Magdeburg. Die Agrarministerinnen und Agrarminister von Bund und Ländern haben gestern erneut über den nationalen Strategieplan der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) beraten. Hintergrund sind die laufenden Verhandlungen des Bundes mit der EU-Kommission zur Ausgestaltung der neuen EU-Förderperiode ab dem 1. Januar 2023.
AMK-Vorsitzender, Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Sven Schulze, sagt dazu: „Nach den heutigen Beratungen ist jetzt der Bund gefordert, eine möglichst schnelle Genehmigung beim GAP-Strategieplan zu erzielen – im Interesse einer Rechts- und Planungssicherheit für unsere Landwirtinnen und Landwirte. Die Mehrheit der Länder begrüßen den Vorschlag der EU-Kommission zur vorübergehenden Aussetzung der Regelungen für den Fruchtwechsel (GLÖZ 7) und zu den Stilllegungen von Ackerflächen (GLÖZ 8) ab 2023 und fordern die 1 : 1-Umsetzung in Deutschland. Es ist bedauerlich, in der heutigen Konferenz für diesen Vorschlag keinen einstimmigen Beschluss herbeigeführt zu haben.“
Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, ergänzt: „Ich bin sehr zufrieden, dass die Länder unseren Kurs beim GAP-Strategieplan unterstützen und wir nun endlich weitermachen können. Das ist ein wichtiges politisches Signal in zwei Richtungen: Nach Brüssel zur EU-Kommission und für die Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland, die nun die verdiente Planungssicherheit bekommen. Was wir nun in Brüssel einreichen, ist soweit abgestimmt mit der Kommission, dass die Genehmigung nur noch Formsache ist. Wir können jetzt die nötigen Anpassungen in den Verordnungen zu den Direktzahlungen und zur Konditionalität angehen. Für die Wiedereinreichung des Strategieplans sind wir zudem auf die aktualisierten Zuarbeiten der Länder beispielsweise zu Konkretisierungen bei der zweiten Säule oder bei den Finanztabellen angewiesen.
Was das Aussetzen von Stilllegung und Fruchtwechsel angeht, ist es schade, dass einige Länder versucht haben, den GAP-Strategieplan in Geiselhaft zu nehmen. Umso dankbarer bin ich, dass die AMK darauf nicht eingegangen ist. Bedauerlich ist es, dass einige Bundesländer trotz größtmöglicher Transparenz und einer eindeutigen Faktenlage so tun, als sei die nationale Umsetzung der Ausnahmegenehmigung der EU-Kommission nur reine Formsache. Brüssels Entscheidung ist mit heißer Nadel gestrickt und hat einige logische Fehler: So muss, wer bestimmte Ökoregelungen oder Agrarumweltmaßnahmen anwenden will, die Mindeststandards von GLÖZ 7 und GLÖZ 8 trotzdem einhalten. Mit diesen und anderen Problemen beschäftigen sich gerade auch andere Mitgliedsstaaten.
Die Bäuerinnen und Bauern sowie die Umwelt verdienen es, dass wir uns genau anschauen, wie sich Entscheidungen auswirken. Wer jetzt hier so tut, als wäre das nur ein Handstreich und wir hätten sofort mehr Lebensmittel ohne negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Planung der Landwirte sowie Folgen für die Böden und Artenvielfalt, der macht es sich zu einfach. Entscheidungen mit weitreichenden Folgen sollte man nicht übers Knie brechen – daher werden wir jetzt gemeinsam mit den Ländern die offenen Fragestellungen, die die EU-Verordnung aufwirft, klären und dann einen innerhalb der Bundesregierung abgestimmten Vorschlag zum weiteren Vorgehen machen.
