Jeder vierte Erwachsene in Deutschland erfüllt jährlich die Kriterien einer psychischen Krankheit. Nicht einmal die Hälfte der Betroffenen erhält eine entsprechende Behandlung. Dabei sind die meisten psychischen Störungen in einem frühen Stadium gut behandelbar. Um Patient*innen im südlichen Sachsen-Anhalt eine zeitnahe und fachgerechte Behandlung zu ermöglichen, startet die Universitätsmedizin Halle gemeinsam mit der AOK Sachsen-Anhalt das Modellprojekt „Zeitnahe Hilfe bei psychischen Beschwerden“.
Halle (Saale), 20. Mai 2022 – Psychische Erkrankungen führen für die Betroffenen oft zu schwerwiegenden Einschränkungen im sozialen und beruflichen Leben. Die Folgen können familiäre Problem, verminderte Arbeitsfähigkeit und sogar eine frühzeitige Berentung sein. „Um einer Chronifizierung der Erkrankung erfolgreich entgegenwirken zu können, braucht es eine schnelle Intervention und angemessene Therapieformen“, weiß Dr. Michael Brütting, geschäftsführender Oberarzt der Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychologie und Psychosomatik der Universitätsmedizin Halle. „Die hausärztliche Versorgung und fachpsychiatrische Behandlung sollten dafür eng ineinandergreifen. Innerhalb von nur sechs Wochen können wir so eine deutliche Linderung der Beschwerden für unsere Patient*innen erreichen und gemeinsam Strategien für die Zukunft erarbeiten.“
Zuerst an den Hausarzt wenden
“Als AOK Sachsen-Anhalt möchten wir die Versorgung unserer Versicherten nicht einfach nur sichern, sondern verbessern“, sagt Kay Nitschke, Leiter ärztliche Versorgung bei der AOK Sachsen-Anhalt. „Mit dem Angebot schaffen wir genau das. AOK-Versicherte erhalten einen schnellen und unkomplizierten Zugang zur Expertise der Universitätsmedizin Halle und mögliche Erkrankungen werden frühzeitig erkannt und behandelt.“ Betroffene AOK-Versicherte wenden sich zuerst an ihren Hausarzt, der bei Bedarf an die Psychiatrischen Institutsambulanz (PIA) der Universitätsmedizin Halle überweist.
Nach einem Erstgespräch besuchen die Betroffenen zweimal wöchentlich insgesamt acht Gruppentherapiestunden. In den verhaltenstherapeutisch orientierten Sitzungen werden Themen wie Stressbewältigung, Umgang mit Ängsten und Depressionen sowie Informationen zu psychischen Erkrankungen im Arbeitskontext besprochen. Die verbleibenden fünf zieloffenen Termine bieten Raum, sich als Gruppe mit der Begleitung durch eine*n Psychotherapeut*in gemeinschaftlich mit den individuellen Problemen der einzelnen Teilnehmenden in Gesprächen und Übungseinheiten auseinanderzusetzen sowie Lösungswege kennenzulernen. Im Abschlussgespräch wird mit den Patient*innen das individuelle weitere Vorgehen und die persönlichen Ziele für die Reintegration in den Arbeitsalltag geklärt. Bei Bedarf kann ein Sozialdienst hinzugezogen werden.
Alle vier Wochen können fünf weitere Patient*innen in das Projekt aufgenommen werden. Das Behandlungsangebot kann nur von AOK-Versicherten genutzt werden.
Symbolfoto/pixabay