂe mit auf Ein- und Ausfahrten bzw. Seitenstreifen abstellten Lkw festgestellt. Der schlechteste Wert wurde fĂŒr die RaststĂ€tte Köckern-West an der A 9 ermittelt: Drei Fahrzeuge wurden in diesen sensiblen Bereichen geparkt.
Auf allen sechs RastplĂ€tzen fand der Club zusammen 54 Fahrzeuge auf nicht fĂŒr sie zugelassenen ParkflĂ€chen oder im absoluten Halteverbot. Negativer Spitzenreiter war die PWC-Anlage WĂŒstenforst SĂŒd an der A 2 mit 17 VerstöĂen, gefolgt von der RaststĂ€tte Köckern West (A 9) und der RaststĂ€tte Plötzetal West (A 14) mit jeweils 15 VerstöĂen.
AuĂerhalb von markierten ParkflĂ€chen abgestellte Lkw entdeckte der ADAC ebenfalls auf allen sechs Anlagen, insgesamt 66 Mal. Am meisten waren es mit 27 VerstöĂen auf der RaststĂ€tte Plötzetal West an der A 14. Immerhin noch zehn VerstöĂe wurden auf der PWC-Anlage Lorkberg SĂŒd (A 2) gezĂ€hlt und jeweils acht auf der RaststĂ€tte Köckern West (A 9) bzw. der PWC-Anlage SĂŒlzegrund West (A 14).
ADAC Forderungen
Das Problem ist seit Jahrzehnten bekannt und verschĂ€rft sich zunehmend. Es gibt schon jetzt nicht genug Lkw-StellplĂ€tze und der GĂŒterverkehr wĂ€chst weiter. Bis 2025 wird ein Anstieg von rund zehn Prozent gegenĂŒber 2019 prognostiziert. Vor diesem Hintergrund wurden zu wenig StellplĂ€tze gebaut, es gibt zu wenig intelligente Lkw-Parkleitsysteme und zu wenig Personal fĂŒr konsequentere Polizeikontrollen.
Der ADAC hat VerstĂ€ndnis fĂŒr die Situation der Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer, denn die Suche nach einer StellflĂ€che zur Einhaltung der vorgeschriebenen Ruhezeiten setze sie unter Druck. NatĂŒrlich dĂŒrften Lkw niemals in den Ein- und Ausfahrten von Rastanlagen geparkt werden. Hier passieren immer wieder schlimme UnfĂ€lle. Doch aus purer Verzweiflung stellen zahlreiche Fahrerinnen und Fahrer ihre Fahrzeuge doch unerlaubt in hochriskanten Bereichen ab, um so die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten â mit gefĂ€hrlichen Konsequenzen fĂŒr alle Verkehrsteilnehmenden. Den Autofahrenden rĂ€t der ADAC, insbesondere bei Dunkelheit mit groĂer Vorsicht und langsam auf Rastanlagen ein- und auszufahren und die Lkw-ParkflĂ€chen freizuhalten.
Aus ADAC Sicht mĂŒssten lĂ€ngst mehr RastplĂ€tze mit intelligenten, digitalen Parksystemen ausgestattet werden. So könnten kurzfristig ohne zusĂ€tzlichen FlĂ€chenverbrauch mehr Lkw-ParkflĂ€chen entstehen. Auch private FirmengelĂ€nde in AutobahnnĂ€he, zum Beispiel von Speditionen, sollten stĂ€rker fĂŒr die Nutzung als Lkw-StellplĂ€tze in Betracht gezogen werden. Weitere LösungsansĂ€tze sieht der ADAC im Ausbau von Lkw-Parkleitsystemen, die den Fahrerinnen und Fahrern in Echtzeit Informationen ĂŒber freie ParkplĂ€tze liefern, sowie einer stĂ€rkeren Verlagerung des GĂŒterverkehrs auf die Bahn und Binnenschifffahrt. Die Politik mĂŒsse jetzt dringend handeln, so die ADAC Experten. Die vom Bund bereitgestellten Mittel zum Ausbau der StellplatzkapazitĂ€ten reichten dafĂŒr nicht aus. Im Zeitraum von 2021 bis 2025 sollen insgesamt 90 Millionen Euro zur VerfĂŒgung stehen, um 4.000 zusĂ€tzliche Lkw-StellplĂ€tze im Drei-Kilometer-Radius von Autobahn-Anschlussstellen zu schaffen. Das reiche bei weitem nicht aus. Nur mit ausreichend StellplĂ€tzen könne die Zahl der schweren Lkw-UnfĂ€lle reduziert werden, die hĂ€ufig auf ĂbermĂŒdung zurĂŒckzufĂŒhren sind.
So wurde gezÀhlt
Alle ĂŒberprĂŒften 96 Objekte â zur HĂ€lfte RaststĂ€tten, zur HĂ€lfte unbewirtschaftete RastplĂ€tze â liegen an den Hauptschwerlastverkehrsrouten A1 bis A9 sowie der A14, A45 und A61. Nicht berĂŒcksichtigt wurden Objekte mit weniger als zehn StellplĂ€tzen, solche ohne WC sowie Rastanlagen, die zum Erhebungszeitpunkt umgebaut wurden. Pro Standort gab es drei ZĂ€hlungen an den stark frequentierten Wochentagen Dienstag oder Mittwoch: am 3. und 4. August 2022, jeweils um 22 Uhr, 23 Uhr und 0 Uhr. Die ParkverstöĂe wurden je nach GefĂ€hrdung der Verkehrsteilnehmenden in drei Kategorien unterteilt.
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