Einst die absolute Ausnahme – inzwischen bei einigen Fachgruppen und Regionen längst keine Seltenheit mehr: Ein erstaunlich großer Teil der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte bietet derzeit eine Komfort- oder Selbstzahlersprechstunde für Kassenpatienten an. Das zeigt die aktuelle Umfrage des Ärztenachrichtendienstes (änd) zu dem Thema, an der sich in dieser Woche rund 1.000 Haus- und Fachärzte beteiligten. Die Mehrheit berichtet von schnelleren Terminen und mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten.
Hamburg (ots). Insgesamt beteiligten sich 975 Haus- und Fachärzte an der Befragung. Jeder vierte Teilnehmer (genau 25 Prozent) gab dabei an, derzeit in irgendeiner Form eine Selbstzahlersprechstunde anzubieten. Bei den Fachärzten (28 Prozent) ist dies demnach wesentlich häufiger der Fall als bei Hausärzten (18 Prozent).
Aus dieser Gruppe haben jedoch nur 8 Prozent der Ärztinnen und Ärzte einen kompletten Praxistag dafür reserviert. 28 Prozent halten für Selbstzahler einen halben Tag oder einen bestimmten Zeitslot an einem festen Tag frei, die große Mehrheit verteilt die betreffenden Patienten bei Bedarf flexibel über die Woche.
Auf die Frage nach dem wirtschaftlichen Erfolg gaben 50 Prozent der Ärztinnen und Ärzte an, durch die Selbstzahler ein „deutliches Plus“ im Vergleich zur normalen Behandlung von gesetzlich Versicherten zu machen, was die Komfort- oder Selbstzahlersprechstunde wirtschaftlich sehr attraktiv mache. Weitere 34 Prozent sprechen von „überschaubaren Zusatzeinnahmen“. Zwar handele es sich nur um einen kleinen Zugewinn – unterm Strich lohne sich die Sache aber. 16 Prozent sehen dagegen nur einen sehr geringen oder keinen Mehrumsatz.
Deutlich lohnenswerter für Fachärzte
Insbesondere bei den Einnahmen lohnt aber auch ein getrennter Blick auf die Haus- und Fachärzte. Die Hausärzte scheinen in wesentlich weniger Fällen zu profitieren. Dort geben nur 27 Prozent an, dass die eigene Selbstzahlersprechstunde wirtschaftlich „sehr attraktiv“ sei. Bei den Fachärzten sind es satte 56 Prozent. Bei allen anderen Fragen sind die Antworten von Haus- und Fachärzten weitestgehend deckungsgleich.
Die Patienten vor Ort nehmen das Angebot den Berichten zufolge insgesamt mehrheitlich gut an: 56 Prozent der Umfrageteilnehmer registrieren nach eigenen Angaben positive Rückmeldungen und Kommentare. 30 Prozent erhalten prinzipiell nur wenig Feedback von den Patienten, 8 Prozent kassieren für das Angebot einer Selbstzahlersprechstunde von gesetzlich Versicherten Patienten aber regelmäßig und deutliche Kritik. Weitere 6 Prozent erklärten, dass ein entsprechendes Angebot von den Patienten gar nicht angenommen werde.
Schnellere Termine – insbesondere aber mehr Zeit
Ob Selbstzahler schneller einen Termin bekommen, fragte der änd in dem Zusammenhang ebenfalls ab. 41 Prozent der Ärztinnen und Ärzte berichten von „deutlich schnelleren Terminen“ für ihre Selbstzahler, weitere 22 Prozent von „etwas schnelleren“ Terminen. 34 Prozent betonen dagegen, dass es keine Unterschiede im Vergleich zu „normalen“ KGV-Terminanfragen gebe.
Doch ob schnellerer Termin oder nicht: Wenn der Selbstzahler erst einmal im Behandlungszimmer sitzt, können sich Ärztin oder Arzt mehr Zeit für ihn nehmen. Dies bestätigen satte 82 Prozent der Umfrageteilnehmer. Nur 18 Prozent erklären, dass es in diesem Punkt keine Unterschiede im Vergleich mit den GKV-Behandlungsterminen gebe.
Die Mehrheit kommt am Ende zu einem positiven Fazit: 55 Prozent der Ärztinnen und Ärzte mit Selbstzahlersprechstunde würden ihren Kollegen „uneingeschränkt“ eine solche, zusätzliche Form der Terminvergaben empfehlen. Weitere 41 Prozent sprechen ebenfalls eine prinzipielle Empfehlung aus – allerdings mit der Einschränkung, dass eine Komfort- oder Selbstzahlersprechstunde für Kassenpatienten nicht in jeder Fachgruppe und Region Sinn mache.
Bleibt die Frage an die 75 Prozent der Umfrageteilnehmer, die ein solches Angebot nicht machen: Was sind die Gründe für die Ablehnung? In der Tat ist jeder dritte Arzt davon überzeugt, dass es sich bei der eigenen Fachgruppe oder Regionen finanziell kaum lohnen würde. Auf der Liste der Verzichtsgründe folgen ein zu hoher organisatorischer Aufwand und ethische Bedenken (beide 26 Prozent), beziehungsweise die Angst vor deutlicher Kritik aus den Reihen der Patienten und rechtlichen Problemen (beide 24 Prozent). Etwa 5 Prozent denken derzeit konkret aber darüber nach, ein entsprechendes Angebot umzusetzen oder sind schon in der Planungsphase.
Foto: Die Mehrheit der Ärzte mit Selbstzahlersprechstunde berichtet von etwas oder deutlich schnelleren Terminen für die betreffenden Patientinnen und Patienten. (c) Ärztenachrichtendienst Verlags-AG (änd)