Übrigens sollten wir die Wissenschaft ernstnehmen, wenn wir es ernst meinen mit der Ernährungssicherung für die Weltbevölkerung. Kurzfristige Mengensteigerung sind nicht nachhaltig. Forscher sagen uns deutlich, dass wir die Verbrauchsseite anschauen müssen, Stichwort: Tank, Trog und Tonne. Diese Konkurrenz zulasten der Ernährung muss aufgelöst werden. So könnten wir allein in Deutschland mehr Menschen satt bekommen, als mit allen Stilllegungsflächen in Europa zusammen. Laut Thünen-Institut könnten auf der Fläche, die wir für Bioenergieerzeugung nutzen, rund 10 Millionen Tonnen Getreide angebaut werden. In Deutschland verfüttern wir jährlich 25 Millionen Tonnen Getreide an Nutztiere. Und – umgerechnet in Getreideeinheiten – werfen wir jährlich mehr als 10 Millionen Tonnen Getreide in die Tonne. Pragmatismus heißt: Sich all das anzuschauen und Lösungen zu finden.“
Dr. Till Backhaus, Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern, sagt dazu: „Natürlich hätte ich mir für die Landwirtinnen und Landwirte diesen Schritt schon viel früher gewünscht. Die Ernte läuft bereits und die Landwirtschaft muss wissen, woran sie im nächsten Jahr ist. Hier geht es um sehr viel Geld für diese systemrelevante Schlüsselbranche und auch für den ländlichen Raum.
Der neue GAP Strategieplan ist nun konkretisiert und kann damit zeitnah der EU-Kommission vorgelegt werden. Damit weiß die Landwirtschaft bald, mit welchen Prämien sie im nächsten Jahr für welche Umweltmaßnahmen rechnen kann. Ich bedanke mich bei meinen Fachkolleginnen und Kollegen für die konstruktive und ernsthafte Diskussion. Es war allen Beteiligten klar, dass wir dringend zu einem Ergebnis kommen mussten und das haben wir mit dem heutigen Beschluss erreicht. Im Herbst erwarten wir die Genehmigung des Plans.“
Wolfram Günther, Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft des Freistaats Sachsen, erklärt: „Den grün geleiteten Agrarressorts sind zwei Punkte wichtig. Erstens haben wir in der AMK einvernehmlich die Basis geschaffen, dass Deutschland seinen GAP-Strategieplan wieder einreichen kann. Der Bund hat nun das politische Mandat dazu. Das heißt, wir haben die offenen Fragen der EU zum deutschen Strategieplan geklärt und uns dazu politisch abschließend verständigt. Das ist ein enorm wichtiges Signal für die Landwirtinnen und Landwirte. Sie haben damit ein großes Stück betriebswirtschaftliche Planungssicherheit.
Mit Blick vor allem auf Flächenstilllegungen ab 2023 sind wir zudem an einer sachgerechten, praktikablen und schnellen Lösung interessiert. Allerdings zeigte sich, dass wir hier noch Klärungsbedarf haben und Fakten brauchen. Das betrifft Aspekte der globalen Ernährungssicherheit und der biologischen Vielfalt genauso wie Fragen des praktischen Vollzugs durch die Betriebe, aber auch der Einkommenswirkung der ersten Säule und hier vor allem der Öko-Regelungen. Diese offenen Fragen wollen wir in den kommenden 14 Tagen klären.“
Peter Hauk, Minister für Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz des Landes Baden-Württemberg, sagt: „Die Lage, die durch den russischen Angriffskrieg ausgelöst wurde, verlangt jetzt klare Entscheidungen. Es ist sehr zu begrüßen, dass sich die Agrarministerinnen und Agrarminister, Senatorinnen und Senatoren der Länder in den meisten Punkten zum GAP-Strategieplan einigen konnten und damit ein klares Signal nach Brüssel senden. Umso unverständlicher ist, dass einige Länder und der Bund die Entscheidung über die Aussetzung der Konditionalität zu vier Prozent-Stilllegung und Fruchtwechsel wieder verschoben haben. Das kann man keinem Landwirt mehr erklären. Wir befinden uns jetzt in der Ernte und die Äcker liegen blank. Die Landwirtinnen und Landwirte können nicht mehr warten. Sie stehen bereit, um Lebensmittel zur Entspannung der Welternährungslage zu produzieren. Wir hätten hier ein klares einstimmiges Signal an die Landwirtschaft senden müssen. Erfreulich ist, dass wenigstens die sogenannten Schwarzbrachen praktisch vom Tisch sind. Dies war ein zentrales Anliegen von Baden-Württemberg, um den Landwirtinnen und Landwirten die Möglichkeit der aktiven Begrünung von Stilllegungsflächen einzuräumen.“
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