Berlin. Nach den dramatischen Ereignissen vom Samstag in Russland setzt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), darauf, dass der russische Machthaber Putin geschwächt ist und sich mittelfristig eine Möglichkeit zum Frieden ergibt. „Ich fürchte, dass Putin nach dieser schmählichen Niederlage im eigenen Land zunächst mit noch größerer Brutalität vorgehen wird“, erklärte Roth im Fernsehsender phoenix. Doch die vergangenen Stunden hätten gezeigt, wie verwundbar der russische Machthaber sei. „Wichtigste Erkenntnis der vergangenen Stunden ist: Wenn Putin das Wasser bis zum Hals steht, ist er zu Verhandlungen bereit, denn er hat ja mit seinem Erzfeind Prigoschin einen entsprechenden Deal ausverhandelt“, war der SPD-Politiker überzeugt. Wenn die Unterstützer der Ukrainer das Ziel eines gerechten und nachhaltigen Friedens anstrebten, „dann muss Putin geschwächt irgendwann an den Verhandlungstisch zurückkehren – und dann besteht die Chance, dass dieser Krieg endlich beendet wird“.
Roth sah nun die Nato am Zug, um der Ukraine noch intensiver bei der Abwehr des russischen Angriffs zu helfen. „Wir geraten jetzt in eine Situation, wo wir uns in der Nato fragen müssen, was ist wichtiger: derzeit die Ukraine noch stärker, entschlossener und schneller zu unterstützen, oder unseren Bündnisverpflichtungen nachzukommen“, sah Roth Handlungsbedarf und fügte hinzu: „Was wir jetzt brauchen, ist eine konzertierte Aktion, um in möglichst schneller Zeit der Ukraine noch mehr Ersatzteile, noch mehr Munition und schon vorhandene Waffen zur Verfügung zu stellen.“ Roth zeigte sich zudem zuversichtlich, dass der Ukraine bald auch Kampfjets geliefert werden könnten. „Ich habe den Eindruck, dass wir mit einer F16-Kampfjet-Allianz – das sind die Jets, die wir in Deutschland nicht haben – vorangekommen sind. Das ist ein konkreter Wunsch der Ukraine und ich habe gute Hoffnung, dass dieser Wunsch in Bälde erfüllt wird.“
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) glaubt, dass die Macht des russischen Präsidenten Wladimir Putin bröckeln könnte. „Plötzlich geschehen Dinge, die bislang unvorstellbar waren. Insofern ist das ein historischer Augenblick. Es könnte der erste Haarriss sein, in einem System, das darauf aufgebaut ist, die Menschen zu unterdrücken“, erklärte Strack-Zimmermann. Ob die Wagner-Kämpfer, die ihren Marsch in Richtung Moskau abgebrochen hatten, in die russische Armee eingegliedert würden, wie dies von russischer Seite propagiert worden war, sei zweifelhaft. „Wir haben es mit einem Regime zu tun, da fällt mal einer aus dem Fenster oder vom Balkon.“ Auswirkungen haben dürften die Geschehnisse vom Samstag jedoch auf die kämpfenden russischen Einheiten an der Front, war die FDP-Politikerin überzeugt. „Wenn die mitbekommen, dass in Moskau ein Bürgerkrieg drohte, ist das für die Motivation russischer Soldaten mit Sicherheit nicht hilfreich.“
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Bild: Michael Roth MdB in Berlin. Copyright 2023. Foto: Michael Farkas